Die damals getroffenen Massnahmen, darunter ein Stacheldrahtzaun, halfen wenig.
Zwischen den beiden Ereignissen liegt fast ein Jahr, aber sonst gleichen sie sich bis aufs Detail.
Erneut sind am Mittwoch vier Männer aus der geschlossenen Abteilung des Massnahmenzentrums Uitikon entwichen, wo straffällige männliche Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 Jahre einsitzen. Und erneut verspricht das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung (Juwe) Massnahmen, damit sich so etwas nicht wiederholt.
So war das bereits im Juli 2023, als kurz hintereinander jeweils zwei Jugendliche ausgebrochen waren. Das Bemerkenswerte daran: Die Fluchtroute war zumindest in einem Fall fast dieselbe wie diesmal, wie ein Vergleich der Bilder vom Tatort zeigt.
Damals wie heute entwichen die Ausbrecher durchs Fenster einer Lukarne im Obergeschoss an der äussersten Südseite der geschlossenen Abteilung. So gelangten sie aufs Dach und konnten von dort entkommen.
Die Lukarne, die diesmal als Ausstieg diente, befindet sich direkt neben jener von 2023. Dahinter sind gemäss Plänen von 2014, als das Massnahmenzentrum nach einem Umbau wiedereröffnet wurde, die Aufenthaltsräume einer der drei Wohngruppen für zehn Personen. Im einen steht laut den Plänen ein Tischfussballkasten, im anderen ein Billardtisch.
Da es die Räume derselben Gruppe sind, ist nicht auszuschliessen, dass teilweise dieselben Personen wie damals involviert waren. Das Juwe macht aufgrund des Persönlichkeitsschutzes keine Angaben zu den Entflohenen, von denen alle bis auf einen bereits wieder gefasst sind.
Der Zaun ist an dieser Ecke kein echtes Hindernis
Dass beide Male genau diese Zimmer gewählt wurden, kann kein Zufall sein.
Erstens herrscht auf der Südseite kaum Betrieb. An einem Mast sind zwar Überwachungskameras angebracht, die auf das Gebäude gerichtet sind. Sonst ist man hier aber oft relativ unbeobachtet. Es gibt in der Umgebung nur wenige Häuser, dafür offenes Feld und dichte Wälder.
Zweitens ist hier der Abstand von der Dachkante zum Boden deutlich geringer als anderswo.
Drittens – das war diesmal entscheidend – endet der Sicherheitszaun, der das Gebäude auf drei Seiten umfasst, hier unterhalb des Dachs an der Fassade. So, dass man ihn nach wenigen Metern überwunden hat, wenn man sich mithilfe eines Schneefängers seitwärts über die Dachschräge bewegt und dann hinunterspringt. Das ist nur hier möglich.
Mit anderen Worten: Die geschlossene Abteilung hat hier eine deutliche Schwachstelle, welche die Verantwortlichen nach dem letzten Ausbruch nicht hinreichend behoben haben.
Eine der Massnahmen, die nach den Vorfällen von 2023 ergriffen wurden, ist unübersehbar: Der Zaun wurde zuoberst mit einem Stacheldraht abgeschlossen, den es an dieser Stelle zuvor nicht gab. Bloss nützt dies wenig, wenn sich dieses Hindernis derart leicht umgehen lässt.
Ob die Ausbrecher schon beim letzten Mal die Route übers Dach wählten, ist unbekannt. Das Juwe äusserte sich auch nie zu den anderen damals getroffenen Massnahmen – und ob überhaupt versucht wurde, die Route übers Dach zu verunmöglichen.
Der Juwe-Sprecher Oliver Baumann lässt aber durchblicken, dass nun aufgrund des neuerlichen Ausbruchs mit Sofortmassnahmen zu rechnen ist. Man nehme die Angelegenheit sehr ernst. Mit konkreten Informationen sei aber frühestens kommende Woche zu rechnen.
Die Behörden in der Gemeinde Uitikon, dem Standort des Zentrums, stehen als Vertreter der Anwohner in engem Kontakt mit dem Juwe und haben nach wie vor Vertrauen in das Amt. Von einem Sicherheitsproblem ist ihnen nichts bekannt. Auch konkrete Forderungen haben sie bisher keine gestellt.