Einblick in eine Filiale, die ganz auf Gourmet und Lebensmittel setzt – «Zürich»-Champagner inklusive.
Am Donnerstagabend ist die Pelzjacken-Dichte am Bellevue in der Stadt Zürich ungewöhnlich hoch. Damen in Stilettos und Herren in feinem Tuch reihen sich ein vor dem frisch renovierten Gebäude, dessen Eingang mit einer überdimensionalen rosafarbenen Schleife verziert ist. Eine Zeitlang reicht die Schlange über hundert Meter weit bis zum «Sternen-Grill».
So stellt man sich die Eröffnung eines schicken Klubs oder einer Galerie vor. Tatsächlich wird aber etwas anderes gefeiert: Die Goldküste hat ihre Globus-Filiale wieder, zum Pre-Opening am Donnerstag sind mehrere hundert Gäste geladen. Wer will, kann sich beim Eingang wie an einer Preisverleihung von Profis fotografieren lassen. Viele lassen sich diese Gelegenheit nicht entgehen.
Im Innern des Ladens gibt es kaum ein Durchkommen mehr. Das Personal balanciert kunstvoll drapierte Häppchen auf Tabletts, an der Austernbar werden im Akkord Muscheln geöffnet, und bis zum nächsten Glas Champagner ist es nie weit.
Als der Zugang zur Delicatessa im Untergeschoss geöffnet wird, bringen sich vier junge Frauen in knappen roten Kleidern und goldfarbenen Schuhen vor der Früchteabteilung in Stellung, um zu tanzen. Sie werden mal an der Kasse, mal bei der Blumenabteilung zu sehen sein, immer mit einem kecken Blick Richtung Publikum. So geht das den ganzen Abend.
Zur Ladeneröffnung ein Selfie
Einige Stunden später, am Freitagmorgen, steht schon die nächste Menschentraube vor dem Globus auf einem rosa Teppich. Es ist wenige Minuten vor zehn Uhr, bald wird der Laden offiziell eröffnet. Der Platz auf dem Trottoir reicht nicht, Männer in gelben Leuchtwesten sorgen dafür, dass niemand den Trams zu nahe kommt.
Als um Punkt zehn Uhr der Globus-CEO Franco Savastano die Anwesenden begrüsst und zusammen mit seinem Team die rosafarbene Schleife am Eingang durchschneidet, bricht die Menge in Jubel aus und klatscht. Viele Kundinnen und Kunden machen Handyvideos und Selfies, während sie das Geschäft betreten.
Wie kann es sein, dass eine Ladeneröffnung in Zeiten des serbelnden Detailhandels eine solche Euphorie auslöst?
Der Globus-CEO hat eine Erklärung: In der neuen Filiale am Bellevue hat man sich entschieden, ganz auf Gastronomie und Lebensmittel zu fokussieren. Franco Savastano sitzt an einem Tisch in der Food Hall des Erdgeschosses, im Hintergrund haben die ersten Kundinnen mit einem Glas Champagner an der Bar Platz genommen.
Zur Begrüssung gibt es Häppchen für die Kundinnen und Kunden. In der Delicatessa wartet der passende Prosecco.
Ähnlich wie früher gibt es hier verschiedene Gastrokonzepte mit orientalischer, asiatischer und italienischer Küche, dazu zwei Bars. Bewusst hat man sich entschieden, das frühere Selbstbedienungskonzept aufzuheben, das Mensa-Charme verströmte. Neu werden die Speisen am Tisch serviert, und alles ist auch als Take-away erhältlich. Der neue Globus hat Restaurant-Charakter. Am Freitag und am Samstag wird die Food Hall bis 2 Uhr morgens geöffnet sein.
Dafür gibt es die Haushaltsabteilung, die früher im ersten Stock untergebracht war, nicht mehr. Einen neun Kilogramm schweren Bräter von Le Creuset bestellt man lieber online, statt ihn im Laden zu kaufen und dann nach Hause zu schleppen.
Bei den Gourmet-Produkten ist das anders. Auch Serrano-Schinken, Kaviar und Trüffeln aus der Delicatessa-Abteilung können zwar mit einem Mausklick bestellt werden. Das tue allerdings kaum jemand, sagt der Globus-CEO Savastano. «Die Leute kaufen fast nur Wein online.» Er hat festgestellt: «Den Sinn von Lebensmitteln kann man online nicht transportieren.»
Wer bereit ist, für 180 Gramm Gänseleber 130 Franken auszugeben, geht lieber persönlich einkaufen. Und will ein Erlebnis dafür haben – die Kundschaft vom Zürichberg und von der Goldküste ist anspruchsvoll. In der Delicatessa im Untergeschoss ist der Weg von der Gemüse- und Früchteabteilung über die «Käsebibliothek» mit 150 Sorten bis zur bedienten Fleisch- und Fischtheke mit Hummer nicht weit. Jede Abteilung hat spezialisierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Beratung anbieten.
Cognac für 9000 Franken
Manche Leute decken sich hier mit sämtlichen Lebensmitteln ein, die sie im Alltag brauchen. Auch am Eröffnungstag landen Butter, Joghurt und Pasta in den Mini-Einkaufswägelchen. Andere kommen eigens für ein Gläschen Tomatensauce hierher oder den Panettone der Modemarke Dolce und Gabbana, der in kunstvoll verzierten Metallboxen verkauft wird.
Man kann sich einen Sport daraus machen, möglichst viele exklusive Produkte in der Delicatessa zu entdecken. Bei den Spirituosen steht ganz selbstverständlich ein Cognac für 9000 Franken im Gestell. Für das schmalere Budget tut’s auch der 40-Franken-Whisky gleich in der Nähe.
Die Filiale am Bellevue hat ein neues Konzept: Der Fokus liegt ausschliesslich auf Lebensmitteln und Gastronomie.
Vor über zwanzig Jahren, anno 2003, ist der Globus am Bellevue eröffnet worden. Heute funktioniert er wie eine eigene Marke. Deshalb darf das Lokalkolorit in der Delicatessa nicht fehlen: Auf einem Gestell reihen sich Champagnerflaschen mit der Aufschrift «Zürich» und «Bellevue» auf der Verpackung aneinander.
Fast zwei Jahre lang ist die Filiale umgebaut worden. Karin Schmid, die Geschäftsführerin von Globus Bellevue, kann sich noch genau an den Tag vor der Schliessung erinnern. «Ich hatte Tränen in den Augen.» Wie eine Familie sei ihr Team, und diese Familie habe ihr während des Umbaus gefehlt. Umso mehr freut es sie, dass 80 Prozent der Mitarbeitenden nach der langen Pause wieder hier arbeiten.
Es geht gegen Mittag zu, im Erdgeschoss sind mehr und mehr Tische besetzt. Eine junge Frau hat mit ihrem Sohn Platz genommen, die beiden haben sich Sushi bestellt, das frisch vor Ort zubereitet wird. Kundinnen und Kunden verlassen den Laden mit vollen Taschen und einem weiss verpackten Schokoladen-Truffe in der Hand. Ein typischer Globus-Gruss.