Michael Schöllhorn, CEO von Airbus Defence and Space, über Europas Fehler, Sabotageakte, das fatale Software-Geheimnis von US-Jets, Atomwaffen im Weltall – und Elon Musk.
Herr Schöllhorn, was kommt Ihnen spontan in den Sinn, wenn Sie an Donald Trump denken?
Michael Schöllhorn: Disruption. Also erst mal das Unmögliche fordern, alles zerschlagen, um dann etwas Gutes für sich rauszuholen. Aber es kommt mir auch in den Sinn, dass er deutlich näher an Russland ist, als wir das vielleicht geglaubt haben. Das beunruhigt mich insofern, als Russland eine imperiale und aggressive Strategie fährt.
Aber Sie müssten eigentlich Trumps grösster Fan sein.
Nein, das bin ich nicht. Ich glaube allerdings, dass er in einigen Punkten recht hat. Trump spricht nur drastischer aus, was uns die Amerikaner schon seit vielen Jahren gesagt haben: nämlich, dass Europa zu lange die «Friedensdividende» ausgekostet und viel zu wenig für seine eigene Verteidigung getan hat und tut.
Darum ist er ja der beste Vertriebschef, den Sie sich wünschen können. Wenn es nach ihm geht, sollen die Europäer ihre Rüstungsausgaben auf bis zu 5 Prozent des Bruttoinlandprodukts steigern. Ist der Ernst der Lage inzwischen allen bewusst?
Vielleicht nicht allen, aber den meisten ist der Ernst der Lage spätestens jetzt sehr bewusst. Wir haben im Übrigen auch kein Erkenntnis-, sondern ein Handlungsproblem.
Bis jetzt war einfach der Leidensdruck nicht gross genug. 30 Jahre lang hat man auf Kosten der USA die Friedensdividende aufgebraucht. Was kostet es, Europa wieder kriegstüchtig zu machen?
Ich denke, die Zahl wird sich dann ableiten lassen, wenn im Sommer die neuen Anforderungen der Nato definiert sind. Die Summe, über die wir dann reden, wird auch davon inspiriert sein, welche Lehren wir aus dem Krieg in der Ukraine ziehen. Wir reden auf jeden Fall über einen sehr hohen dreistelligen Milliardenbetrag.
Aber die meisten Länder können sich das gar nicht mehr leisten. Viele Länder operieren bereits am Rand ihrer Kreditwürdigkeit. Wird Geld das grösste Hindernis?
Es wird vermutlich irgendeine Art Aufweichung der Schuldenbremse geben, und zwar dediziert für Investitionen in die Verteidigung. Ich halte das ehrlich gesagt für richtig.
Das müssen Sie ja als CEO einer Rüstungsfirma sagen.
Klar, aber ich halte es auch als Staatsbürger für richtig, weil ich gar nicht weiss, wo unter Einhaltung der Austeritätskriterien die Steigerung herkommen soll. Der Wille ist ja im Moment immer noch recht beschränkt, im Sozialstaat grosse Einschnitte vorzunehmen. Dabei stärkt man mit höheren Verteidigungsausgaben am Ende die eigene Volkswirtschaft, Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit. Wie das geht, zeigen Länder wie Israel und die USA eindrucksvoll. Übrigens, zwei Studien von EY-Deka und des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, die just zur Münchener Sicherheitskonferenz erschienen sind, stützen diese Aussagen. Laut dem Kiel-Report steigt das europaweite BIP um 0,9 bis 1,5 Prozent bei steigenden Verteidigungsausgaben von 2 bis 3,5 Prozent des BIP. Und das beschreibt der Autor Ethan Ilzetzki noch als konservative Annahme.
Zur Person
Michael Schöllhorn
Seit 2021 leitet der 60-Jährige Airbus Defence and Space, das Rüstungs- und Raumfahrtgeschäft des Airbus-Konzerns mit über 30 000 Mitarbeitern. Er ist ehemaliger Bundeswehroffizier und Helikopterpilot.
Reicht Geld allein?
Nein, die Bevölkerung muss mitgenommen werden. So wie Finnland das macht. Die Finnen sagen, Verteidigung sei eine Aufgabe der Gesamtgesellschaft. Da geht es um viel mehr als nur um ein paar zusätzliche Waffensysteme. Ich sehe das genauso. Wir alle – Politik, Wissenschaft und Wirtschaft – haben die Aufgabe, diese Transparenz gegenüber der Bevölkerung herzustellen. Damit jeder versteht, worum es geht und was die Dringlichkeit ist.
