Der Streit im Weissen Haus eskaliert, und die Welt schaut live zu. Wie konnte es so weit kommen? Und hat der Eklat etwas mit der Biografie der zwei Präsidenten zu tun? Eine Spurensuche in 11 Anekdoten.
Es ist Sonntag, der 21. April 2019, als Donald Trump und Wolodimir Selenski zum ersten Mal miteinander sprechen. Präsident Trump hat das Wochenende in seinem Privatklub Mar-a-Lago in Florida verbracht und sitzt in der Air Force One auf dem Weg zurück nach Washington. In Kiew ist es fast Mitternacht, als er den frisch gewählten ukrainischen Präsidenten Selenski anruft.
Trump: «Gratuliere zu einer phantastischen Wahl.»
Selenski: «Danke vielmals. Wir haben versucht, unser Bestes zu geben. Wir hatten Sie als grossartiges Vorbild.»
Trump: «Ich habe keinen Zweifel daran, dass Sie ein phantastischer Präsident werden!»
Selenski: «Es gibt keine Worte, um unser wunderschönes Land zu beschreiben. Wie nett, warmherzig und freundlich unsere Leute sind und wie lecker unser Essen ist. Am besten, Sie sehen es sich selbst an. Ich lade Sie ein.»
Trump: «Ich stimme Ihnen zu, was Ihr Land betrifft, und freue mich.»
Das Gespräch dauert 16 Minuten und wird später in einem Memorandum des Weissen Hauses veröffentlicht. Es zeichnet das Bild von zwei Männern, die sich zu mögen scheinen, sich schmeicheln und sich gegenseitig einladen. Sie werden sich in den folgenden Jahren drei Mal persönlich treffen und mehrmals miteinander telefonieren.
Bei ihrem dritten Treffen im Februar 2025 enden die diplomatischen Höflichkeiten abrupt. Trump wirft Selenski im Oval Office vor laufenden Kameras vor: «Sie setzen das Leben von Millionen Menschen aufs Spiel. Sie riskieren einen dritten Weltkrieg.»
Es scheint das Ende aller Sympathien zu sein. Dabei gibt es im Leben von Trump und Selenski einige Parallelen: Beide sind Quereinsteiger, die ohne klassische Politikerkarriere an die Macht kommen. Beide sind Medienprofis, die das Fernsehen für ihre Zwecke zu nutzen wissen, Trump als Reality-TV-Star, Selenski als Schauspieler und Komiker. Und beide sind Politiker, die sich als Kämpfer gegen das Establishment inszenieren.
Was verbindet sie wirklich? Und was unterscheidet sie voneinander? 11 Anekdoten aus ihrem Leben.
1. Kindheit
Gangs und Theater
In der Schule kann Donald Trump nicht stillsitzen. Er stört oft den Unterricht und prügelt sich mit anderen Jungen. Die Lehrerinnen sind überfordert, der Vater ärgert sich über die mangelnde Disziplin seines 1946 geborenen Zweitjüngsten. Fred Trump hat sich als Immobilienunternehmer einen Namen gemacht im New Yorker Bezirk Queens und gehört zu den Gönnern der Privatschule, die Donald und seine vier Geschwister besuchen.
Donald langweilt das Leben im wohlhabenden Elternhaus mit Koch und Chauffeur in Queens. An den Wochenenden zieht er mit anderen Jungs durch Manhattan, wo er sich, angeregt durch Berichte über Strassengangs, eine Sammlung von Springmessern zulegt. Als sein Vater diese entdeckt, verbannt er den 12-Jährigen auf die New York Military Academy, ein Privatinternat weit weg von zu Hause. In dem harten Umfeld, in dem Lehrer Schüler körperlich züchtigen und starke Jungen die schwachen drangsalieren, wird Donald Trump zum Bully. «Ich habe dort gelernt, zu überleben», wird er später dem Biografen Michael d’Antonio erzählen. «Und ich habe kapiert, dass Gewinnen die einzige Möglichkeit ist.»
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Der 1978 geborene Wolodimir Selenski wächst in Kriwi Rih, einer heruntergekommenen Industriestadt in der Südukraine, auf. Viele Teenager gehören hier Gangs an, die sich gegenseitig verprügeln und mit Messern attackieren. Aber Wowa, wie ihn hier alle nennen, hält Distanz zu den Banden. Auch optisch. Er trägt keine Trainerhosen und Lederjacken wie die Gangmitglieder, sondern 1950er Look: Hosenträger, karierte Blazer, gepunktete Krawatten. Wowa liebt das Theater und spielt auf der Gitarre Beatles-Songs.
Doch Wowa ist kein Aussenseiter. Er weiss: In dieser Stadt bist du vor Gegnern nur sicher, wenn du viele Freunde hast. Wowa ist immer von Freunden umgeben. Schon im Kindergarten und beim Spielen im Hof der Plattensiedlung habe er stets einen Kreis von Gleichaltrigen um sich gehabt, die ihn als ihren Anführer betrachteten, wird sich seine Mutter später erinnern. «Er mochte die anderen Kinder, und die anderen Kinder mochten ihn.»
