Mit Einführung des neuen Audi A6 Avant setzt der deutsche Autobauer die Erneuerung seines Modellprogramms fort. In der Schweiz werden ausschliesslich die beiden Motorvarianten mit Allradantrieb angeboten.
Vier Meter und 99 Zentimeter. Darauf legen Projektmanager und Kommunikationsexperten von Audi beim neuen Audi A6 Avant Wert. Die technischen Unterlagen treiben es gar auf die Spitze: 4999 Millimeter Länge misst das Businessmodell des deutschen Herstellers, damit hält der Wagen zumindest akademischen Abstand zum Flaggschiff A8.
Das tut der neue Audi A6 Avant auch dadurch, dass er weiter A6 heissen darf und seinen Namen nicht auf A7 ändern muss. Zu verdanken ist das der Reform der Reform der Audi-Nomenklatur: Ursprünglich sollten nur noch Elektrofahrzeuge des bayrischen Herstellers gerade Ziffern in der Modellbezeichnung tragen. Nachdem im vergangenen Jahr schon der Mittelklasse-Bestseller Audi A4 seinen etablierten Namen hatte opfern müssen, zogen die Verantwortlichen kurz vor der Markteinführung des A6 die Reissleine.
Der Klassiker im Modellprogramm der Ingolstädter und einer der Platzhirsche im Segment der oberen Mittelklasse und Businessmodelle darf weiterhin unter der etablierten Modell-Chiffre fahren. In Zukunft tragen Fahrzeuge der gleichen Grössenklasse dieselbe Typenbezeichnung. Verbrenner-A6 und deren elektrisches Pendant basieren zwar auf unterschiedlichen Plattformen – Premium Platform Combustion auf der einen und Premium Platform Electric auf der anderen Seite –, man erkennt sie in der Preisliste aber nur noch am Anhängsel für den Motor: TDI, TFSI oder E-Hybrid bei den Verbrennern, E-Tron für vollelektrische Modelle.
Mit drei unterschiedlichen Motorisierungen führt Audi den neuen A6 Avant ein. Allerdings ist der Benziner mit Frontantrieb und 150 kW (204 PS) Leistung in Deutschland und anderen Ländern das Einstiegsmodell, wird aber in der Schweiz nicht angeboten.
In der Schweiz gibt es den A6 Avant ausschliesslich als Quattro, also mit Allradantrieb. Als 2.0 TDI Quattro 150 kW (204 PS) mit Mildhybridtechnik kostet er 78 450 Franken oder mehr. Als Sechszylinder 3.0 TFSI Quattro mit 270 kW (367 PS) und ebenfalls mild hybridisiert, werden für ihn mindestens 93 550 Franken in Rechnung gestellt.
Die Motoren sind dabei schon bekannt: Sie werden auch im Audi A5/S5 eingesetzt. Demzufolge braucht es keinen Blick in die Glaskugel, um die Ausweitung des Motorenangebots im A6 vorauszusagen: Vermutlich noch in diesem Jahr kommen die E-Hybrid genannten Modelle mit Plug-in-Hybrid, die entweder 220 kW (300 PS) oder 270 kW (367 PS) leisten.
Beide gegenwärtigen Motorisierungen sind mit der Hybridtechnologie MHEV plus ausgestattet. Das System besteht aus einer 48-Volt-Batterie, dem Riemenstartergenerator (RSG) sowie dem Triebstranggenerator (TSG) mit integrierter Leistungselektronik. Der Elektromotor des TSG, der direkt hinter dem Getriebe in den Antriebsstrang integriert ist, ermöglicht rein elektrisches Parkieren und Rangieren. Darüber hinaus erzeugt der TSG beim Anfahren oder Überholen ein zusätzliches Antriebsmoment von bis zu 230 Newtonmetern und bis zu 18 kW (24 PS) Leistung. Beim Verzögern gewinnt der TSG Energie zurück: Bis zu 25 kW lassen sich rekuperieren.
Elektro-Unterstützung «stopft» das Turbo-Loch
Zu ersten Testfahrten standen Diesel wie Benziner zur Verfügung. Der TDI geht dabei unspektakulär zu Werke, ist aber dank Drehmoment des aufgeladenen Zweiliter-Selbstzünders plus elektrischer Unterstützung jederzeit souverän unterwegs, auch um das Turbo-Loch beim Anfahren muss man sich keine Sorgen machen. Einzig das typische Arbeitsgeräusch verrät den Diesel.
