In England scheinen Nazi-Vergleiche unausrottbar. Das jüngste Beispiel ist der frühere Fussballtrainer Harry Redknapp, der bei einer launigen Rede den Hitlergruss andeutet.
Die Engländer sind stolz darauf, ihren eigenen Humor zu haben. Ein Müsterchen davon lieferte Harry Redknapp, ein 78-jähriger früherer Premier-League-Coach, der sich im Ruhestand mit Promi-Auftritten im Gespräch hält. An einer Wohltätigkeitsveranstaltung wurde er gefragt, was er davon halte, dass mit Thomas Tuchel ein Deutscher das englische Fussballnationalteam trainiere.
Redknapp zeigte sich not amused. «Ich will ehrlich sein, er ist ein deutscher Spion», sagte Redknapp. «Im Ernst, er wurde hergeschickt, um uns zu verarschen.» Dann erinnerte er an den Zweiten Weltkrieg und formulierte einen fiktiven Befehl an Tuchel. «Geh rüber und mach das Team kaputt.» Darauf antwortete er mit einem deutschen «Ja» und deutete einen Hitlergruss an. Das Publikum kringelte sich.
Der böse Deutsche, mit Vorliebe als Nazi dargestellt, scheint die Engländer auch achtzig Jahre nach dem Kriegsende nicht loszulassen. Prinz Harry fand es lustig, als Nazi verkleidet an einer Party aufzutauchen. Jahre später nahm ein Parlamentsabgeordneter an einem Polterabend teil, der unter dem Motto «Das Dritte Reich» stand und an dem Festbrüder SS-Uniformen trugen. Beide Auftritte wurden öffentlich als skandalös verurteilt, was sich aber nicht in allen Köpfen festgesetzt zu haben scheint.
Auch die englischen Boulevardmedien spielen gerne mit dem Klischee des bösen Deutschen. Als das deutsche Fussballnationalteam 2010 ein schwarzes Auswärtstrikot präsentierte, titelte der «Daily Star»: «Return of Ze Black Shirts». Die Zeitung schrieb, das sei eine Reminiszenz an die schwarzen Hemden der SS. Tatsächlich hatte das Leibchen einen historischen Bezug: In ihrem allerersten Länderspiel 1898 waren die Deutschen mit schwarzen Trikots aufgelaufen.
Selbstverständlich war es ein gefundenes Fressen, als der Deutsche Fussball-Bund 2024 ein Shirt präsentierte, dessen Rückennummer 4 an ein Runen-S erinnerte. Adidas verbot in einem ersten Schritt den Verkauf von Fan-Leibchen mit der Nummer 44, die «Daily Mail» zeigte es neben einem Soldaten mit SS-Helm. Der DFB liess schliesslich die Schriften der Nummern und Namen anpassen.
Und jetzt soll also ein Deutscher die immer wieder glorios scheiternden Engländer zum Erfolg führen. Thomas Tuchel ist wahrlich nicht als Drillmeister bekannt, und die Fans scheinen weniger Bedenken zu haben als Harry Redknapp. Kurz nach dessen launiger Rede traten die Three Lions erstmals unter dem neuen Coach an, und auf einem grossen Spruchband stand: «Welcome to the Home of Football, Thomas».
England gewann die ersten beiden Spiele der WM-Qualifikation. Und jetzt stellen wir uns einmal vor, dass sein Team durchmarschiert bis zum Titel im Sommer 2026. Zeigt die «Sun» dann den Stürmer Harry Kane in einer Bildmontage als deutschen Panzerfahrer? Spielen die Engländer künftig in schwarzen Trikots? Oder hört man auch in England endlich damit auf, den Deutschen bei jeder Gelegenheit «Nazi» hinterherzurufen?
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