2. Väter
Hohe Erwartungen und eine Ohrfeige
Fred Trump ist ein strenger Vater. «Er liess nie etwas gut sein», sagt Donald Trump später einem seiner Biografen. Trump senior bringt dem Sohn bei, dass nur der Sieg zähle und es egal sei, wie man zum Sieger werde. In seinem Buch «The Art of the Deal» schreibt Donald Trump 1987, von seinem Vater habe er Härte gelernt. Gleichzeitig bemüht er sich, den finanziellen Einfluss des Vaters kleinzureden. Er macht sich lustig über reiche Erben, die er «Lucky Sperm Club» nennt.
Investigativjournalisten werden später nachweisen, dass Fred Trumps Vermögen für den Aufstieg von Donald Trump entscheidend war und der Vater dem Sohn bis ins hohe Alter immer wieder unter die Arme griff. Doch das passt nicht zum Image, das Donald Trump kreieren will: «Die arbeitenden Menschen lieben mich, weil sie wissen, dass ich aus einfachen Verhältnissen komme und alles eigenhändig aufgebaut habe», schreibt er in «The Art of the Deal».
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Ein einziges Mal wird Selenski von seinem Vater geschlagen. Seine Eltern, ein Hochschullehrer für Kybernetik und eine Ingenieurin, legen viel Wert auf die Ausbildung ihres einzigen Sohns. Bildung scheint für eine jüdische Familie die einzige Möglichkeit, sich in der ehemaligen Sowjetrepublik gesellschaftlich zu behaupten. Sein Vater möchte, dass er Mathematik studiert, aber Selenski interessiert sich mehr für Musik, Literatur und die Comedy-Truppe, in der er mitspielt. Als er mehrmals hintereinander nicht so gute Noten in Mathematik nach Hause bringt, hat der Vater genug. Er bereue es bis heute, dass er seinen Sohn geschlagen habe, wird Oleksandr Selenski später in einem Fernsehinterview sagen. Aber es habe genützt: «Danach hat er alle Gleichungen in kurzer Zeit gelöst.»
Selenski bleiben andere Lehren seines Vaters in Erinnerung: Er habe von ihm Disziplin und logisches Denken gelernt. So sei es ihm später auch gelungen, dem Vater zu erklären, wieso er einen anderen Weg einschlagen und nicht Mathematik studieren wolle: «In dem, was du machst, werde ich nie besser sein als du. Und schlechter zu sein als du in deinem akademischen Beruf, ist nicht das, was ich will. Ich will die Nummer eins sein.»
Am 25. Juli 2019 telefonieren Trump und Selenski zum zweiten Mal. Diesmal bleibt es nicht bei Höflichkeiten: Trump will etwas. Er denkt schon an seine Wiederwahl. Er drängt Selenski, gegen seinen Rivalen Joe Biden und dessen Sohn Hunter wegen Korruption ermitteln zu lassen. Hunter Biden sass zwischen 2014 und 2019 im Verwaltungsrat eines ukrainischen Gasunternehmens, und Trump behauptete, Vater Biden habe seinen Sohn vor einem Strafverfahren geschützt.
Trump: «Ich möchte, dass Sie uns einen Gefallen tun, weil unser Land vieles durchmachen musste und die Ukraine viel darüber weiss. (. . .) Es gibt viel Gerede über Bidens Sohn, dass Biden die Anklage stoppte, und viele Leute wollen mehr darüber wissen. Was immer Sie mit dem Justizminister tun können, wäre grossartig.»
Selenski: «Wir werden uns der Sache annehmen und an der Untersuchung arbeiten. Ich möchte Sie aber höflich darum bitten, uns zusätzliche Informationen zukommen zu lassen, falls Sie diese haben.»
Trump: «Ich prophezeie, dass es Ihrer Wirtschaft besser und besser gehen wird. Sie haben viele Fähigkeiten. Es ist ein grossartiges Land. Ich habe viele ukrainische Freunde – grossartige Leute.»
Selenski wird Trumps Bitte nicht nachkommen. Das 30-minütige Gespräch wird später zur Staatsaffäre und führt zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen den amerikanischen Präsidenten. Trump wird vorgeworfen, 400 Millionen Dollar Militärhilfe für die Ukraine zurückgehalten zu haben, um Selenski unter Druck zu setzen. Das Impeachment scheitert, aber die Affäre trübt die Beziehung zwischen den beiden Präsidenten.
3. Rampenlicht
Rosa Marmor und derbe Auftritte
Im Dezember 1987 feiert Donald Trump die Publikation seines Buches «The Art of the Deal» mit rund tausend Gästen im Trump Tower. Umgeben von rosa Marmor trinken Männer in Smoking und Frauen in Abendgarderobe Champagner, als der Moderator Donald und Ivana Trump ankündigt: «Hier kommen der König und die Königin!»
