Vergewaltigungen und Verstümmelungen während des Massakers sind belegt. Nun verdichten sich auch die Hinweise auf Missbrauch von weiblichen Geiseln der Hamas im Gazastreifen.
«Sag allen, dass wir sie lieben, und vielen Dank für alles»: Das war laut israelischen Medien die letzte Nachricht in der Whatsapp-Gruppe der israelischen Soldatinnen in Nahal Oz um 7 Uhr 17 am Morgen des 7. Oktobers. Die Terroristen mordeten bereits im nahe gelegenen Kibbuz. Kurze Zeit später hört die Offizierin auf der Militärbasis Nahal Oz die Schreie der Frau und das Stöhnen der Kämpfer aus ihrer Baracke. Sie vernimmt die Rufe der bewaffneten Männer auf Arabisch: «Ich werde dich ficken.» So berichtet es eine Rechtswissenschafterin, die die Offizierin angehört hat.
Die Militärbasis liegt einige hundert Meter vom Gazastreifen entfernt und ist einer der Orte des Grauens in Israel. Ebenso wie das Nova-Festival und seine Umgebung und die Kibbuzim in der Nähe von Gaza. In diesem Gebiet wurden entkleidete Leichen mit zusammengebundenen Händen gefunden und getötete Frauen mit zertrümmerten Beckenknochen geborgen. Es sind die Orte, an denen die Terroristen laut Augenzeugen mehrere Frauen vergewaltigt haben. Wie viele Vergewaltigungen sich zugetragen haben, ist unklar.
Zu jedem der Orte gehören persönliche Schicksale von Israelinnen, deren Identität grösstenteils unbekannt bleibt. Die Aufarbeitung und Beweisführung ist mit immensen Schwierigkeiten verbunden. Die israelische Regierung sieht erhärtete Beweise für den Einsatz systematischer sexualisierter Gewalt der Hamas. Internationale Beobachter wie die Uno und preisgekrönte Investigativjournalisten wie Jeremy Scahill sind vorsichtiger und bestätigen nur Einzelfälle. Dazwischen stehen die Frauen.
Drei von ihnen stehen beispielhaft für den Einsatz sexualisierter Gewalt am 7. Oktober und in den Monaten danach. Im Unterschied zu vielen anderen Opfern lässt sich ihr Schicksal nachzeichnen: Eine wurde wenige Stunden nach dem Angriff ermordet, eine konnte dem Horror entkommen, die letzte ist weiterhin in der Hand ihrer Peiniger.
Die Militärbasis von Nahal Oz war eines der ersten Ziele der Hamas am frühen Morgen des 7. Oktobers. Hier waren viele weibliche Soldaten stationiert. 20 Soldatinnen wurden dort getötet, sieben junge Frauen, die alle ihren Pflicht-Militärdienst absolvierten, wurden nach Gaza verschleppt.
Hier hat nach Angaben der Offizierin die Vergewaltigung stattgefunden. So berichtet es Ruth Halperin-Kaddari, die vor einigen Wochen gemeinsam mit einem Team der Uno die Militärbasis besuchte und die Offizierin dort angehört hat. Die Menschenrechtsexpertin war zwölf Jahre Mitglied des Uno-Ausschusses, der die Umsetzung der Frauenrechtskonvention kontrolliert. Heute ist sie die wissenschaftliche Leiterin des Rackman-Zentrums für die Förderung des Status von Frauen an der Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan. Seit dem 7. Oktober hat sie gemeinsam mit anderen israelischen Experten Hinweise auf sexuelle Gewalt während des Angriffes gesammelt und analysiert. «Wir haben Augenzeugenberichte ausgewertet, Aussagen von zurückgekehrten Geiseln, Fotos und Videos von Helfern sowie Aufnahmen, die die Hamas selbst erstellt hat», sagt die 58-Jährige.
Im kürzlich veröffentlichten Bericht der Uno-Sonderbeauftragten für sexuelle Gewalt in Konflikten am 7. Oktober wurden Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen an mindestens drei Orten auf Basis dieser Informationen bestätigt. Die Vergewaltigung in Nahal Oz konnte hingegen nicht verifiziert werden.
