Die Analysten der deutschen Privatbank Berenberg haben die Abdeckung von Logitech mit einer Kaufempfehlung aufgenommen. The Market zeigt, was hinter der zuversichtlichen Einschätzung steckt.
Die Aktien des Schweizer Computerzubehörherstellers Logitech waren ein Pandemiegewinner. Durch die sprunghaft gestiegene Nachfrage hat sich der Umsatz des Unternehmens während dieser Zeit auf über 5 Mrd. Fr. verdoppelt, der Gewinn stieg überdurchschnittlich. In der Folge hat sich der Unternehmenswert von Frühling 2020 bis Mai 2021 fast vervierfacht.
Kater nach der Party
Danach herrschte Katerstimmung: Bis Herbst 2022 war der Grossteil der Avancen wieder weg. Der langjährige CEO Bracken Darrell, der den Konzern über eine Dekade lang erfolgreich geführt hatte, verliess im Sommer 2023 das Unternehmen. Ende 2023 wurde er durch die Niederländerin Hanneke Faber ersetzt.
Bis sich Logitech wieder an eine normalisierte Nachfragesituation anpassen konnte, dauerte es (zu) lange. Anschliessend litt Logitech zudem unter dem Abbau der in Zeiten fehlender Komponenten zu üppig gefüllten Lager bei ihren Grosskunden. Im vergangenen Fiskaljahr 2023 (per Ende März) gingen rund 47% des Volumens über drei Distributoren: Amazon (19%), Ingram Micro (13%) und TD Synnex (15%).
Seit dem Abgang von Darrell hat sich der Aktienkurs von Logitech deutlich erholt und rund zwei Drittel zugelegt.
Die Analysten der deutschen Privatbank Berenberg gehen davon aus, dass sich ein Einstieg nach wie vor auszahlen wird. Sie haben diese Woche die Abdeckung von Logitech mit einer Kaufempfehlung aufgenommen. Das Kursziel von 98 Fr. impliziert ein Kurspotenzial von rund 20%.
Zurück zum ehemaligen Wachstumstempo
Die Chancen stünden gut, dass das Unternehmen wieder zu seinem früheren Wachstumstempo von 8% bis 10% pro Jahr zurückkehrt, heisst es in der Studie. In der Vergangenheit ist es dem Unternehmen wiederholt gelungen, durch kleinere Akquisitionen sowie dem Gewinn von Marktanteilen überdurchschnittlich wachsen zu können.
Für die kommenden Jahre gehen Experten davon aus, dass der Markt für Computerzubehör im Schnitt um 3,4% wachsen kann.
Die Attraktivität von Logitech ist, dass das Unternehmen in grossen, strukturell wachsenden Märkten gut positioniert ist. Vor allem Produkte für die Bereiche Gaming und Videokollaborationslösungen versprechen fortgesetzt hohe Wachstumsraten. Büros werden zunehmend damit ausgerüstet, um dem heutigen hybriden Arbeitsmodellen besser gerecht zu werden.
Für künftiges Wachstum sollten zudem die kurzen Ersatzzyklen sorgen, meinen die Berenberg-Analysten. Das enorm grosse Volumen, das während der Pandemie abgesetzt wurde, muss nun bald Schritt für Schritt ersetzt werden. Bei Computerzubehör wird mit drei- bis fünfjährigen Zyklen kalkuliert.
Potenzial für Gewinnüberraschungen
Die Erwartungen ans Wachstum sind recht bescheiden. Auch das neue Management beurteilt die kurzfristigen Wachstumsaussichten zurückhaltend. Im angebrochenen Fiskaljahr 2025 käme es noch nicht zu einem Wendepunkt, erklärte die Logitech-Chefin im Januar. In den Augen der Berenberg-Analysten schaffe dies Raum für Gewinnüberraschungen.
Sie gehen davon aus, dass sich nicht nur der Umsatz von Quartal zu Quartal erholen wird, sondern auch die Gewinnmargen. Steigende Volumen erbrächten Grössenvorteile und eine Optimierung der Kostenstruktur. Bei der Bruttomarge lägen in den nächsten drei Jahren Verbesserungen um 370 Basispunkte drin. In diesem Zeitraum rechnet Berenberg, dass sich die Betriebsgewinnmarge auf Stufe Ebit sogar um 400 Basispunkte in Richtung 17% verbessern wird.
Akquisitionen wieder spruchreif
In der Vergangenheit ist Logitech eine Reihe erfolgreicher Akquisitionen gelungen, die sie gut integrieren konnte. Auf diese Weise hat das Unternehmen neue Produktekategorien schneller erschliessen können. Wegen des rückläufigen Geschäfts sowie schwindender Margen kam die Akquisitionstätigkeit indes nach der Pandemie zum Erliegen. Die Berenberg-Analysten rechnen nun damit, dass sich Logitech bald wieder solche Ergänzungsakquisitionen leisten kann.
Der gesamte adressierbare Markt von Logitech wird auf rund 14,4 Mrd. $ geschätzt. Über dominierende Marktanteile verfügt das Unternehmen in den Kategorien Webcams (72%), Tastaturen (48%) und Computermäuse (53%). Auch in den um einiges grösseren Märkten Gaming (4,2 Mrd. $) hält Logitech führende Anteile von rund 30% bzw. von 29% bei Videokollaborationslösungen (2,3 Mrd. $).
Diversifikation der Produktion
Das breite Sortiment an Produkten von Logitech (Computermäuse, Gamingzubehör, Bedienungskonsolen, Webcams, Videokollobarationsgeräte usw.) wird zu rund 70% in China hergestellt, entweder in der eigenen Fabrik in Suzhou oder bei zahlreichen chinesischen Auftragsfertigern. Wegen des Handelskonflikts zwischen den USA und China hat Logitech in den vergangenen Jahre jedoch begonnen, die Produktionsstätten geografisch zu diversifizieren. Künftig soll weniger als die Hälfte der Produktion aus China kommen. Die Kapazitäten in Mexiko, Malaysia und Thailand sind bereits hochgefahren worden.
Verkaufsmässig ist Logitech geografisch breit aufgestellt. Mit einem Anteil von 43% des Umsatzes ist die Region Americas die grösste (davon USA: 35%). Auf die Region Emea (Europa, Nahost, Afrika) entfallen 29% (davon Deutschland 14%) und weitere 29% auf Asien-Pazifik (davon China 11%).
Hinweis: The Market stellt in regelmässigen Abständen neue Kaufempfehlungen von Investmentbanken, Research-Häusern und Brokern vor. Die Meinung der Analysten muss nicht in jedem Fall mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.