Das Buch über den Aufstieg des Immobilien-Tycoons wird monatelang an der Spitze der Bestsellerlisten stehen und Millionen von Dollars einbringen. Geschrieben hat «The Art of the Deal» der Journalist Tony Schwartz. Er begleitete Trump eineinhalb Jahre lang, war bei seinen geschäftlichen Verhandlungen dabei und an den Wochenenden mit der Familie. Entstanden ist ein Buch über einen Selfmademan mit unvergleichlichem Gespür für Geschäfte und Verhandlungsgeschick. Tony Schwartz schafft den Mythos von Donald Trump, dem genialen Dealmaker. Später wird der Ghostwriter sagen: «I put lipstick on a pig» – «Ich habe einem Schwein Lippenstift aufgetragen.»
Als Trump zum ersten Mal für die Präsidentschaft kandidiert, erzählt Tony Schwartz dem «New Yorker» im Juli 2016, Trump könne sich nicht länger als ein paar Minuten konzentrieren. Es sei unmöglich, ein Gespräch mit ihm zu führen. Er belüge, betrüge und bedrohe seine Geschäftspartner und Kunden zudem ohne Scham. Trumps Reaktion auf den Artikel: «Tony hat das Buch nicht geschrieben. Ich habe das Buch geschrieben. Es ist mein Buch. Und es war ein Bestseller. Es war eines der meistverkauften Business-Bücher in der Geschichte.»
Die Vorwürfe, die Schwartz gegen ihn erhebt, scheinen Trump nicht zu interessieren. Die Amerikaner offenbar auch nicht. Sie wählen den «Dealmaker» im November 2016 zum Präsidenten.
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Während seines Jurastudiums verfolgt Selenski Ende der 1990er Jahre zum ersten Mal eine Gerichtsverhandlung. Er erwartet leidenschaftliche Wortgefechte zwischen Anklage und Verteidigung. Doch dann ist es im Saal nur langweilig. Selenski fragt sich, wo die spektakulären Auftritte bleiben. Als er das Gericht verlässt, weiss er: Dies ist keine Bühne für ihn. Er wird sich eine andere suchen müssen.
Bereits 2001 steht Selenski dann vor einem Millionenpublikum. Im Fernsehen wird das Finale des KWN, des «Klubs der Witzigen und Einfallsreichen», übertragen. Bei dem populären Humorwettbewerb, der von Moskau aus organisiert wird, treten Teams mit Sketchen gegeneinander an. Selenski hat es mit seiner Truppe «Kwartal 95» mit derben Auftritten als naiver Junge vom Land oder als überforderter Manager in die oberste Liga geschafft. In seinen Sketchen veräppelt er Figuren, die die Leute kennen.
Im Finale führt Selenski «Ein zum Tanzen geborener Mann» auf. Darin spielt er einen Russen, der einem Ukrainer sein Leben erzählt und dabei nicht aufhören kann, zu tanzen. Er kombiniert dabei Twist-Hüftschwünge, Ballett-Figuren und Schrittfolgen aus kaukasischen Tänzen zu einer wilden Performance. Die Szene gipfelt darin, dass der Russe und der Ukrainer so tun, als würden sie sich gegenseitig von hinten penetrieren. «Die Ukraine fickt immer Russland», sagt Selenski, «und Russland fickt immer die Ukraine.» Obwohl er damit an die Grenze des Sagbaren geht, gewinnt sein Team die Meisterschaft.
4. Politische Anfänge
Träume und ein Béret
In einem Fernsehinterview mit Oprah Winfrey deutet Donald Trump 1988 an, dass er eine Kandidatur für das Präsidentenamt nicht ausschliesse. Er ist 42 Jahre alt. Mit dem Trump Tower in Manhattan hat er sich ein Denkmal gesetzt, und er gehört mit seiner Gattin Ivana, einem ehemaligen Model aus der Tschechoslowakei, zur High Society New Yorks. Er liebt die Aufmerksamkeit, und wenn die Boulevardmedien einmal ein paar Tage nichts über ihn berichten, streut er selbst Gerüchte, die für Schlagzeilen sorgen. Zum Beispiel, dass Prinz Charles mehrere Wohnungen in seinem Trump Tower kaufen wolle.
Immer wieder lässt er politische Ambitionen anklingen. Doch erst 1999 wird es konkret: In einem Interview mit dem Talkmaster Larry King gibt Trump seine Teilnahme an den Vorwahlen der Reformpartei von Ross Perot bekannt. Die Demokraten seien zu links, die Republikaner zu rechts, deshalb überlege er es sich, Präsident zu werden, sagt er. «Aber ich habe viel zu verlieren, Larry. Ich bin der mit Abstand grösste Bauunternehmer in New York. Ich baue 90-stöckige Hochhäuser überall in der Stadt, und zwar in der heissesten Stadt . . . Ich will damit sagen, ich bin der grösste Bauunternehmer in der heissesten Stadt der Welt.»
Ende der 1990er Jahre sind jedoch viele von Trumps Prestigeprojekten gescheitert, und er ist hoch verschuldet. Dank seinen guten Beziehungen tun sich aber immer wieder neue Finanzierungsmöglichkeiten auf. Trump sichert sich nach allen Seiten ab: Er ist erst Mitglied der Republikaner, dann der Reformpartei, der Demokraten und schliesslich wieder der Republikaner. Zwischen 1995 und 2016 spendet er über drei Millionen Dollar an Politiker aus allen drei Parteien.