Spüren Sie denn die Zeitenwende schon in den Auftragsbüchern? Oder setzt die US-Regierung die Europäer gerade unter Druck, mehr amerikanische Produkte zu kaufen?
Auf beides kann ich mit Ja antworten. Wir hatten letztes Jahr einen Rekord-Auftragseingang im Defence-Geschäft. Aber wir sehen natürlich auch, dass der politische Druck der Amerikaner immens wird, dieses Mehr an Verteidigungsausgaben in Europa möglichst in ihre Systeme zu investieren.
Hatte US-Vizepräsident J. D. Vance also gleich die CEO der amerikanischen Rüstungsfirmen im Schlepptau, als er an der Münchner Sicherheitskonferenz war?
Ganz so offensichtlich machen sie es nicht. Aber diese bilateralen Verhandlungen werden stattfinden. Es gibt ja auch schon die ersten Stimmen aus Brüssel, die mehr Flüssiggas und mehr amerikanische Waffen kaufen wollen, um im Zollkrieg mit den USA der Diskussion über das Handelsbilanzdefizit zu begegnen. Ich halte das strategisch genau für den falschen Weg.
Weil Europa erpressbar wird?
Genau. Ich glaube, dass man in Europa zunehmend erkennt, dass eine zu hohe Abhängigkeit von den USA vielleicht keine gute Idee ist, zum Beispiel vor dem Hintergrund dessen, was sich jetzt wahrscheinlich die Dänen gerade denken. Wenn die Amerikaner nämlich nicht wollen, dass die Dänen mit ihren F-35-Jets Grönland verteidigen, dann fliegen sie auch nicht dorthin.
Sperren ihnen die Amerikaner die Software?
Ja. Für bestimmte Missionen braucht man Software-Tokens, die von den Amerikanern freigegeben werden müssen. Ohne die geht gar nichts. Daher steht für mich fest: Wenn Europa in Zukunft noch über sein eigenes Schicksal bestimmen möchte, müssen wir eine starke deutsche und europäische Verteidigungsindustrie besitzen. Und dafür haben wir in der Vergangenheit nicht immer das getan, was zu tun gewesen wäre …
… wie etwa für die Produktion Ihres A400-M-Transportflugzeuges, die vielleicht in ein paar Jahren eingestellt werden muss.
Das ist geradezu absurd. Denn der strategische Lufttransport gilt als eine industrielle Kernkompetenz Europas. Aber einige Kunden erwägen aus Budgetgründen, ihre ursprünglichen Bestellmengen zu reduzieren. Das könnte den Fortbestand der Produktion in ein paar Jahren gefährden. In der gegenwärtigen sicherheitspolitischen Gemengelage wäre es jedoch fahrlässig, das einzige noch in Produktion befindliche westliche Programm für strategischen Lufttransport einzustellen.
Das Projekt war jahrelang von Pleiten, Pech und Pannen überschattet. Vielleicht haben die Kunden einfach genug von Ihrer Misswirtschaft.
Mir ist sehr bewusst, dass die Kunden mit den Kinderkrankheiten der A400 M am Anfang nicht sehr glücklich waren. Seitdem hat sich allerdings viel getan. Wir haben viel getan, um die A400 M zu verbessern, und das Flugzeug ist heute ein unentbehrlicher Leistungsträger für unsere Streitkräfte. Die Zufriedenheit bei unseren Kunden ist jetzt sehr hoch, weil sich das Flugzeug bei vielen Missionen bewährt hat.
«Nicht sehr glücklich» ist eine masslose Untertreibung.
Da ist am Anfang sicher einiges schiefgelaufen, und wir haben zu lange gebraucht, um abzuliefern. Aber noch einmal: Mittlerweile sind die Kunden extrem glücklich, weil die A400 M mit ihren Leistungsparametern Dinge im militärischen Lufttransport ermöglicht, die früher nicht denkbar waren.
Zu den leidgeprüften Kunden gehört ja auch Deutschland. Haben Sie dem nächsten Kanzler Friedrich Merz schon einmal nahegelegt, mehr zu bestellen?
Wir haben uns in diversen Gesprächen über Verteidigung und Raumfahrt unterhalten. Friedrich Merz macht auf mich einen überzeugten und entschlossenen Eindruck, dass Deutschland hier deutlich mehr machen muss. Die nächste Bundesregierung muss die Zeitenwende auch ganzheitlich angehen. Sprich: Das Budget muss auf den dann gültigen Zielwert hochgefahren werden, und es darf nicht andauernd mit Sondervermögen der Eindruck erweckt werden, dies sei bloss eine Übergangssache. Und ich erwarte, dass die deutsche und europäische Rüstungsindustrie aus Gründen der Souveränität gestärkt wird.
