Hundert Jahre nach Willes Tod hat die Familie ein Einsehen: Sie hat das Archiv des Schweizer Oberbefehlshabers im Ersten Weltkrieg der Zentralbibliothek in Zürich übergeben.
Was lange dauert, wird endlich gut: Hundert Jahre nach seinem Tod ist der private Nachlass von Ulrich Wille (1848–1925) der Zentralbibliothek Zürich (ZB) übergeben worden. Die Familie des Oberbefehlshabers der Schweizer Armee im Ersten Weltkrieg hat ihr Archiv über den berühmten Vorfahren der Bibliothek vermacht, wie die ZB vor kurzem in einer Medienmitteilung schrieb. Sämtliche Dokumente des Nachlasses stehen somit der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung.
Erhalten sind neben Fotografien auch Briefe von Richard Wagner, Heinrich Heine, Gottfried Keller und dem britisch-deutschen Schriftsteller Houston Stewart Chamberlain an den späteren General. Geradezu berüchtigt sind Willes eigene Briefe an seine Frau Clara, eine geborene Bismarck. Auch diese Schriftstücke liegen nun in der ZB.
Gegen diesen Schritt hatten sich die Willes lange gewehrt. Erst recht nach der für sie unschönen Erfahrung mit dem Journalisten Niklaus Meienberg und dessen Knüller von 1987. Meienberg hatte die Abschriften dieser Korrespondenz im Ortsmuseum Meilen kurzerhand an sich genommen und fotografieren lassen.
Sein Pamphlet «Die Welt als Wille & Wahn» zeigte den General von seiner übelsten Seite: dominant, ungeduldig, gnadenlos mit allen, mit denen er sich herumschlagen musste, egal, ob Bundesrat, Generalstabschef oder Präsident der Vereinigten Staaten, über den er sich lustig machte («Armer Wilson!»).
Seiner Frau schreibt Wille unverblümt, was er denkt und fühlt. Das kann nun – endlich – analysiert und eingeordnet werden: Wille, der General. Wille, der Privatmann. Wille, der Polterer. Wille, der Sanftmütige (das war er ebenfalls). Jetzt können Historiker alle Seiten miteinander verbinden.
«General Wille, das ist Schweizer Geschichte pur», sagt Christoph Meyer, Direktor ad interim der ZB, in dem Communiqué der Bibliothek. Man erwarte grosses Interesse und neue Impulse für die Forschung. Manche Dokumente in Willes Nachlass müssen restauriert werden. Diese Arbeiten werden dieses Jahr beginnen, wie die ZB weiter mitteilt. Ausgewählte Archivalien sollen später digitalisiert und auf die Plattform E-Manuscripta hochgeladen werden.