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Im Frühjahr 2014 annektiert Russland handstreichartig die Krim, auch im Donbass brechen erste Gefechte aus. Im Sommer tourt Selenski mit seiner Comedy-Truppe durch den Donbass. Er tritt auf Militärstützpunkten und an der Front vor ukrainischen Soldaten auf, die gegen die Russen kämpfen. Nach einer dieser Shows schenkt eine Witwe Selenski das Béret ihres gefallenen Mannes. Es werde ein Glücksbringer sein, sagt sie. Selenski solle für das Präsidentenamt kandidieren. Auch einige Soldaten ermuntern ihn zu einer Kandidatur. Doch Selenski nimmt diese Stimmen nicht ernst, zumindest vorerst.
Am 25. September 2019 begegnen sich Trump und Selenski zum ersten Mal. Sie treffen sich am Rande der Uno-Generalversammlung in New York vor Journalisten. Wieder geht es um das brisante Telefonat vom Sommer. Die beiden bemühen sich, den Konflikt herunterzuspielen.
Selenski: «Wir hatten, denke ich, ein gutes Telefongespräch. Es war normal. Wir sprachen über viele Dinge. Niemand hat mich gedrängt.»
Trump: «Mit anderen Worten: Kein Druck.»
Selenski: «Wir sind ein unabhängiges Land.»
Trump: «Sein (Selenkis) Ruf ist absolut hervorragend. Es ist eine Ehre, mit Ihnen hier zu sein.»
Selenski: «Können Sie mir Ihr Wort geben, dass Sie in unser grossartiges Land kommen?»
Trump: «Nun, ich werde es versuchen. Ich kenne viele Leute aus der Ukraine. Vor ein paar Jahren gehörte mir einmal der Miss-Universe-Schönheitswettbewerb. Und da hatten wir eine Gewinnerin aus der Ukraine.»
Später stellt sich heraus: Es gab nie eine ukrainische Miss Universe.
5. Fernseherfolg
Der Boss und der Geschichtslehrer
Der Fernsehproduzent Mark Burnett verpflichtet Donald Trump als Star einer Reality-TV-Show, die 2004 zum ersten Mal ausgestrahlt wird. Trump hält nicht viel von dem Genre, er bezeichnet es als Fernsehen für den Pöbel. Doch er erkennt, dass «The Apprentice» ihm die Chance bietet, die Marke Trump populärer zu machen.
Zu dieser gehören neben Wolkenkratzern, Spielkasinos und Golfklubs mittlerweile auch Parfums, Turnschuhe und Videospiele – und sogar eine Universität und eine Fluggesellschaft. Das Konzept der Show ist einfach: Sechzehn Kandidaten kämpfen um einen Einjahresvertrag als Mitarbeiter in einer der Trump-Firmen. Für Donald Trump ist anfangs nur eine kleine Rolle vorgesehen. Doch schon in der ersten Folge zeigt sich, dass er Talent zum Showmaster hat. Sein Spruch «You’re fired!» wird zum Markenzeichen der Sendung, und das Drehbuch wird ganz auf ihn ausgerichtet.
Die erste Staffel erreicht 28 Millionen Zuschauer, und Trump schafft es, das Publikum zwölf Jahre lang zu faszinieren. Er lernt, dass man konstant Konflikte und Emotionen schüren muss, um Spannung aufzubauen. Ob ihn die Zuschauer lieben oder hassen, ist ihm gleichgültig. Hauptsache, er hat ihre Aufmerksamkeit. Auch als Präsident wird er später die ganze Welt auf diese Weise unterhalten.
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«Warum haben wir ein solches Hundeleben? Es gibt niemanden, den man wählen könnte! Wem soll man denn seine Stimme geben? Immer dem weniger miesen von zwei Vollidioten. Und so geht das schon seit 25 Jahren.» Der Geschichtslehrer Wassil Holoborodko, gespielt von Selenski, enerviert sich über die ukrainische Politik. Ein Schüler filmt die Tirade, diese geht viral, und der unbekannte Geschichtslehrer wird zum ukrainischen Präsidenten gewählt. Das ist die Ausgangslage der Serie «Diener des Volkes», die Selenski ab 2015 dreht. Es ist der Anfang seiner eigenen Politkarriere, obwohl er damals noch nichts davon ahnt.
Der Protagonist sei eine «völlig fiktive Phantasiefigur», sagt seine Frau Olena einmal, aber in den Augen des Publikums verschmilzt Selenski über die Jahre mit dem aufrechten Geschichtslehrer, den er spielt. Die drei Staffeln treffen einen Nerv bei den Ukrainerinnen und Ukrainern, die genug haben von der Korruption und den mächtigen Oligarchen. Allerdings ist es ausgerechnet ein solcher Oligarch, der Selenski diesen Erfolg ermöglicht: der zwielichtige Ihor Kolomoiski, einer der reichsten Männer des Landes. Ihm gehört der Sender, auf dem Selenskis Serie läuft. Und als Selenski Ende 2018 seine Kandidatur als echter Präsident bekanntgibt, unterstützt Kolomoiski den Wahlkampf.