Und verlangen Sie von der Politik auch eine weitere Lockerung der Waffenexportbestimmungen, um höhere Produktionszahlen zu erreichen?
Die Industrie definiert nicht, in welche Länder man exportieren darf und in welche nicht. Das ist die Aufgabe der Bundesregierung. Allerdings erwarten wir, dass eine klare, verlässliche Politik betrieben wird. Das ist übrigens nicht nur die Haltung der hiesigen Industrie, sondern auch die unserer europäischen Partner.
Sind die Menschenrechte heute egal?
Ganz im Gegenteil! Aber Menschenrechte kann man auch schützen, wenn man den richtigen Staaten ermöglicht, dass sie sich verteidigen können. Bei anderen Staaten mit gewissen Defiziten tut man meines Erachtens gut daran, den Kontakt zu halten und sie nicht denen zu überlassen, denen Menschenrechte im Wesentlichen egal sind. Sprich: Wir müssen Exporte auch als wichtiges Element der Aussenpolitik sehen.
Da reden Sie jetzt die Realpolitik schön. Bei Ländern wie Saudiarabien drückt man beide Augen zu, weil es fürs Geschäft und die Geopolitik nötig ist.
Also ich weiss nicht, ob der Geschäftsaspekt in der deutschen Politik eine besondere Rolle spielt. Aber die Themen «Interessen und strategischer Einfluss in wichtigen Regionen der Welt» müssen in Deutschland tatsächlich ernster genommen werden.
Sie haben mit dem Luftkampfsystem FCAS ein weiteres Grossprojekt in der Pipeline, für das Sie möglichst viele Abnehmer auch im Ausland brauchen. Gleichzeitig wackeln diese europäischen Gemeinschaftsprojekte dauernd wegen nationaler Egoismen. Und es gibt zu allem Überfluss noch ein weiteres Kampfjetprogramm namens GCAP von den Engländern, Italienern und Japanern. Viel ineffizienter geht es kaum. Die Europäer schiessen sich gerne selber ins Knie, dafür brauchen sie gar keinen Feind, oder?
So könnte man es ausdrücken (lacht). Aber Spass beiseite: Europa hätte nie zwei solcher Kampfflugzeugsysteme starten sollen. Das ist aus einer rein politischen Konstellation rund um den Brexit entstanden. Das wieder zusammenzuführen, wäre sehr schwer.
Der Vorschlag steht im Raum.
Das ist am Ende eine politische Entscheidung. Industriell würde es natürlich Sinn ergeben.
Die Industrie gibt den schwarzen Peter gerne an die Politik weiter. Kaja Kallas, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, kritisiert dagegen Sie und Ihre Kollegen hart. Die Industrie entwickle die Systeme zu langsam. Hat sie recht?
Einspruch! Ich glaube nicht, dass die Industrie den schwarzen Peter immer an die Politik gibt. Aber es war zum Beispiel eine rein politische Entscheidung, FCAS nicht mit den Nationen aufzusetzen, also Grossbritannien und Italien, die über Jahrzehnte mit dem Eurofighter die erfolgreichste Rüstungskooperation Europas im militärischen Luftfahrtbereich geschaffen haben. Wir haben dafür gekämpft, aber es wurde gegen uns entschieden. Und natürlich sind wir in der Industrie durchaus auch bisweilen Teil des Problems. Unternehmen wie Airbus und Dassault, die über Jahre in Konkurrenz standen, haben manchmal noch Schwierigkeiten, sich ihre Bücher gegenseitig aufzumachen und eng zu kooperieren. Die Zusammenarbeit muss wachsen, und das braucht Zeit. Aber die Industrie muss sich ganz generell adaptieren, schneller werden und zusammen mit den Kunden aus dem Teufelskreis der teuren Luxuslösungen ausbrechen.
Jetzt geloben alle Besserung und propagieren eine europäische Rüstungsindustrie. Ist das ernst zu nehmen, oder sind das Lippenbekenntnisse?
Das wurde in der Vergangenheit auch schon gefordert. Bisher waren es Lippenbekenntnisse. Stattdessen wurde man immer nationaler. Länder haben sogar angefangen, nationale Champions aufzubauen. Ich sehe noch nicht, dass man glaubhaft davon weggekommen ist. Nationale Alleingänge machen Europa nicht so stark, wie es sein könnte, und das wiederum schwächt unsere Position gegenüber den USA.