Deutlich sportiver lässt sich der drei Liter fassende TFSI bewegen. Kaum hörbar schaltet sich der Sechszylinder nach wenigen Metern zu, wenn die elektrische Anfahrphase endet und die Antriebskraft des Verbrenners dafür benötigt wird, den gut 2,1 Tonnen schweren A6 Avant zu beschleunigen. In Kombination mit dem 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe geschieht das sanft und auf einem sehr niedrigen Geräuschniveau, nur bei höheren Drehzahlen lässt der TFSI so etwas wie sportliche Klänge vernehmen. Dank 550 Newtonmetern Drehmoment tritt der TFSI spontan an und beschleunigt stringent durch.
Weil Audi auch an Lenkung und Fahrwerk des A6 Avant gearbeitet hat, ist das auf portugiesischen Bergstrassen sogar sehr spassig, trotz der ja nicht kleinen Masse, die mit dem A6 bewegt wird.
Die serienmässige Progressivlenkung spricht direkter an als im Vorgängermodell, dazu kommt, dass der Vorderbau vom Lenkrad bis zu den Rädern steifer ausgeführt ist; dazu gehören der Torsionsstab, das starr verschraubte Lenkgetriebe und die versteiften Querlenkerlager. Zudem wurde der Sturz an der Vorderachse leicht erhöht.
Agilität bei niedrigen Geschwindigkeiten und Stabilität im höheren Tempobereich lassen sich noch durch die optionale Allradlenkung (1640 Franken) steigern. Diese arbeitet mit einer Dynamikfunktion, deren Reaktionsgeschwindigkeit verbessert wurde. Bei niedrigen Geschwindigkeiten werden die Hinterräder bis zu fünf Grad entgegengesetzt zu den Vorderrädern eingeschlagen. Im Stadtverkehr und in engen Kehren fährt sich das Auto agiler an. So verringert sich der Wendekreis um bis zu einen Meter. Bei mittlerem und höherem Tempo werden die Hinterräder gleichsinnig eingeschlagen, was ein stabiles und präziseres Fahrverhalten ermöglicht.
Für den Verbrauch des 2.0 TDI gibt Audi einen Verbrauch von 5,7 l / 100 km an, für den Sechszylinder-Benziner liegt die WLTP-Angabe bei 7,8 l / 100 km – diese war allerdings auf bergiger Strecke nicht zu erreichen, der Bordcomputer pendelte zwischen 11 und 12 Litern.
Niedriger Luftwiderstandsbeiwert
Zurück zur Karosserie des A6 Avant. Die 4,99 Meter Länge entsprechen einem Zuwachs von sechs Zentimetern im Vergleich zum Vorgänger. Der Radstand blieb mit 2,93 Metern unverändert, es gibt also etwas mehr Überhang. Gross und lang, ja, aber nicht übertrieben wuchtig, auch wenn die breite Spur die Dynamik des Fahrzeugs betonen soll. Andere Design-Elemente tragen mehr zur verbesserten Aerodynamik bei: zum Beispiel die grossen Air Curtains, das sind Luftein- und -auslässe rund um die Räder herum, und der steuerbare Kühllufteintritt an der Front, dazu der Dach-Spoiler und die Aero-Blenden seitlich der Heckscheibe. Auffällig am Heck ist der Diffusor.
Damit erreiche der A6 Avant einen cW-Wert von 0,25 und sei der beste Kombi mit Verbrennungsmotor im Audi-Modellprogramm beim Thema Luftwiderstand, betont der Hersteller. Die in den nächsten Wochen erwartete A6-Limousine dürfte diesen Wert nochmals verbessern.
Sowohl für Fahrer und Beifahrer vorne als auch die Passagiere hinten ist der Platz ausreichend bemessen, auch an der Kopffreiheit lässt sich nicht mäkeln. Das geht ein wenig zulasten des Gepäckraums. Der Kofferraum des A6 Avant fasst bis zu 503 Liter, wobei das für die Schweiz nur die halbe Wahrheit ist – die beiden hier angebotenen Motorvarianten mit Allradantrieb reduzieren das Volumen auf 466 Liter, mit geklappten Rücksitzen sind es 1497 Liter. Die elektrische Heckklappe lässt sich serienmässig per Fussbewegung öffnen.
Im Innenraum orientiert sich der A6 Avant an den Elektromodellen Q6 und A6 E-Tron mit ihren gross angelegten Monitorlandschaften. Auch zum Interieur des tiefer klassierten A5 lassen sich auf den ersten Blick keine Unterschiede feststellen – Audi reizt sein Baukastensystem aus.