Die Rechtswissenschafterin Halperin-Kaddari hat lange für die Uno gearbeitet und weiss, welche Fälle die Vereinten Nationen als glaubwürdig einstufen und welche nicht. «Es gab keine zweite Bestätigung für die Aussage der Offizierin in Nahal Oz, daher wurde die Vergewaltigung als nicht verifiziert in den Bericht der Uno aufgenommen.» Sie hält die Aussagen der Offizierin in Nahal Oz aus einer juristischen Perspektive trotzdem für einen Beleg, dass eine Vergewaltigung stattgefunden hat.
Wie ist die Uno vorgegangen, um sexualisierte Gewalt nachzuweisen – und auf welche Schwierigkeiten ist sie dabei gestossen?
Zwischen dem 29. Januar und dem 14. Februar 2024 sammelte, analysierte und verifizierte die Uno-Sonderbeauftragte für sexuelle Gewalt in Konflikten in Israel und im Westjordanland Informationen über sexuelle Gewalt, die im Zusammenhang mit den Angriffen vom 7. Oktober und der Geiselhaft standen. Dazu sichtete das Team über 5000 Fotos und 50 Stunden Filmmaterial, führte 34 Interviews mit Überlebenden, Zeugen und freigelassenen Geiseln und besuchte Orte, die von den Angriffen betroffen waren.
Die grösste Herausforderung bei der Untersuchung waren laut der Uno die geringe Zahl von überlebenden Opfern sexueller Gewalt und der begrenzte Zugang zu Überlebenden und Zeugen. Das Fehlen forensischer Beweise schränkte die Möglichkeit in vielen Fällen ein, definitive Urteile zu fällen. Die Uno-Sonderbeauftragte hat kein Mandat, eigene Untersuchungen durchzuführen. Ihr Team konnte nur verfügbare Informationen sammeln und verifizieren.
Seit über 150 Tagen in den Händen der Hamas
Für die von den Hamas-Terroristen ermordeten Frauen ist das Martyrium vorbei. Für die noch nicht befreiten Geiseln geht es bis heute weiter. Eine von ihnen ist die heute 19-jährige Agam Berger, die an jenem Samstagmorgen auf der Militärbasis Nahal Oz im Dienst war. In dem Video, das die Hamas von ihrer Entführung veröffentlichte, ist die damals 18-Jährige im Schlafanzug zu sehen. Ihr Mund ist blutverschmiert, auf ihrer Hose befinden sich Blutflecken, die Hände sind auf dem Rücken gefesselt. Im Schambereich einer anderen entführten Soldatin befindet sich ein riesiger Blutfleck. Seit über 150 Tagen wird Agam Berger an wechselnden Orten im Gazastreifen festgehalten.
«Agam ist ein typischer Teenager, sie mag es, zu tanzen, sich zu schminken, sie spielt die Violine», sagt ihre Cousine Ashley Waxman in ihrem grossen Haus in Herzliya, nördlich von Tel Aviv. Die 38-Jährige sitzt mit einem Milchkaffee in der Morgensonne. In ihrer offenen Küche tut sie das, was sie seit Monaten schon tut: auf das Schicksal ihrer Cousine aufmerksam machen. Ihr Kühlschrank ist mit Fotos von Agam Berger beklebt. «Agam ist nicht religiös aufgewachsen, aber wir wissen von zurückgekehrten Geiseln, dass sie jetzt regelmässig betet», sagt Waxman mit fester Stimme.
Laut der Cousine hat sie Gründe dafür: «Wir haben gehört, wie Frauen mit der Waffe bedroht und vergewaltigt wurden. Solange ich es nicht mit Sicherheit weiss, hoffe ich immer noch, dass Agam verschont geblieben ist.» Von der Hamas entführte Geiseln sind mit hoher Wahrscheinlichkeit Opfer sexueller Gewalt geworden. Dafür gibt es laut der Uno «klare und überzeugende Informationen». Doch dazu später mehr.
Viele der Hinweise auf sexuelle Gewalttaten der Hamas lassen sich am Nova-Musikfestival und im umliegenden Gebiet finden. «Als wir die Leichen rund um das Festival und auf der Strasse, die zu der Party geführt hat, gesehen haben, wussten wir schnell, dass sexuelle Gewalt stattgefunden hat», sagt Mirit Ben-Mayor, eine Sprecherin der israelischen Polizei. Das Expertenteam der Uno bestätigt, dass Vergewaltigungen auf dem Festivalgelände stattgefunden haben, wobei die Opfer anschliessend getötet wurden. «Mindestens zwei Vorfälle standen im Zusammenhang mit der Vergewaltigung von Frauenleichen», heisst es in dem Bericht.