Dieser Wahlkampf ist inspiriert von der Fiktion: Selenski verspricht, mit der Korruption aufzuräumen und die Macht der Eliten zu brechen. Die Wirklichkeit übertrifft die Phantasie sogar: Als Selenski im April 2019 zum Präsidenten gewählt wird, schlägt er seine eigene Figur. Er gewinnt den zweiten Wahlgang mit 73 Prozent der Stimmen. Der Geschichtslehrer in der Serie hatte nur 67 Prozent erhalten.
6. Reichtum
Prahlerei und Scham
Im Wahlkampf 2016 sagte Donald Trump gegenüber amerikanischen Medien: «Ich bin reich, wirklich, wirklich reich.» Er prahlt gerne mit seinem Vermögen, das er als Beweis für seine Geschäftstüchtigkeit und seine Eignung fürs Präsidentenamt sieht.
Wie reich Trump tatsächlich ist, weiss niemand so genau. 2005 spricht er von einem grossartigen Jahr, in dem er sein Vermögen verdreifacht habe. Es belaufe sich auf über 6 Milliarden Dollar. «Forbes» schätzt es allerdings auf 2,8 Milliarden. Und dann erschien das Buch «Trump Nation» von Timothy O’Brien. Der Investigativjournalist kommt nach langen Recherchen innerhalb des Trump-Konzerns zu dem Schluss, dass dieser höchstens 150 bis 250 Millionen Dollar wert sei. Donald Trump verklagt O’Brien erfolglos wegen Verleumdung. In den folgenden Jahren wird er immer wieder gegen Journalisten klagen, die seinen Reichtum infrage stellen. Bis 2020 publik wird, dass Trump seit 2005 kaum Einkommenssteuern bezahlt hat, weil sein Imperium mehr Verluste als Gewinne machte.
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«Über mein Einkommen spreche ich nicht gern», sagt Selenski in einem Interview 2018. «Ich schäme mich dafür.» Sein Vermögen trennt ihn von den einfachen Bürgern. «Die Leute haben kein Geld. Ich möchte ihnen mein Vermögen nicht unter die Nase reiben. Sie haben es schwer genug.» Selenski stammt selbst aus eher einfachen Verhältnissen, inzwischen ist er mehrfacher Millionär geworden – dank Einnahmen aus seinen Film- und Fernsehproduktionen. Trotzdem versucht er sein Vermögen zu verschleiern: Ein grosser Teil seines Geldes liegt auf Offshore-Konten, unter anderem in Zypern, wie die Panama-Papers 2021 zeigen. Zudem werfen ihm Journalisten vor, eine Villa in der Toskana zu besitzen, die er bei der Präsidentschaftskandidatur nicht angegeben hat, wie es vorgeschrieben wäre. Selenski reagiert auf die Vorwürfe mit ungeschickten Ausreden. Er behauptet, er habe die Villa vergessen. Inzwischen gehört das Anwesen einer Firma seiner Ehefrau.
7. Kriegsausbruch
Mut und eine Botschaft
Der 24. Februar 2022, der Tag, der die Welt verändert, beginnt für Wolodimir Selenski morgens um 4 Uhr 30. Der Deutsche Schäferhund und der Papagei der Familie merken als Erste, dass etwas nicht stimmt. Sie sind nervös. Dann ertönen die ersten Explosionen. Als seine Frau aufwacht, sagt Selenski zu ihr ein Wort auf Russisch, der Sprache, die sie daheim am häufigsten sprechen: «Natschalos», es hat begonnen.
Um 5 Uhr trifft Selenski in seinem Büro ein, um 6 Uhr unterschreibt er die Kriegsrechtserklärung, um 6 Uhr 30 nimmt er mit dem Mobiltelefon eine 66-sekündige Nachricht für die Ukrainerinnen und Ukrainer auf: «Was heute von Ihnen verlangt wird, ist Ruhe, von jedem Einzelnen von Ihnen. Ich werde mich bald wieder melden. Geraten Sie nicht in Panik. Wir sind stark. Wir sind zu allem bereit.» Die erste Telefonnummer, die Selenski an diesem Morgen wählt, ist die des britischen Premierministers Boris Johnson. Später melden sich zahlreiche Staats- und Regierungschefs bei ihm. Auch der amerikanische Präsident Joe Biden ruft an und sagt: «Die Amerikaner stehen an eurer Seite, und die Welt steht an eurer Seite.»
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In New York äussert sich auch Donald Trump zum Kriegsbeginn. Er nennt ihn «schrecklich» und sagt, Selenski sei «mutig», dass er in Kiew bleibe. In einem Interview mit einer konservativen Radiostation sagt er am selben Tag aber über Putin: «Das ist genial. Das ist ein Mann, der sehr klug ist. Ich kenne ihn sehr gut.» Zudem behauptet Trump, unter ihm wäre es nie zum Krieg gekommen.
