Mieterinnen und Mieter haben das gesetzliche Recht, ihre Wohnung unterzuvermieten, etwa während eines Auslandjahres. Doch dieses Recht wird zunehmend zweckentfremdet, um günstige Mietverträge langfristig zu sichern.
Die Untervermietung einer Wohnung birgt unerwartete Fallstricke. Ein Beispiel: Ein junges Paar besichtigt eine elegante 4-Zimmer-Wohnung im begehrten Kreis 6 in Zürich. Mit stilvollem Innenausbau, kurzer Distanz zur Arbeit und einer ruhigen Umgebung scheint das Angebot perfekt. Doch eine Vertragsklausel wirft Fragen auf: «Der Mieter ist nicht berechtigt, die Wohnung unterzuvermieten.» Auch kurzfristige Vermietungen über Plattformen wie Airbnb sind laut Vertrag ausgeschlossen.
Privater Vermieter will kein «Glöif»
Der Vermieter argumentiert knapp: «Untermiete ist nicht so mein Ding.» Er lehnt «Fremde» im Haus ab, genauso wie das «Glöif», das damit einhergeht. Solche Bedenken sind keine Seltenheit. Insbesondere private Vermieter, die im selben Haus wohnen, stehen der Untermiete kritisch gegenüber. Sie möchten keine Untermieter, die sie nicht selbst als Nachbarn ausgewählt haben.
Für das junge Paar, das netto 3300 Franken Miete zahlen würde, ist diese Einschränkung ein Hindernis. Sie pflegen einen mobilen und flexiblen Lebensstil. Also möchten sie während eines Auslandsaufenthalts zumindest einen Teil ihrer Wohnung untervermieten. Doch der Vermieter bleibt hart: Ein Kompromiss bei dieser Vertragsklausel kommt nicht infrage.
Auch grosse Verwaltungen wie Livit in Zürich zeigen ein Umdenken. In einem anderen Zürcher Quartier unterschrieb letzte Woche eine Familie einen Vertrag, der die Untermiete nur mit schriftlicher Genehmigung erlaubt. Obwohl gesetzlich eine mündliche Zusage ausreichen würde, wird die Untermiete zusätzlich mit einem detaillierten Vertragszusatz geregelt und auf ein Jahr befristet.
Untermiete: Trend zu mehr Klarheit
Die Untermiete steht derzeit im Mittelpunkt einer kontroversen Debatte. Am nächsten Sonntag wird über eine Gesetzesänderung abgestimmt, die unter anderem eine schriftliche Zustimmung für die Untermiete vorschreibt. Neu würde der Vermieter auch das Recht erhalten, eine Untermiete von mehr als zwei Jahren zu verweigern.
Unabhängig vom Ausgang der Abstimmung zeigt die Praxis schon jetzt, dass Vermieter zunehmend klarere Regelungen treffen. Ein generelles Verbot der Untermiete ist jedoch nicht zulässig. Der Zürcher Rechtsanwalt und Mietrechtsexperte Zinon Koumbarakis bringt es auf den Punkt: «Das Recht auf Untermiete bei Wohn- und Geschäftsräumen kann nicht zulasten des Mieters beschränkt werden. Das wäre ein Verstoss gegen zwingendes Recht.» Ein Vertrag, der ein pauschales Verbot umfasst wie in unserem Fallbeispiel, wäre nicht zulässig.
Laut Koumbarakis ist es zweckmässig, die Untermiete klar und schriftlich zu regeln. «Die Empfehlung einer schriftlichen Regelung geht klar an beide Seiten», sagt er. Das jetzt geltende Gesetz fordert zwar, dass der Vermieter eine Untermiete bewilligen muss, lässt jedoch offen, in welcher Form dies geschehen soll.
Fehlt eine klare Vereinbarung, kann das für Mieter erhebliche Nachteile mit sich bringen – etwa wenn die Wohnung während eines Auslandaufenthalts untervermietet wird und später bestritten wird, dass eine Zustimmung erteilt wurde.
Diese Einsicht hat sich laut Koumbarakis in der Praxis etabliert: «In den weitaus meisten Fällen setzen heute die Mietverträge und die Allgemeinen Vertragsbedingungen die schriftliche Zustimmung voraus.»
Befristung – auch als Schutz vor Zweckentfremdung
Ein weiterer zentraler Punkt bei der Untermiete ist die Befristung. «Die Befristung der Untermiete ist durchaus legitim und lässt sich sachlich begründen», erklärt Koumbarakis. Er verweist auf ein Urteil des Bundesgerichts, das eine dauerhafte Untermiete für unzulässig hielt.