Ihr Körper wurde wie eine Trophäe durch Gaza gefahren
Ein Symbol für die Barbarei der Hamas war Shani Louk. Die 22-Jährige war vielen Gleichaltrigen als Influencerin bekannt, auf ihrem Instagram-Profil hat sie Zehntausende Follower. Wie die etwa 3500 anderen jungen Menschen feierte die junge Deutsch-Israelin mit den langen Dreadlocks in den frühen Morgenstunden auf dem Festival, als die Terroristen kamen und mindestens 260 von ihnen abschlachteten.
Der halb entkleidete Körper von Shani Louk wurde wie eine Trophäe auf der Ladefläche eines Pick-ups durch Gaza gefahren. Wenige Wochen nach dem Angriff der Hamas wurde ein erheblicher Teil ihres Schädels in der Nähe des Festivalgeländes gefunden, wahrscheinlich war sie dort ermordet worden und war auf der Ladefläche des Geländewagens in Gaza bereits tot. Die Hamas streitet bis heute ab, dass ihre Kämpfer jedwede Form sexueller Gewalt begangen haben.
Die Beweisführung ist schwierig. Viele der Leichen sind verbrannt oder wurden nach jüdischer Tradition schnell begraben, oft konnten nur Leichenteile geborgen werden. Daher fehlen forensische Beweise für Vergewaltigungen. Die meisten Opfer wurden ermordet. Bisher hat sich kein überlebendes Vergewaltigungsopfer öffentlich geäussert. Veröffentlichte Augenzeugenberichte haben sich zudem teilweise als unzuverlässig erwiesen.
Ein Beispiel für Desinformation, die eine Aufklärung erschwert, ist eine grauenvolle Geschichte, die sich im Nachhinein als unwahr herausgestellt hat. Ein Helfer der jüdisch-orthodoxen Hilfsorganisation Zaka behauptete wenige Tage nach dem Massaker in einem Interview, dass Hamas-Terroristen den Bauch einer Schwangeren aufgeschnitten und den Fötus vor den Augen der Mutter ermordet hätten. Die israelische Armee verbreitete die Behauptung als Tatsache. Bis heute gibt es für die Greueltat allerdings keinen Beweis. Ein Video, das die Tat belegen sollte, stellte sich später als Fake heraus – es wurde 2018 in Mexiko, nicht am 7. Oktober in Israel aufgenommen. Zaka teilte Monate nach dem Massaker mit, Helfer hätten womöglich falsch dargestellt, was sie gesehen hätten.
Der Auftrag, sie zu beschmutzen
Trotz teilweise unzuverlässigen Augenzeugen geht die israelische Polizei davon aus, dass die Terroristen systematisch sexuelle Gewalt verübt haben. «Wir haben im Genitalbereich verstümmelte Leichen an unterschiedlichen Orten gesehen, wir haben über 200 000 Videos und Fotos, wir haben eine Vielzahl von Aussagen von Überlebenden und Augenzeugen», sagt die Polizeisprecherin Mirit Ben-Mayor. Für den Einsatz von Vergewaltigungen als Waffe spricht gemäss der Polizeisprecherin auch die Vernehmung eines festgenommenen Hamas-Terroristen. «Uns wurde gesagt, wir sollten sie beschmutzen», hat der Mann laut der Polizistin über die israelischen Frauen ausgesagt. «Als wir ihn gefragt haben, was ‹beschmutzen› bedeute, sagte er: ‹Vergewaltigen.›»
Die Ermittlungen zu den Verbrechen des 7. Oktobers seien die grössten in der Geschichte Israels. «Dutzende Polizistinnen und Polizisten arbeiten allein in der Einheit, die sich um die Aufklärung der Sexualverbrechen kümmert», sagt die Polizeisprecherin. Zu Ergebnissen der Ermittlung könne sie nicht viel sagen, da sie bis heute andauerten.
Was bedeutet sexualisierte Gewalt in Konflikten?