Am 27. September 2024 stehen Trump und Selenski im Trump Tower in New York vor den Fernsehkameras. Es ist das zweite Treffen. Zwei Monate vor den amerikanischen Wahlen versucht Selenski, sich abzusichern. Einen Tag zuvor hat er auch Kamala Harris getroffen.
Selenski: «Ich freue mich auf das Gespräch mit Ihnen. Wir haben die gemeinsame Sicht, dass der Krieg beendet werden und die Ukraine dabei bestehen bleiben muss. Wir müssen auf jeden Fall versuchen, Putin zu stoppen.»
Trump: «Es geht darum, sich mit beiden Parteien an den Tisch zu setzen. Er (Selenski) ist durch die Hölle gegangen, sein Land ist durch die Hölle gegangen. Wir haben eine sehr gute Beziehung, und wie Sie wissen, habe ich auch eine sehr gute Beziehung zu Putin.»
Selenski: «Ich denke, wir beide haben die bessere Beziehung.»
Trump: «Es braucht zwei für einen Tango.»
Selenski ahnte schon vor dem Treffen, dass es schwierig werden könnte. In einem Interview, das er kurz vorher mit dem «New Yorker» führt, sagt er: «Ich habe das Gefühl, dass Trump nicht wirklich weiss, wie er den Krieg beenden kann, auch wenn er vielleicht denkt, er wüsste es.»
8. First Ladies
Business und Distanz
Am 20. Januar 2025 wird Donald Trump zum zweiten Mal Präsident. Bevor er den Amtseid im Capitol ablegt, versucht er Melania, seine dritte Frau, zu küssen. Doch die riesige Krempe ihres Hutes ist im Weg, und so kann er ihr nur aus der Distanz ein Küsschen zuhauchen.
Melania steht bei der Vereidigung neben ihm und hält die Bibel. Das Paar ist sonst kaum mehr zusammen zu sehen. Er verbringt seine Zeit zwischen dem Weissen Haus und Mar-a-Lago. Sie wohnt im Trump Tower zusammen mit dem Sohn Baron, der in New York studiert. Trump-Mitarbeiter haben gegenüber dem Biografen Michael Wolff bestätigt, was unter Journalisten in Washington ein offenes Geheimnis ist: Die Ehe ist für beide nur noch ein Geschäftsdeal. Melania steht für wichtige Auftritte und Fototermine zur Verfügung, dafür kann sie von ihrer Position als Präsidentengattin profitieren. Sie hat ihre eigene Kryptowährung, eine Kosmetikmarke und ein Schmucklabel. Vor kurzem hat sie Amazon für 40 Millionen Dollar zudem die Rechte für einen Dokumentarfilm und eine Serie über ihren Alltag als First Lady verkauft.
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Am 25. Januar 2023 postet Olena Selenska in den sozialen Netzwerken eine Nachricht an ihren Ehemann; es ist sein 45. Geburtstag. «Ich werde oft gefragt, wie du dich in diesem Jahr verändert hast. Und ich antworte immer: Er hat sich nicht verändert. Er ist derselbe. Derselbe Typ, den ich kennengelernt habe, als wir 17 waren.» Nur eines habe sich verändert, schreibt sie weiter. «Du lächelst jetzt viel weniger.»
Die beiden haben sich während dem Studium Mitte der 1990er Jahre kennengelernt. Olena kann anfangs nicht glauben, dass Wolodimir sich für sie interessiert. Er und seine Freunde seien immer von den hübschesten Mädchen umgeben gewesen, erzählt sie einmal. 2003 heiraten die beiden, und sie bekommen zwei Kinder. Die ausgebildete Bauingenieurin schreibt auch Drehbücher für seine Produktionen.
Olena unterstützt Wolodimir in seiner Karriere – bis auf ein einziges Mal: Sie ist gegen seine Präsidentschaftskandidatur, weil sie befürchtet, dass er dann noch weniger Zeit haben wird für die Familie, und First Lady will sie auch nicht sein. Bis zum Schluss hofft sie, er möge nicht gewinnen.
Seit Ausbruch des Krieges leben Olena und die Kinder aus Sicherheitsgründen getrennt von Wolodimir. Sie sehen sich nur selten. Diese Zeit habe sie aber nur noch enger verbunden, sagt Olena im August 2024 in einem Interview. «Ich muss ehrlich sein, ja, ich bin stolz auf ihn.»
9. Führungsstil
Magie und Loyalität
In Trumps Welt gibt es wenig langjährige Mitarbeiter, Geschäftspartner und Freunde. Beziehungen betrachtet er als Transaktionen. Andere Personen interessieren ihn nur, solange sie ihm nützen. Michael Wolff, dessen dritte Trump-Biografie «Alles oder nichts» in diesen Tagen erschienen ist, sagt in einem Interview: «In den vielen Jahren, in denen ich mich schon im Umfeld von Donald Trump bewege, habe ich niemanden getroffen, der ihn wirklich mag.»