«Die vage Möglichkeit, die Mietsache allenfalls wieder einmal selber zu nutzen, rechtfertigt eine Untervermietung nicht», hält das Bundesgericht fest. In der Praxis wird daher bei Wohnungen oft eine zeitliche Begrenzung auf ein bis zwei Jahre vereinbart. Diese Vorgehensweise erleichtert auch die Kontrolle, ob die gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden. Und sie verhindert, dass sich unkontrollierte «Daueruntermieten» als Geschäftsmodell etablieren.
Doch angesichts der Wohnungsknappheit in vielen Städten gibt es keine Garantie, dass sich nicht doch Schlupflöcher für eine missbräuchliche Untermiete finden. Vor allem gemeinnützige Stiftungen und Genossenschaften stehen in der Pflicht, faire Spielregeln durchzusetzen. So heisst es zum Beispiel im Vermietungsreglement der Zürcher Genossenschaft Sunnige Hof: Untervermietung werde «nur in Ausnahmefällen» auf schriftlichen Antrag hin bewilligt.
Sunnige Hof gestattet die Untermiete höchstens während zwölf Monaten, und sie darf auf keinen Fall mehr kosten als der entsprechende Anteil an der Nettomiete, die die Genossenschaft verrechnet. So will die Genossenschaft sowohl Missbrauch verhindern als auch die «soziale Stabilität» in den Siedlungen fördern.
Praxis: Zwischen legitimem Bedarf und Missbrauch
Zur Häufigkeit und zu den Missbrauchsfällen der Untermiete gibt es keine offiziellen Zahlen. Doch insbesondere in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt häufen sich Berichte über fragwürdige Praktiken. So wird etwa in Lausanne oft über viele Jahre untervermietet, ohne dass ein temporärer Bedarf – wie ein Sabbatical oder ein Auslandaufenthalt – gegeben ist.
Michael Friedli, Vorsitzender der Von Graffenried AG Liegenschaften in Bern, sieht darin ein zunehmendes Problem: «Wir kennen Fälle, wo sich Mieter selbst günstige und schwer zu findende Wohnungen gegenseitig zuhalten.» Besonders in boomenden Stadtteilen wie im Berner Breitenrainquartier wird die Untermiete zum Instrument, um steigenden Mietpreisen zu entgehen.
Machen wir ein Beispiel: Der eine Mieter benötigt mehr Platz und zieht als Untermieter in eine grössere Wohnung derselben Anlage. Seine alte Wohnung gibt er aber nicht auf, sondern vermietet sie an einen Freund weiter – ebenfalls in Untermiete. Die Verwaltung bleibt hierbei aussen vor und wird weder gefragt noch informiert.
Ostschweiz: wachsender Handlungsbedarf
In der Ostschweiz ist die Untermiete noch vergleichsweise wenig geregelt. Der im Kanton St. Gallen verbreitete Mustervertrag enthält – abgesehen von Geschäftsmieten – kaum Vorgaben zur Untermiete. Doch Walter Locher, Präsident des Hauseigentümerverbandes (HEV) des Kantons St. Gallen, sieht Handlungsbedarf: «Die Untermiete kommt häufiger vor und sollte aufgrund der gegenwärtigen Entwicklung klarer geregelt werden.» Vermieter müssten Spielraum haben, um «Missbräuchen einen Riegel zu schieben». Besonders im städtischen Umfeld oder in grösseren Siedlungen bleibt die Untermiete oft unbemerkt. Es sei denn, Nachbarn beschwerten sich über das ständige Kommen und Gehen.
Airbnb entfacht Diskussionen
Doch wie ist es, wenn die unkontrollierte Untermiete mehr und mehr Schule macht? «Es darf nicht passieren, dass mit verdeckten Karten gespielt wird und der Vermieter überhaupt nichts davon weiss, wer überhaupt in seinem Haus wohnt und wie die vermietete Wohnung genutzt wird», sagt Walter Locher warnend.
In ländlichen und touristischen Regionen ist die Sorge besonders gross, dass Mietwohnungen über Plattformen wie Airbnb für gewerbliche Zwecke zweckentfremdet werden. «Daher ist es vielen Vermietern ein grosses Anliegen, die Untermiete über Plattformen auf dem Internet stark einzuschränken oder bei Bedarf sogar zu untersagen», betont Locher.
Die meisten Experten sind sich einig, dass Airbnb bzw. kurzfristige Weitervermietungen über Online-Plattformen zwar nicht pauschal untersagt werden dürfen. Da jedoch jede einzelne Untervermietung der Zustimmung des Vermieters bedarf, lässt sich die geschäftliche Dauervermietung zumindest erschweren. Schon allein Argumente wie Lärm, erhöhte Abnützung oder Verletzung des Wohnzwecks wären triftige Gründe, die Genehmigung zu verweigern. Damit bleibt die Nutzung als Wohnung geschützt, und unkontrollierte kommerzielle Nutzungen lassen sich eindämmen.