Laut der Uno umfasst sexuelle Gewalt in bewaffneten Konflikten Vergewaltigung, Zwangsprostitution, erzwungene Schwangerschaften und Abtreibungen, erzwungene Sterilisierungen sowie Zwangsheiraten. 2016 erliess das Rwanda-Tribunal in Den Haag ein Urteil, wonach auch Akte ohne direkten Körperkontakt als sexualisierte Gewalt gelten können, beispielsweise erzwungene Nacktheit und Demütigung. Laut der Rechtswissenschafterin Ruth Halperin-Kaddari ist die Zurschaustellung von Shani Louk als Kriegsbeute ein eindeutiges Beispiel dafür. Andere Urteile internationaler Gerichte fassten auch Angriffe auf Genitalien unter den Begriff der sexualisierten Gewalt.
Etwa gleichzeitig wie das Nova-Festival überfielen die Terroristen die Kibbuzim nahe der Grenze zu Gaza. In einigen wie in Beeri wurden über zehn Prozent der Bewohner ermordet. Auch in Beeri gab es anfangs Berichte von sexueller Gewalt, die einige Monate später allerdings weder von der Uno noch von einer Sprecherin des Kibbuz bestätigt werden konnten. So sollen zwei minderjährige Mädchen in dem Kibbuz sexuell missbraucht worden sein, bevor sie ermordet wurden. Laut der Sprecherin wurden sie aber «nur» erschossen. Im Kibbuz Reim fand hingegen mindestens eine Vergewaltigung statt. Zeugenaussagen sowie digitales Material haben das Verbrechen bestätigt.
Nötigung und Folter in Geiselhaft
Neben dem Töten war die Entführung von möglichst vielen Israeli das Hauptziel der Hamas. Die Terroristen verschleppten Männer, Kinder und Frauen nach Gaza als Faustpfand für zukünftige Verhandlungen. Aus dem Kibbuz Kfar Aza wurden 17 Personen entführt, unter ihnen neun Frauen. Hier gibt es Berichte von Vergewaltigungen, die bis heute nicht bestätigt wurden. Was man weiss: Nach dem Massaker wurden in Kfar Aza vollständig entkleidete Frauenleichen mit zusammengebundenen Händen gefunden. Heute befinden sich noch zwei Frauen aus Kfar Aza in den Händen der Hamas. Sechs andere konnten freikommen.
Eine von ihnen ist die 18-jährige Agam Goldstein-Almog. Zusammen mit ihrer Mutter und ihren beiden jüngeren Brüdern wurde sie aus dem Kibbuz nach Gaza verschleppt. Ihre Schwester und ihr Vater wurden in ihrem Haus ermordet. Goldstein-Almog wurde im Rahmen der Feuerpause zwischen der Hamas und Israel im November freigelassen. Über zwei Monate nach ihrer Rückkehr meldete sich die junge Frau in einem Interview zu Wort.
In einem Ausschnitt aus einer Fernsehdokumentation berichtet sie von einem Abend in Gefangenschaft in Gaza, als sie eine andere junge Frau fragte, was sie durchgemacht habe. «Sie fing an zu weinen, und ich habe mit ihr geweint.» Goldstein-Almog erzählt die Geschichte der Frau, die die Nacht zuvor allein mit einem Wächter verbracht hatte, bevor sie zu einem anderen Ort gebracht wurde.
Ihr Geiselnehmer habe der Frau befohlen, sich am Waschbecken zu säubern. «Er kam ins Badezimmer und hielt eine Pistole an ihren Kopf», erzählt Goldstein-Almog. «Dann hat er angefangen, sie zu küssen.» Anschliessend habe der Mann ihre Kleider ausgezogen, sie am ganzen Körper berührt und sie gezwungen, seine Genitalien zu berühren. «Für 30 Minuten war die Waffe an ihrem Kopf. Sie hatte keine Wahl.»
Die Psychotherapeutin Ofrit Shapira-Berman hat kurz nach dem Angriff der Hamas eine Organisation von Ärzten und Therapeuten gegründet, die sich um die Überlebenden des Massakers kümmert. Sie ist Professorin an der Universität Jerusalem und spezialisiert auf die Behandlung komplexer Traumata. «Nach allem, was wir wissen, wurden so gut wie alle der Geiseln ohne Zustimmung angefasst.» Das bedeute nicht unbedingt, dass sie vergewaltigt worden seien, sagt die Psychoanalytikerin. Weitere Details könne sie nicht nennen.
