Seit Jahresbeginn sind die Kakaopreise um 40 Prozent gestiegen. Schweizer Schokoladehersteller werden wohl die Preise weiter erhöhen müssen.
Ernst Tanner, Verwaltungsratspräsident von Lindt & Sprüngli, hat kein gutes Jahr hinter sich. Zum einen wegen seiner Investitionen in René Benkos Signa-Imperium, das seit vergangenem Herbst einen Insolvenzantrag nach dem anderen stellt. Zum anderen ist der Patron aber auch in seinem Kerngeschäft gefordert. So sind die Kakaopreise bereits im Jahr 2023 stark gestiegen und haben seit Anfang des neuen Jahres nochmals zugelegt.
Schlechte Wetterbedingungen und Krankheiten
Seit Jahresbeginn stieg der Preis einer Tonne Kakao um rund 40 Prozent. Am Montag (12. 2.) lag er bei 5150 Franken. Ein Blick auf die Entwicklung der letzten 20 Jahre zeigt, dass Kakao schon immer starken Preisschwankungen unterlag. Grund dafür ist, dass der Ernteertrag stark vom Wetter abhängt. Dennoch ist der jüngste Anstieg bemerkenswert.
Für das Preis-Rally ist vor allem das Wetterphänomen El Niño verantwortlich. Es tritt in unregelmässigen Abständen auf und verändert die Meeresströmungen im Pazifik insofern, als in Westafrika derzeit Trockenheit und Hitze herrschen. Davon sind auch die beiden Länder Elfenbeinküste und Ghana betroffen, aus denen 70 Prozent der Kakaobohnen stammen.
Laut der International Cacao Organization (ICCO) haben zudem die stark anhaltenden Regenfälle im letzten Quartal 2023 zu einem Ausbruch der Pilzkrankheit Black Pot und des Swollen-Shoot-Virus geführt. Vor allem das Swollen-Shoot-Virus beeinträchtigt die Ernte besonders stark, da es nur durch die Abholzung der befallenen Bäume eingedämmt werden kann.
Ein weiterer Faktor für noch höhere Kakaopreise sind die gestiegenen Frachtgebühren aufgrund der Angriffe der jemenitischen Huthi-Rebellen auf Containerschiffe im Roten Meer. Die ICCO befürchtet, dass dadurch die Nachfrage der Schokoladehersteller weiter beeinträchtigt wird.
Schokoladehersteller unter Druck
Allerdings ist Kakao neben Zucker und Milch nur eine Zutat, die für die Herstellung von Schokolade verwendet wird. Hinzu kommen Kosten für die Verpackung, den Strom sowie die Löhne der Mitarbeitenden, die für die Preisentwicklung ebenfalls eine Rolle spielen. Von einer Verdoppelung des Preises für Schokolade ist also nicht auszugehen. Aussagen aus der Branche deuten aber darauf hin, dass die Preise für Schokolade im Jahr 2024 weiter steigen werden.
So beklagt Lindt & Sprüngli in einer Medienmitteilung zur Umsatzentwicklung 2023 die hohen Rohstoffpreise. Allerdings konnten die höheren Kosten dank Effizienzsteigerungen und Prozessverbesserungen in der Produktion teilweise ausgeglichen werden. Die verbleibenden Kosten wurden bereits im Jahr 2023 über Preiserhöhungen auf die Handelspartner und die Konsumenten überwälzt.
So ist der grösste Teil des Umsatzwachstums bei Lindt & Sprüngli denn auch auf die Preiserhöhungen zurückzuführen. Trotzdem verzeichnete das Unternehmen im zweiten Halbjahr 2023 ein leichtes Volumenwachstum, obwohl die Volumen im globalen Schokoladenmarkt leicht rückläufig waren. Das zeige, dass die Kunden Lindt & Sprüngli trotz Preissteigerungen treu blieben, schreibt der Schokoladehersteller.
Auch der amerikanische Schokoladenproduzent Hershey rechnet damit, dass die hohen Kakaopreise das Gewinnwachstum im Jahr 2024 schmälern werden. Man konzentriere sich daher auf die Steigerung der Produktivität und tätige Investitionen zur Stärkung der Marke, sagt Michele Buck, Verwaltungsratspräsidentin und CEO.
Kakaobauern profitieren
Die Kakaobauern freuen sich über die gestiegenen Preise. So hat die Regierung in Ghana laut Reuters im September zu Beginn der Saison 2023/24 den staatlich garantierten Kakaopreis für die Bauern um mehr als 63 Prozent erhöht. Mit der Erhöhung stärkt die Regierung das Einkommen der Bauern bewusst, auch um den Schmuggel von Kakaobohnen in die Nachbarländer zu verhindern. Dort könnten sie in Anbetracht des knappen Angebots mehr Geld einbringen, falls der garantierte Preis nicht angehoben werden würde.
Präsident Nana Akufo-Addo verkündete, dass die Bauern neu 20 943 ghanaische Cedi (1479 Franken) pro Tonne erhalten werden. In der Vorsaison erhielten sie noch 12 800 ghanaische Cedi (904 Franken). Das sei der höchste Preis, der den Bauern in ganz Westafrika seit mehr fünfzig Jahren bezahlt werde. «Angesichts der prognostizierten stabilen Preise wird die Regierung unsere Landwirte auch in den kommenden Jahren mit guten Preisen belohnen», sagte Akufo-Addo den Bauern an der Zeremonie anlässlich des Saisonbeginns im Kakaoanbaugebiet Tepa. Die Menge jubelte und tanzte.