Wie in seiner Reality-TV-Show, in der er glücklose Kandidaten mit «You’re fired!» verabschiedet, behandelt Trump auch sein Personal. Den Rekord für die kürzeste Anstellungsdauer stellt der Kommunikationsdirektor Anthony Scaramucci auf: Nach zehn Tagen im Job wird er im Juli 2017 von Sicherheitsleuten aus dem Weissen Hauses eskortiert.
Und doch hat Trump eine unvergleichliche Anziehungskraft auf die Menschen. «Es scheint fast etwas Magisches. Immer neue Leute steigen auf sein Karussell auf, angezogen von der Macht und dem Siegerimage», sagt der Biograf Wolff.
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Gleich nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 nutzt Selenskis stellvertretender Ministerpräsident all seine Kontakte. Michailo Fedorow, damals 31 Jahre alt, ist der frühere Wahlkampfleiter von Selenski. Nun amtiert er auch als Minister für digitale Transformation. Fedorow ruft Elon Musk an und überzeugt ihn, der Ukraine Zugang zum globalen Satellitennetzwerk Starlink zu gewähren, um die Kommunikation in Kriegszeiten aufrechtzuerhalten. Als Nächstes schreibt er eine Mail an Tim Cook, den Chef von Apple, und bittet diesen, er möge seinen App-Store für die Russische Föderation sperren. «Lieber Tim», schreibt er, «wir brauchen Hilfe. Im Jahr 2022 ist moderne Technologie vielleicht die beste Antwort gegen Panzer und Raketen.» Danach überzeugt er auch Google, Netflix und Paypal davon, Russland zu boykottieren.
Michailo Fedorow ist nur einer von vielen langjährigen Weggefährten Selenskis. Der ukrainische Präsident kann auf eine starke und loyale Entourage zählen. Sie besteht aus alten Freunden und Bekannten aus dem Unterhaltungsgeschäft. Einige werfen ihm deshalb Günstlingswirtschaft vor, andere kritisieren die grosse Machtkonzentration im Präsidialbüro, die mit dem Krieg noch stärker geworden ist. Selenski reagiert empfindlich auf solche Kritik. Sein Biograf Simon Shuster schreibt, er leide unter der «Schauspielerkrankheit»: dem ständigen Bedürfnis, geliebt und beklatscht zu werden. Selenskis erster Stabschef, der Anwalt Andri Bohdan, hat Shuster erzählt: «Auch Posts von anonymen, von vorne bis hinten gefakten Accounts bringen ihn um den Schlaf.»
10. Kommunikation
Tweets und Videobotschaften
In der Nacht auf den 31. Mai 2017 twittert Donald Trump aus dem Weissen Haus: «Trotz der andauernden negativen Presse covfefe . . .» Die Welt ist ratlos, und Trump lässt mehrere Stunden vergehen, bis er den Tweet löscht. Später kommentiert er den Vorfall mit einem weiteren Tweet: «Wer kann die Bedeutung von ‹covfefe› erraten??? Viel Spass!»
Als Präsident kommuniziert Trump fast nur über soziale Netzwerke. Er überhäuft seine Follower bis spät in die Nacht hinein mit euphorischen oder wütenden Posts. Er informiert sich auch über soziale Netzwerke und über das Fernsehen. Pressekonferenzen und Interviews gibt er kaum. Er mag Journalisten nicht. Kritiker bezeichnet er als «dreckige Lügner». Die amerikanische Nachrichtenagentur AP verbannt er von den Pressekonferenzen im Weissen Haus, weil sie sich weigert, den Golf von Mexiko wie von ihm angeordnet «Golf von Amerika» zu nennen.
Die sozialen Netzwerke scheinen wie gemacht für Donald Trump. Hier kann er sein Talent zur Selbstinszenierung, Zuspitzung und Konfrontation ausspielen. Er liebt kurze, prägnante Sätze mit vielen Ausrufezeichen. Und er liebt Superlative. Für ihn gibt es nur «grossartige Typen» oder «verdammte Versager». Verbündete werden so schnell zu Feinden.
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Das erste Video, das Selenski im Krieg aufnimmt, stammt vom Morgen des 24. Februar 2022. Vorher fragt er eine Beraterin, was die Menschen in der Ukraine denken, was sie schreiben und was im Internet los ist. Die Beraterin sagt: «Die Menschen fragen, wo ihr Präsident ist.» Daraufhin geht Selenski auf die Strasse, filmt sich und vier Regierungskollegen und sagt: «Wir sind hier, wir sind alle hier.» Es ist der Kommunikationsstil, den Selenski bis heute pflegt: Jeden Tag wendet er sich mit Videobotschaften ans Volk. Über 1300 Selfie-Videos hat er während des Kriegs schon aufgenommen und auf der Website der Regierung veröffentlicht. Sie sind sein eigenes Genre der Kommunikation geworden und zeigen einen ernsthaften, ruhig sprechenden Mann, der Militärkleidung trägt und dem Volk die politische Lage erklärt. Bei den Ukrainerinnen und Ukrainern kommt das gut an. Aber wenn man einem früheren Reality-TV-Star gegenübersitzt, braucht es etwas anderes.
