In «Freaky Friday» mussten sich vor über zwanzig Jahren eine Mutter und ihre Tochter im Leben der anderen durchschlagen. Die Fortsetzung zeigt: Es ist heute noch viel komplizierter.
Als sich Jamie Lee Curtis in einem Plattenladen hinter dem Vinylcover von Britney Spears’ «In the Zone» versteckt, um Lindsay Lohan über Funk Flirttipps zu geben, erreicht «Freakier Friday» seinen schrägen und zugleich nostalgischen Höhepunkt. Denn natürlich will dieses sehr späte Sequel nichts anderes, als den Fans des kultigen ersten Teils vorzugaukeln, es sei noch immer 2003.
Wie damals, als die USA dem Irak den Krieg erklärten, betätigt der Film von Nisha Ganatra sämtliche Hebel, um der Welt zu entfliehen. Wieder steht eine Hochzeit an. Die alleinerziehende Anna (Lindsay Lohan) soll den ebenso alleinerziehenden Eric (Manny Jacinto) heiraten. Doch ihre jeweiligen Töchter können sich partout nicht ausstehen und wollen die Vermählung verhindern. Das führt zu allerhand innerfamiliären Konflikten. Der Film erzählt davon in einem nicht enden wollenden Geschrei zwischen pubertärer Empfindlichkeit und elterlicher Überforderung. Der Generationenkonflikt erscheint dabei zugleich komisch und erschöpfend. Es wird also Zeit für die im Vorgängerfilm angewandte Zauberei, in der die Streitenden den Körper wechseln, um zu verstehen, was in der jeweils anderen vorgeht.
Grossmutter im Körper eines Teenagers
Der Erfolg des Erstlings «Freaky Friday» beruhte wohl darauf, dass dieser Körpertausch wie ein brauchbares Erziehungsinstrument wirkt, das einige Konflikte in Familien lösen könnte. Mehr noch aber ist diese Phantasie eine Chance für die Schauspielerinnen, gegen ihre sonst in Hollywood so bedeutende Äusserlichkeit anzuspielen. Denn mit einem Mal wohnt die Jugend in einem älteren Körper und vice versa.
Im Endeffekt ist diese Konzeptkomödie eine zur Disney-Schmonzette aufgeblasene Schauspielübung. Tauschten im Vorgänger nur Mutter (Curtis) und Tochter (Lohan) die Körper, sind es jetzt gleich vier, die eines Morgens einen Nervenzusammenbruch erleiden, weil sie nicht mehr die sind, die sie waren. Die Grossmutter (Curtis) ist die künftige Stieftochter (Sophia Hammons) und andersherum, die Mutter (Lohan) ist die Tochter (Julia Butters) und andersherum. Der Film lohnt sich vor allem wegen des lustvollen Spiel von Curtis, die mühelos einen eitlen, verletzlichen Teenager mit ihrem Körper darstellt. Sie allein hebt den aalglatten Crowd-Pleaser, in dem selbstverständlich fast alle Figuren des Vorgängers vorkommen, in die Sphären von Camp- und Komödienkunst.
So spielt die 66-jährige Curtis einen Teenager, der eine ältere Frau spielt und deren Gesten zu imitieren versucht, um nicht aufzufliegen. Es ist erstaunlich, wie wenig Raum ihre Schauspielkolleginnen für diese recht einzigartige Form der Komik bekommen. Stattdessen hetzt man atemlos von einer Szene zur anderen, um sämtliche Konflikte zwischen den vier Hauptfiguren zu lösen.
Vergangener Zauber per Glückskeks
Dass mittlerweile 22 Jahre vergangen sind, zeigt sich nur in den Momenten, in denen zeitgemässe Diskurse kommentiert oder ein anderer Umgang mit den Medien thematisiert wird. So bemerkt die chinesischstämmige Frau, die noch im ersten Teil per Glückskeks die Verzauberung eingeleitet hat, dass sie mit der Politik in ihrem eigenen Land genug zu tun habe und sich deshalb wenig um das Schicksal der Amerikaner kümmere. Ersetzt wird sie von einer neoliberalen Wahrsagerin, die um Likes auf ihrem Instagram-Profil bittet, während sie in die Zukunft schaut.
Curtis’ Tess versucht sich als Podcasterin, und ein über die sozialen Netzwerke ausgefochtener Trennungskrieg beschäftigt Anna in ihrem Job als Managerin bei einem Plattenlabel, aber letztlich interessiert sich der Film nur wenig für diese Dinge. Die Themen sollen zeitloser sein. Es geht um Loyalität, Liebe und die Familie als unumstössliche Institution amerikanischer Sentimentalität.
Das kitschige Happy End zieht sich über das ganze letzte Drittel hin. Dabei wird überdeutlich vermittelt, dass in den Körperhüllen nur herzensgute Menschen stecken. So erfahren die Teenager, wie wichtig die Erwachsenen ihnen sind. Und die Erwachsenen erleben die Probleme der Teenager aus nächster Nähe.
Alle Träume werden Wirklichkeit, und dabei wird man auch noch verstanden und geliebt. Mann kann sagen, dass es sich so und nicht anders für eine solche Familienkomödie gehört. Vielleicht ist das so. Der Eskapismus aber kommt nicht ohne ungewollte Analogien in dunklen Zeiten. Hollywood suhlt sich in einer auffällig heilen Welt, in der ein Kommentar zu China als harmloser Gag platziert wird und das jähe Erwachen gewiss kommt. Dass es nur die richtige Erkenntnis braucht, um den Normalzustand wieder zu erreichen, und im Fall des Filmes, sich wieder zurückzuverwandeln. Was wäre das für ein verrückter Freitag, würde diese Erkenntnis nie kommen?
Im Kino.