Dem ältesten Sohn von Kronprinzessin Mette-Marit werden sexuelle Gewalt und Missbrauch vorgeworfen. Marius Borg Höiby bestreitet die Vorwürfe. Für das norwegische Königshaus kommen die Anschuldigungen zur Unzeit.
Das norwegische Königshaus ist in Aufruhr. Lange galt es als eines der beliebtesten in Europa, nun sinken die Beliebtheitswerte. Im Mittelpunkt der jüngsten Kontroverse steht Marius Borg Höiby, der Sohn von Kronprinzessin Mette-Marit. Vergangene Woche wurde er festgenommen – zum dritten Mal in vier Monaten. Bis Mittwoch sitzt er in Untersuchungshaft. Dabei darf er weder Besuch empfangen noch Briefe schreiben.
Zuvor sind neue Vorwürfe gegen Höiby zu zwei mutmasslichen Sexualdelikten bekanntgeworden. Es sind die bislang schwerwiegendsten Anschuldigungen gegen ihn. Ihm wird ein Verstoss gegen den Paragrafen 291 vorgeworfen. Darin sind in Norwegen Vergewaltigungsvergehen geregelt.
Konkret geht es laut Polizei beim Vorwurf um sexuellen Umgang ohne Geschlechtsverkehr mit einer Frau, die nicht in der Lage gewesen sein soll, sich der Handlung zu widersetzen. Zudem werde auch wegen eines weiteren Sexualdeliktes gegen Höiby ermittelt. Die Ermittler stützen sich dabei laut Medienberichten auf Videomaterial, das auf Höibys Mobiltelefon gefunden wurde.
Es drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis
Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu zehn Jahre Gefängnis. Höiby bestreitet die Vorwürfe. Sein Verteidiger spricht von «katastrophalen Fehleinschätzungen» der Strafverfolgungsbehörde.
Bereits Anfang August wurde Höiby zum ersten Mal festgenommen. Damals wurde ihm Körperverletzung und Sachbeschädigung vorgeworfen. In einer schriftlichen Erklärung räumte er damals ein, unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen seine damalige Freundin angegriffen und Dinge in ihrer Wohnung zerstört zu haben. In der Erklärung sagte er auch, dass er unter psychischen Problemen leide.
Seitdem sind weitere Anschuldigungen gegen Höiby erhoben worden. Es geht dabei unter anderem um Misshandlung in Beziehungen mit mehreren früheren Partnerinnen. Im September wurde Höiby erneut festgenommen, weil er angeblich gegen ein Kontaktverbot verstossen habe, das wegen des Vorfalls im August verhängt worden war.
Bei allen vorgebrachten Vorwürfen gegen Höiby handelt es sich um Anschuldigungen – Anklage ist bisher in keinem der Punkte erhoben worden. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Geboren vor der royalen Hochzeit
Der 27-jährige Marius Borg Höiby ist der Stiefsohn des norwegischen Kronprinzen Haakon. Er und seine Frau Mette-Marit lernten sich 1999 an einem Musikfestival kennen. Damals war Höiby bereits geboren, er stammt aus einer früheren Beziehung Mette-Marits. Bei der royalen Hochzeit 2001 war er vier Jahre alt. Der junge Höiby wurde damals zum Symbol dafür, wie offen und modern Norwegen und sein Königshaus geworden waren. Hier konnte auch eine alleinerziehende Mutter mit einer wilden Party- und Drogenvergangenheit Kronprinzessin werden.
Nach der Hochzeit nahm König Harald seinen Stiefenkel Höiby offiziell in die königliche Familie auf. Allerdings trägt er keinen Adelstitel und hat auch keinen Platz in der norwegischen Thronfolge, im Gegensatz zu seinen jüngeren Halbgeschwistern Prinzessin Ingrid Alexandra und Prinz Sverre Magnus. Auf Bildern der Königsfamilie steht Höiby jeweils am Rand oder fehlt komplett. Er übernimmt auch keine royalen Pflichten. Seit einigen Jahren taucht sein Name auf der offiziellen Seite des Königshauses nicht mehr auf.
Höiby besuchte ein Sportgymnasium in Oslo, danach begann er 2017 ein Wirtschaftsstudium in Los Angeles. Doch schon nach wenigen Monaten kehrte er nach Norwegen zurück. Er lancierte ein eigenes Modelabel für Lederjacken, soll für ein Immobilienunternehmen gejobbt und sich auch als Motorradmechaniker versucht haben. Daneben machte er immer wieder mit wilden Partys und Drogenexzessen Schlagzeilen.
Zustimmung zur Monarchie sinkt seit Jahren
Dass Höiby nun in Untersuchungshaft sitzt, kommt für das norwegische Königshaus zur Unzeit. Eigentlich hatte man gehofft, dass nach der Hochzeit von Prinzessin Märtha Louise, der Schwester von Kronprinz Haakon, mit einem Hollywood-Guru und Verschwörungstheoretiker im August etwas Ruhe einkehren würde. Der Zuspruch für die königliche Familie in der Bevölkerung schwindet seit Jahren. Standen 2017 noch 81 Prozent der Befragten hinter der Monarchie, waren es laut einer Umfrage des öffentlichrechtlichen Senders NRK im September nur noch 62 Prozent.
Das Königshaus hat bis letzte Woche zu den Anschuldigungen gegen Höiby geschwiegen. Nach der dritten Festnahme war der Druck jedoch so gross, dass sich Kronprinz Haakon zu einer Stellungnahme gezwungen sah. «Die Anschuldigungen, mit denen Marius nun konfrontiert ist, sind ernst», sagte er zu NRK.
Auf die Frage, wie die Familie versucht habe, Höiby mit seinen Schwierigkeiten zu helfen, sagte der Kronprinz: «Wir als Familie und als Eltern sind natürlich sehr damit beschäftigt gewesen, dass Marius Hilfe bekommt.» Lange hätten sie sich dafür eingesetzt, dass er an einen Ort komme, wo er mehr Hilfe, Rehabilitation und Behandlung erhalte. Dies müsse nun innerhalb des Rahmens geschehen, den der Rechtsapparat setze.