Am 28. Februar 2025 kommt es zur dritten Begegnung zwischen Trump und Selenski. Sie ist anders als alle bisherigen: Die Welt sieht live zu, wie es im Weissen Haus zum Eklat kommt. Um die Mittagszeit schüttelt Trump Selenski am Eingang des West Wing die Hand und sagt, er sei heute ja ganz chic angezogen. Damit ist der Ton gesetzt. Eine Woche zuvor hat Trump Selenski gegenüber Reportern als Diktator bezeichnet – Selenski wiederum sagte über Trump, er lebe in einem Desinformationsraum. Die Stimmung ist angespannt, als sie gemeinsam mit Vizepräsident J. D. Vance im Oval Office zusammensitzen.
Vance: «Glauben Sie, es ist respektvoll, ins Oval Office der Vereinigten Staaten von Amerika zu kommen und die Regierung anzugreifen, die versucht, die Zerstörung Ihres Landes zu verhindern?»
Selenski: «Zunächst einmal hat während des Krieges jeder Probleme, sogar Sie. Aber Sie haben ein schönes Meer und spüren es jetzt nicht. Aber Sie werden es in Zukunft spüren. Gott bewahre.»
Trump: «Das wissen Sie nicht. Das wissen Sie nicht.»
Selenski: «Gott sei Dank befinden Sie sich nicht in einem Krieg.»
Trump: «Sagen Sie uns nicht, was wir spüren werden. Wir versuchen, ein Problem zu lösen. Sagen Sie uns nicht, was wir fühlen werden.»
Vance: «Haben Sie nur einmal Danke gesagt?»
Selenski: «Oftmals! Auch heute wieder.»
Trump: «Sie sind nicht in einer guten Position. Sie haben im Moment nicht die Karten in der Hand. Mit uns werden Sie Karten in der Hand haben.»
Selenski: «Ich spiele keine Karten. Ich meine es sehr ernst, Herr Präsident. Ich meine es sehr ernst.»
Als Trump das Gespräch nach über 40 Minuten beendet, sagt er wie der Showmaster von früher: «Das wird grossartige Fernsehunterhaltung.»
11. Zukunft
Sieg oder Niederlage
Im Dezember 2018 spricht Selenski über Siege und Niederlagen. Noch ist Selenski nur ein berühmter Schauspieler, der einen Präsidenten darstellt. Die Kandidatur fürs echte Präsidentenamt wird er erst ein paar Tage später, am Silvesterabend, verkünden. Das Interview mit dem Journalisten Dmitri Gordon dauert drei Stunden und verläuft harmlos. Niemand ahnt, wie viel gewichtiger seine Worte Jahre später klingen werden. «Wenn ich mich auf einen Kampf einlasse, dann laufe ich nicht davon», sagt Wolodimir Selenski. «Ich kann notfalls verlieren, aber ich mache mich nicht mittendrin aus dem Staub. Die weisse Flagge ist nicht meine Flagge!»
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Im Mai 2023 sitzt Donald Trump mit einer CNN-Journalistin in einem Town-Hall-Meeting, in dem Politiker Fragen von Wählern beantworten. Trump, der wieder Präsident werden will, sagt: «Ich werde diesen Krieg an einem Tag beenden. Ich werde Putin und Selenski treffen. Beide haben Schwächen, und beide haben Stärken, und innerhalb von 24 Stunden wird dieser Krieg vorbei sein.» Auch im Wahlkampf verspricht Trump, er werde den Konflikt schnell lösen. Noch ist ihm das nicht gelungen. Doch Trump will um jeden Preis einen Frieden vermitteln. Er hat einen Ruf zu verlieren. Er hat seine politische Karriere auf dem Versprechen aufgebaut, der beste Verhandlungskünstler der Welt zu sein.
Nach dem Streit im Weissen Haus suspendiert Trump die amerikanische Militärhilfe an die Ukraine, und Selenski unterwirft sich rhetorisch: «Mein Team und ich sind bereit, unter der starken Führung von Präsident Trump auf einen Frieden hinzuarbeiten.» Er weiss: Im Moment hat Trump in diesem Machtspiel die besseren Karten.
Quellen: Simon Shuster: Vor den Augen der Welt (2024); Wojciech Rogacin: Selenskyj – die Biografie (2022); Sergii Rudenko: Selenskyj (2022); Steven Derix, Marina Shelkunova: Selenskyj (2022); «Die Zeit»: Vertraute von Wolodymyr Selenskyj: Die Unbeugsamen (Februar 2023); «Daily Mail»: Ukraine’s First Lady Olena Zelenska ‹proud of resilient husband› (September 2024); «The New Yorker»: Donald Trumps Ghostwriter tells all (Juli 2016); Donald Trump and Tony Schwartz: Trump, the Art of the Deal (1987); Michael Wolff: All or Nothing (2025); Erstes Gespräch von Trump und Selenski vom 21. April 2019;
Zweites Gespräch von Trump und Selenski vom 25. Juli 2019; Erstes Treffen von Trump und Selenski am 25. September 2019; Transkript des Treffens am 28. Februar 2025 im Oval Office.