Obwohl die Bedrohungslage noch nie so ernst war. Moskau führt einen hybriden Krieg, steht im Verdacht, Drohnen in Deutschland fliegen zu lassen, Kabelbäume bei der Marine zu kappen … Wie viel Sabotage haben Sie schon in Ihrer Produktion festgestellt?
Darüber werden wir öffentlich keine Auskunft geben.
Es gab also schon Sabotage bei Airbus.
Noch einmal, dazu äussern wir uns nicht. Aber wir stellen fest, dass wir ausgespäht werden. Wir sind Gegenstand des Interesses, vermutlich von staatlichen Akteuren.
Und wie haben Sie das gemerkt?
Vor kurzem sind mehrere Drohnen über einem unserer Standorte geschwebt und haben sich nicht mit den Mitteln der Polizei zur Landung zwingen lassen.
Der Verdacht liegt nahe, dass sich Russland für Sie interessiert. Der Eurofighter ist im Baltikum an der Grenze im Polizeieinsatz. Wie nehmen Sie das technologische Niveau der Russen im Vergleich zum Westen wahr?
Der Eurofighter ist ein sehr gutes Flugzeug der 4,5. Generation. Die Russen besitzen mittlerweile ein Flugzeug, die SU-57, die an die fünfte Generation herankommt. Noch nicht in grossen Stückzahlen, aber die Russen haben ein modernes Flugzeug, das sich durchaus mit westlichen Produkten messen kann.
Laut Elon Musk ist das allerdings eine Diskussion von gestern. Kampfjets seien total überholt, und der Drohne gehöre die Zukunft. Produziert Airbus Defence gerade Oldtimer?
Überhaupt nicht, und ich bestreite, dass Elon Musk zu hundert Prozent recht hat. Ja, es wird in Zukunft deutlich mehr unbemannte Systeme geben. Wenn Sie sich aber zum Beispiel die Israeli anschauen, dann sind sie mit Kampfflugzeugen durch die russisch bestückte Abwehr in der Luft in Iran durchgekommen.
Wann ist es so weit, dass die KI-Drohne den Kampfpiloten schlägt?
Wenn Sie einzelne Manöver nehmen, für die Sie eine spezielle KI trainieren, dann kann sie das heute schon erreichen. Aber Sie wissen ja nicht immer genau, welche Situation in einem Konflikt dann entsteht. Bis dieser Überraschungsmoment abgedeckt ist, wird es noch ein paar Jahre dauern. Und dann gibt es darüber hinaus noch die Frage der «Kill Chain», mit der sich zumindest die Europäer beschäftigen werden. Man möchte den Menschen als kritische Kontroll- und Entscheidungsinstanz unbedingt behalten – und das ist auch gut so.
Als letzte Instanz.
Ja.
Die Entscheidung über Leben und Tod bleibt am Ende als einzige Aufgabe für den Menschen übrig?
Man muss sich Krieg als eine sehr dynamische, teilweise sehr unklare Situation vorstellen, in der ich keine genaue Information habe. Und wenn ich ungenaue Informationen habe, dann weiss ich auch nicht immer, was ein KI-System mir dann ausspuckt. Insofern gibt es schon noch an vielen Stellen eine starke Berechtigung für den Menschen.
Sie haben vorher gesagt, Elon Musk habe sicher nicht zu hundert Prozent recht. Aber mit seinen technologischen Einschätzungen liegt er nun einmal oft richtig. Sein Satellitengeschäft Starlink führt im Satellitengeschäft von Airbus zu einer blutigen Disruption. Sie müssen bis zu 2000 Stellen abbauen. Sind die Amerikaner einfach besser als Sie?
Also, sie sind nicht per se besser. Wir sind in vielen Bereichen mindestens ebenbürtig.
Aber deren Satelliten sind schneller und effizienter.
Elon Musk hat sich auf eine sehr bestimmte Art von Satelliten fokussiert, im sogenannten Low Earth Orbit. Weil er dort am besten kommerziell nutzbare Telekommunikationsdienste anbieten kann. Das hat Airbus mindestens genauso früh erkannt. Und wir haben eine eigene Konstellation gebaut, die auch heute fliegt. Die heisst One Web. Aber Europa wollte davon nichts wissen.
Die Politik ist schon wieder an allem schuld.
