Das Zürcher Studio Keen definiert Wellbeing neu – seit Februar erstmals an einem fixen Standort
Je hektischer der Alltag, desto eher drängt sich das Thema Erholung auf. Öfter einmal eine Pause machen, ein Spa besuchen oder eine Stunde länger schlafen – doch reicht das aus, um Körper und Geist genügend Erholungszeit zu geben, um langfristig gesund und zufrieden zu bleiben? Nein, sagen Franzisca Gartenmann und David Wyss.
Deshalb gründeten die Meditations- und Trauma-Coaches das Wellbeing-Studio Keen. Sie führten als Pop-up während eineinhalb Jahren Kurse an verschiedenen Standorten in Zürich durch. Und scheinen damit einen Nerv getroffen haben. Letzten Monat haben sie ihren ersten festen Standort eröffnet.
Aktive Erholung
Das ursprüngliche Konzept von Keen bestand aus einer Kombination von Atemübungen und Eisbädern. «Die Art und Weise, wie wir atmen, sendet entscheidende Signale an unser Nervensystem», erklärt Franzisca Gartenmann. Atmen wir ruhig und tief, führe dies zu einer sofortigen Entspannung der Nerven und baue Stress ab. Befinde man sich hingegen in einem Eisbad mit einer Wassertemperatur von unter 10 Grad, simuliere dies Stress und beschleunige die Atmung automatisch. Diese Simulation soll helfen, die eigene Atemtechnik aktiv zu trainieren, um so auch in alltäglichen Stresssituationen besser loslassen und sich entspannen zu können.
Die ersten eineinhalb Jahre als Pop-up gaben den beiden Coaches die Möglichkeit, ihr Konzept kontinuierlich weiterzuentwickeln. Vor allem das Wechselspiel zwischen Heiss und Kalt rückte immer mehr in den Mittelpunkt, weshalb das Eisbaden inzwischen durch Saunagänge ergänzt wurde. Wie das Eisbad setzt auch die Sauna den Körper unter Stress, die Atemübungen werden dort also weitergeführt. Das Duo entschied sich für eine Biosauna: 55 Grad ermöglichen noch ein entspanntes und tiefes Ein- und Ausatmen.
Die Wechselwirkung zwischen Warm und Kalt stimuliert die Nerven und wirkt entspannend.
Neben der Kombination von Saunagängen und Eisbädern, bei Keen «Recovery Experience» genannt, bietet das Studio auch sogenannte «Active Experiences» an. Dabei handelt es sich beispielsweise um geführte Dehnübungen oder verschiedene Atemtrainings, die zusätzlich zur «Recovery Experience» besucht werden können. Sporteinheiten, die den Körper stark beanspruchen oder belasten, werden bei Keen nicht angeboten. Es geht ums Wohlbefinden, auch während man aktiv ist.
Vom Pop-up zum Viadukt
Im Februar 2025 zogen Franzisca Gartenmann und David Wyss in zwei Viaduktbögen. Es ist ihre erste permanente Location: «Wir hätten uns keinen besseren Standort wünschen können», sagt David Wyss. Die Räumlichkeiten im Zürcher Kreis 5 waren auch bei anderen Unternehmen begehrt, doch Keen konnte sich mit seinem Wohlfühlkonzept gegen die Konkurrenz durchsetzen.
Den beiden Unternehmern war es wichtig, die Viaduktbögen optimal in der Raumgestaltung ihres neuen Studios zum Vorschein zu bringen und gleichzeitig das Konzept von Keen dabei aufzugreifen: Ähnlich wie beim Gegensatz zwischen Warm und Kalt sollten auch die Einrichtungselemente einen Kontrast zu den bereits bestehenden Materialien und Formen schaffen.
Die kühlen Steinbögen wurden vor allem durch den Einsatz von warmem Holz ergänzt, wie zum Beispiel die Sauna aus Esche, während Glaswände eine gewisse Leichtigkeit in die Räume bringen. Das Studio spielt auch mit dem Verhältnis von Hell und Dunkel, so dass das Licht je nach Raum und Kurs variiert. Das Ambiente soll dazu beitragen, das Studio zu einem Rückzugsort zu machen. Eine Pause vom Alltagsgehetze.
Teil einer Community sein
Was aber unterscheidet Keen nun von einem gewöhnlichen Wellness-Studio? Das Besondere am Konzept ist sein holistischer Ansatz. Während andere Studios sich ausschliesslich auf die physische und die psychische Erholung fokussieren, zielen die Kurse von Keen auch auf die emotionale und die soziale Gesundheit ab.
Gerade seit der Corona-Pandemie fühlen sich immer mehr Menschen gestresst und einsam, das psychische Wohlbefinden von einem Drittel der Schweizerinnen und Schweizer ist angeschlagen, wie eine Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) zeigt.
Diese Zahlen seien für Franzisca Gartenmann und David Wyss bei der Entwicklung von Keen ausschlaggebend gewesen und hätten dazu geführt, dass sie alle ihre «Experiences» als Gemeinschaftserlebnisse konzipierten: Sowohl das Eisbaden als auch die Sauna finden in Gruppen von maximal dreissig Personen statt. Trainings werden gemeinsam durchgeführt. Dabei ist immer ein Coach anwesend, der die Gruppe anleitet. Dies soll unterstützen, motivieren und einen stärkenden Zusammenhalt schaffen, der über den Kurs hinaus anhält.
Keen ist mit diesem Gemeinschaftsgedanken nicht allein. Bereits seit einigen Jahren ist eine steigende Nachfrage nach Community-Aktivitäten zu beobachten. Running-Clubs, Cycling-Gruppen oder Boxing-Fitness-Communities haben schon länger Zulauf, inzwischen hat der Wunsch nach Gemeinschaft auch andere Formate erreicht – zum Beispiel Wellness-Studios.
Tatsächlich entstehen gemäss dem Gründerduo von Keen durch die Kurse auch immer wieder neue Kontakte zwischen den Teilnehmenden. Um diese aktiv zu pflegen, kann das Studio auch am Wochenende besucht werden. Statt am Freitagabend mit einem Drink in der Hand im Klub zu stehen, sitzt man also in der Sauna und nippt an einem Kräutertee – einzig die Musik ist die gleiche: Keen lädt am Wochenende immer wieder bekannte Zürcher DJ ein.
Damit entspricht das Konzept des Wellbeing-Studios auch dem aktuellen Zeitgeist eines gesünderen und bewussteren Lebensstils. Sich am Wochenende zu betrinken und mit einem Kater aufzuwachen, scheint für immer mehr Menschen nicht mehr attraktiv. Stattdessen wird auf eine gesunde Ernährung geachtet, Sport getrieben – und im Keen-Studio der Sprung ins eiskalte Wasser gewagt.
Ein Kurs bei Keen kann auf der Website des Studios gebucht werden und dauert 60 Minuten à ungefähr 25-30 Franken. Die Kurse werden im Moment noch ausschliesslich in englischer Sprache durchgeführt, Kurse auf Deutsch folgen demnächst.