Der Arzt Hagai Levyn leitet das Gesundheitskomitee des Forums für Geiseln und vermisste Familien in Israel. Er empfängt in seinem kleinen Büro im Hadassah-Spital in Jerusalem, das vollgestellt mit Ordnern und Büchern ist. Er ist regelmässig in Kontakt mit vielen Familien von Geiseln und zurückgekehrten Verschleppten. «Zurückgekehrte Geiseln haben mir gesagt, dass Geiseln sexuellem Missbrauch ausgesetzt gewesen seien.» Ins Detail will auch er nicht gehen. «Was ich mit Sicherheit sagen kann, ist, dass die Hände der Geiseln zusammengebunden waren, sie geschlagen und über den Boden gezogen wurden.» Darauf deuten medizinische Untersuchungen zurückgekehrter Geiseln hin. Der Arzt ist sich sicher: «Sexuelle Gewalt in der Geiselhaft findet statt.»
Eine von denjenigen, die sich heute immer noch entweder in einer Wohnung in Gaza oder einem Tunnel der Hamas befinden, ist Agam Berger, die junge Soldatin aus Nahal Oz. In der Gefangenschaft freundete sie sich mit Agam Goldstein-Almog an, die vom Missbrauch einer Mitgefangenen berichtete. Die beiden jungen Frauen sind im gleichen Alter und tragen den gleichen Namen.
«Das hat sie zusammengeschweisst», erzählt die Cousine von Agam Berger, Ashley Waxman. Ob Agam Berger die weibliche Geisel ist, die Goldstein-Almog im Interview beschreibt, bleibt unklar. Ashley Waxman hat das Interview mit der Freundin ihrer Cousine nicht gesehen. «Ich könnte es nicht ertragen.»
Sexualisierte Gewalt in militärischen Konflikten wird fast nie vollständig aufgeklärt – erst recht nicht bei einem solch massiven Überraschungsangriff, wie ihn die Hamas am 7. Oktober durchgeführt hat. Dennoch: Es existieren klare Hinweise, dass die Terroristen nicht nur gefoltert und gemordet haben. Augenzeugen berichteten von Vergewaltigungen während des Angriffs und sexuellem Missbrauch in Geiselhaft. Geborgene Leichen deuten auf Sexualverbrechen hin und weisen Verstümmelungen im Genitalbereich auf. Die Uno registrierte ein Muster von Frauenleichen, die an Bäumen und Stangen gefesselt waren, von der Taille abwärts oder vollständig entkleidet. Einzelne Vergewaltigungen sind bestätigt – allerdings ohne forensische Beweise, die mit den Opfern begraben wurden.
«Wir konnten an verschiedenen Orten ein klares Muster von Vergewaltigungen, Schüssen in den Genitalbereich und Verstümmelungen erkennen», sagt die Rechtswissenschafterin Ruth Halperin-Kadderi abschliessend. Sie spricht von einem systematischen Vorgehen der Hamas. Für israelische Experten und Politiker reichen die Hinweise aus, um zu belegen, dass die Hamas sexualisierte Gewalt strukturell als Waffe eingesetzt hat.
Hierfür lassen sich Indizien finden, doch zweifelsfreie Beweise für ein geplantes Vorgehen bleiben bis heute aus. Ebenso kann das Gegenteil nicht bewiesen werden. Um das gesamte Ausmass und die Zuordnung der sexualisierten Gewalt zu bestimmten Tätern festzustellen, bedarf es laut der Uno einer umfassenderen Untersuchung.
Laut der Polizeisprecherin Mirit Ben-Mayor wird es allerdings nicht mehr lange dauern, bis sich das ändert. Sie ist überzeugt, dass die gesammelten Beweise für die systematische sexualisierte Gewalt der Hamas nach Ende der Ermittlungen vor Gericht standhalten werden: «Der Prozess wird kommen.»
Rewert Hoffer (Text und Recherche), Adina Renner (Grafiken, Karten und Recherche), Jessica Eberhart (Recherche), Reto Gratwohl (Bilder), Elisa Forster (Illustrationen).