Wir geniessen nun mal nicht wie Elon Musk Subventionen in zweistelliger Milliardenhöhe, die in indirekter Form über Staatsaufträge des Verteidigungsministeriums und der Nasa an ihn fliessen. Und dann machen die Amerikaner natürlich vieles besser als wir. Sie können skalieren, haben genügend Mittel und ziehen es einfach durch. In Europa wollen wir immer sehr zielgenau mit möglichst wenig Investitionen eine gute Lösung erreichen. Damit läuft man Gefahr, von einer technischen Innovation überholt zu werden.
Das heisst, Sie sind jetzt technisch bereits hinter der Welle.
Nein, aber wir hinken hinterher, was die reine Skalierungsfähigkeit der Amerikaner angeht. Wir können genauso gute oder bessere Satelliten als Einzeltechnik bauen. Die Amerikaner pumpen einfach die Masse ins All. Sie sind jetzt bei 7000 Satelliten. Für deren Starlink-Konstellation sollen es am Ende 30 000 oder 40 000 sein. Und die Europäer führen gerade lange Verhandlungen unter dem Namen Iris 2, um 300 bis 400 Satelliten ins All zu bringen.
Das klingt nach einer klaren Niederlage. Sie wollen sich jetzt in ein Gemeinschaftsunternehmen mit Thales und Leonardo flüchten. Ist das Ihre letzte Chance, das Überleben zu sichern?
Wir glauben, dass es eine Chance sein könnte, Europas «Space-Airbus» zu bauen. Die Schaffung eines europäischen Players, um sich mit globalen Wettbewerbern messen zu können, war schon einmal erfolgreich. Wir brauchen den Export, auch weil Europa allein zu klein ist und nicht genügend kauft.
Space hat natürlich auch eine geopolitische Seite. Auf der Starlink-Karte gibt es immer weniger weisse Flecken. Sogar auf hoher See können Jachtbesitzer damit Netflix schauen. Der Ukraine-Krieg hängt davon ab, das iPhone funktioniert neuerdings mit Starlink. Am Ende droht ein globales Monopol.
Das wird tatsächlich geschehen, wenn die Europäer jetzt nicht ganz schnell gegenhalten. Sonst braucht man, platt gesagt, auch keine europäische Telekommunikationsindustrie mehr. Eine völlige Dominanz der Informationshoheit kann sich Europa sicherlich nicht wünschen.
Gibt es eine Lösung?
Selbst wenn wir nicht dieselbe Effizienz wie die Amerikaner auf die Strasse bringen, muss man es sich einfach leisten.
Sozusagen als Daseinsvorsorge, unrentabel, teuer, aber existenziell?
Existenziell, ja. Ich denke da vor allem an das Thema Verteidigung. Der Weltraum wird bewaffnet. So leid mir das tut und so gerne ich helfen würde, einen Weg zu finden, das zu verhindern. Wir müssen dieser Realität ins Auge blicken.
Das wusste schon Ex-US-Präsident Ronald Reagan.
Sein SDI-Programm war aber nur teilweise im Weltraum basiert. Da kamen noch viele Raketen vom Boden, die mögliche Interkontinentalraketen abschiessen sollten. Was die Amerikaner jetzt mit dem Iron Dome vorhaben, wird sicherlich auch Bewaffnungskomponenten im All beinhalten. Was Chinesen, Russen und Nordkoreaner diesbezüglich tun, wissen wir nicht wirklich.
Was sagen denn Ihre Geheimdienstkontakte?
Ich habe ja gesagt, dass ich davon ausgehe, dass der Weltraum bewaffnet wird – im schlimmsten Fall sogar nuklear. Es stellt sich also die Frage, wie sich die kritische Infrastruktur schützen lässt. Es braucht auch Fähigkeiten, Satelliten eines Gegners aus dem Orbit zu ziehen, zu blenden oder zu stören. Europa muss sich dessen bewusst sein und auch danach handeln, wenn wir noch eine Rolle spielen wollen.
Ist der dritte Weltkrieg ein Hirngespinst von Schwarzmalern, oder ist er eine reale Gefahr?
Ich fürchte, das ist eine reale Gefahr angesichts der Vorfälle im Cyberraum und der hybriden Attacken. Man weiss ja bei einem Weltkrieg nicht genau, wann er anfängt. Das ist immer erst im Rückblick klar. Ich sage nicht, dass wir schon in diesem Stadium sind, aber es gibt Dimensionen, die gewiss nichts mehr mit Frieden zu tun haben.
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