Wach werden wird teurer, sich trösten auch. Die Knappheit bei Kaffee und Kakao kommt 2025 in den Portemonnaies an.
Bei all dem Hype um den Bitcoin liesse sich denken, die Kryptowährung sei die lukrativste Finanzanlage des vergangenen Jahres gewesen. Das ist falsch, obgleich ein Bitcoin heute mehr als doppelt so viel wert ist wie Anfang 2024. Doch bei einem Erzeugnis, das vielen Menschen geläufiger ist, ging es noch hektischer zu: Kakao ist am internationalen Terminmarkt so teuer wie nie. Auch Kaffee notiert auf einem Rekordhoch. 2025 werden die Konsumenten das beim Einkauf spüren.
Kakao wird gerne zur Beruhigung getrunken. Demnach müssten die Firmen in der Kakaobranche inzwischen ihre eigenen besten Kunden sein: In den vergangenen zwölf Monaten hat sich der Preis für Kakaobohnen an der Rohwarenbörse ICE in New York zeitweilig verdreifacht. Schon im Frühjahr 2024 stieg er von 4000 Dollar auf bis zu 12 000 Dollar je Tonne. Dann beruhigte sich die Notiz etwas, aber im Dezember zog sie wieder markant an. Derzeit liegt Kakao bei rund 11 000 Dollar.
Dürren und Fluten – der Klimawandel wird zur Konstante
Für den Schokoladen-Grundstoff sind das schwindelerregende Höhen. Der alte Kakaorekord stammt aus dem Jahr 1977 und lag bei 4700 Dollar (was allerdings inflationsbereinigt heute viel mehr wert wäre). Im Vergleich damit sind die Preisavancen bei Kaffeebohnen ziviler: Am Terminmarkt werden für das Pfund der Sorte Arabica derzeit rund 3.20 Dollar bezahlt. Das ist nur rund 70 Prozent mehr als vor einem Jahr und geringfügig mehr als beim alten Rekord, der ebenfalls von 1977 stammt.
Was 1977 zu diesem besonderen Jahr machte: Damals hat es im wichtigen Anbauland Brasilien geschneit. Auch heute haben die Preishaussen mit schlechten Ernten zu tun, die allerdings auf gehäufte Dürren und exzessive Regenfälle zurückgehen. Diese Folgen der Klimaerwärmung dürften beiden Rohwarenbranchen in Zukunft erhalten bleiben. Obendrein verschärfen sie andere Probleme, mit denen die Erzeuger kämpfen.
Brasilien ist der wichtigste Produzent von Arabica und Vietnam von den günstigeren Robusta-Bohnen, die zum Beispiel für Instantkaffee verwendet werden. Beide Länder litten vergangenes Jahr unter schlechtem Wetter. Brasilien verzeichnete im August und September eine schwere Dürre und im Oktober heftige Regenfälle. Ähnliches spielte sich in Vietnam ab. Auch der Robusta-Preis ist in die Höhe geschossen.
Gemessen am Volumen gehören Kaffeebohnen zu den weltweit am meisten gehandelten Rohstoffen. Aus Sorge, 2025 nicht genug von den Bohnen erhalten zu können, decken sich die Röster am Terminmarkt für die ab Mai beginnende Ernte ein. Ausserdem verweisen Analytiker auf drohende Importzölle durch Präsident Trump im wichtigen Markt USA. Wer jetzt bestellt, ist auf der sicheren Seite.
Beim Kaffeekauf wird der Kunde nicht mehr geschont
Die Preishausse kommt nicht aus heiterem Himmel: Von rund 1 Dollar je Pfund Arabica per Anfang 2020 kletterte der Preis zwischen 2022 und Mitte 2024 in eine Spanne zwischen 1.50 und 2.50 Dollar, also mindestens um die Hälfte. Doch die grossen Verarbeiter wie Nestlé oder Lavazza aus Italien haben die Anstiege nicht voll an die Konsumenten weitergegeben, wie aus der Branche zu hören ist – unter anderem, um ihre Marktanteile zu verteidigen.
So ist auch in der Schweiz der Preis für Kaffeebohnen im Detailhandel zwar von 2021 bis 2023 um bis zu 15 Prozent gestiegen, blieb seither aber konstant, wie die Teuerungsdaten des Bundesamts für Statistik zeigen. Auch beim grossen Detailhändler Migros war Bohnenkaffee zu Jahresbeginn 2025 oftmals genauso teuer wie ein Jahr zuvor, wie eine Auswertung der NZZ ergibt.
Doch mit dem jüngsten Preisanstieg am Weltmarkt dürfte es mit dieser Zurückhaltung bald vorbei sein. Nestlé stellte im November an einem Kapitalmarkttag bereits höhere Preise und kleinere Packungsgrössen in Aussicht. Dabei geht der Nahrungsmittelriese von einer weltweit weiterhin wachsenden Nachfrage aus – um bis zu 5 Prozent bis 2027. Nestlé veranschlagt den Kaffeemarkt auf 440 Milliarden Franken, wovon der Grossteil ausser Haus konsumiert wird, vor allem in der Gastronomie.
Beim Kakao herrscht ein chronisches Defizit
Während also beim Kaffee für 2025 weitherum der Beginn von Preiserhöhungen erwartet wird, so sind sie bei Kakao bereits die Regel. Bei Schokolade ziehen die Preise im Schweizer Warenkorb bereits seit zwei Jahren an; mittlerweile beträgt der Anstieg mehr als 10 Prozent. Bei der Migros sind viele Schokoladentafeln innerhalb des vergangenen Jahres zwischen 10 und 25 Prozent teurer geworden.
Das geht einher mit den steigenden Preisen am Weltmarkt. Die Nachfrage nach Kakaobohnen übersteigt das Angebot immer stärker – und die Lagerbestände sind allmählich erschöpft. Das Angebot kann nicht Schritt halten, weil die Witterungsverhältnisse nicht mitspielen. Rund 70 Prozent der Weltproduktion stammen aus Westafrika, insbesondere von Côte d’Ivoire und Ghana. Auch dort litten die Produzenten in den vergangenen Jahren unter Hitzewellen und Dürren, verstärkt durch das Wetterphänomen El Niño.
Das Preishoch von Anfang 2024 war einer schlechten Ernte geschuldet – und jenes von Ende 2024 der Aussicht, dass auch die kommenden Erträge unter den Erwartungen liegen werden. Das kontrastiert mit jahrzehntelang sehr tiefen Preisen. Sie waren ein Teil des Problems: Kakaobäume werden meist von Kleinfarmern angepflanzt, und die Bäume gedeihen nur in einem schmalen Band nahe dem Äquator. Wie die Investmentbank JP Morgan schreibt, erhalten die Bauern traditionell nur einen geringen Anteil der Verkaufseinnahmen, weshalb sie jahrelang zu wenig in neue Bäume investierten.
Hingegen fliesst der Grossteil der Einnahmen an die Schokoladeproduzenten. Selbst wenn nun mehr Geld bei den Bauern hängen bliebe, braucht es Zeit, bis die Investitionen wirken: Ein Kakaobaum trägt erst nach rund vier Jahren Früchte. JP Morgan erwartet mittelfristig einen Kakaopreis von 6000 Dollar je Tonne. Das wäre zwar deutlich weniger als heute, aber rund drei Mal so hoch, wie es der Weltmarkt seit der Jahrhundertwende gewohnt war. Immerhin: So teuer wie ein Bitcoin wird selbst die edelste Tafel Bitterschokolade nicht werden.