Die Philippinen und Japan sollen auf Washington zählen können, das signalisiert der US-Verteidigungsminister Pete Hegseth bei seinem Besuch in der Region. Doch Zweifel an der amerikanischen Zuverlässigkeit sind nicht weit.
Es sind Töne, die man aus Washington fast nicht mehr kennt. Man baue die Partnerschaft weiter aus und die «in Eisen geschmiedete Allianz» sei stärker denn je, sagte der amerikanische Verteidigungsminister Pete Hegseth am Freitag in Manila. Auch Japan bekam Lob zu hören: «Unsere Streitkräfte verbindet, dass sie sich durch Krieger-Ethos auszeichnen. Japan ist unser unersetzbarer Partner, um das kommunistische China von militärischen Angriffen abzuschrecken.»
Kommt jetzt der «Pivot to Asia»?
Die Botschaft, die Hegseth bei seinem ersten Besuch im Indopazifik als Verteidigungsminister über das Wochenende zu senden versuchte, lautet: Die USA stehen zu ihren asiatischen Allianzpartnern. Auch wenn sich die amerikanische Asien-Strategie erst langsam abzuzeichnen beginnt, scheinen die Optimisten unter den Experten in der Region recht zu bekommen: Der Rückzug der Amerikaner als Sicherheitsgarant Europas bedeutet nicht, dass Washington auch seine asiatischen Alliierten fallenlässt. Der «Pivot to Asia», den Barack Obama 2011 erklärt, aber nie wirklich umgesetzt hatte, – so die Hoffnung – findet endlich statt.
Hegseth kündigte auch konkrete Schritte an, welche das anhaltende Engagement Amerikas belegen sollen. So fällt die Militärhilfe für die Philippinen nicht unter den gegenwärtigen Stopp amerikanischer Auslandshilfe. 500 Millionen Dollar soll Manila für die Modernisierung seines Militärs erhalten. Beim jährlichen grossen gemeinsamen Militärmanöver Balikatan, das im April und im Mai stattfindet, bringen die Amerikaner ein neues landbasiertes System mit, das der Abwehr feindlicher Schiffe dient.
In Tokio versprach Hegseth, eine neue Kommandostruktur der insgesamt 50 000 amerikanischen Soldaten in Japan aufzubauen, womit die Zusammenarbeit mit den japanischen Selbstverteidigungsstreitkräften verbessert werden soll. Dies war zwar schon unter der Regierung Biden angekündigt worden, es gab aber Gerüchte, dass die Trump-Administration dies nicht umsetzen wolle. Hegseth widersprach dem nun.
Es gibt auch bedrohliche Töne
Bei aller Erleichterung, welche die Entscheidungsträger in Manila und Tokio nach Hegseths Besuch gespürt haben dürften – ganz so einfach ist die Situation nicht. Aus Washington sind auch Töne zu hören, die zu denken geben müssen.
Japan ist zwar auf Kurs, seine Verteidigungsausgaben bis 2027 auf zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) zu erhöhen. Jahrzehntelang lagen diese bei rund einem Prozent. Doch Elbridge Colby, Trumps Kandidat für die dritthöchste Position im Pentagon, forderte vor kurzem bei seinem Hearing im Senat, dass die Latte höher liegen müsse. Und George Glass, der vom Senat als künftiger US-Botschafter in Japan angehört wird, sagte, dass er mit Tokio über höhere Beiträge für den Verbleib der amerikanischen Truppen im Land sprechen wolle.
Allerdings müssen sich die Amerikaner entscheiden: Wollen sie von ihren Alliierten mehr Geld dafür erhalten, dass die vor Ort stationierten US-Truppen massgeblich zur Sicherheit dieser Länder beitragen? Oder sollen die Alliierten selbständiger werden, wozu sie mehr in ihre eigene Verteidigungsfähigkeit investieren müssen? Beides geht kaum. Die finanziellen Möglichkeiten der Philippinen sind bei einer Wirtschaftsleistung von kaufkraftbereinigt knapp 11 000 Dollar pro Kopf beschränkt. Japan seinerseits ist hoch verschuldet, die Bevölkerung altert und schrumpft.
Die Philippinen können sich glücklich schätzen, dass sie bisher von finanziellen Forderungen aus Washington verschont geblieben sind – ihre Ausgaben für die Streitkräfte liegen bei deutlich unter einem Prozent des BIP. Dazu kommt, dass traditionell die Armee am meisten Geld erhielt, weil sie für den Kampf gegen Rebellen im Landesinnern zuständig war. Für die Landesverteidigung braucht es hingegen eine starke Marine und eine starke Luftwaffe.
Die USA bauen ihre Position auf den Philippinen erst auf
Zugute kommt Manila, dass Washington in den letzten Jahren eher als Bittsteller auftrat. Die einst riesigen amerikanischen Basen Subic Bay und Clark wurden in den frühern 1990er Jahren auf Aufforderung der Filipinos geschlossen – erst seit einigen Jahren fasst das amerikanische Militär in dem strategisch wichtig gelegenen Archipel wieder Fuss.
Bei aller Dominanz Washingtons versuchen die amerikanischen Alliierten, in Asien ihre Abhängigkeit zu mildern. Tokio setzt auf eine diplomatische Entspannung mit Peking. Angesichts weiterer drohender Zölle aus den USA werden die wirtschaftlichen Beziehungen mit China umso wichtiger. Selbst die Philippinen, die den Druck Pekings in seiner exklusiven Wirtschaftszone im Südchinesischen Meer praktisch täglich zu spüren bekommen, versuchen, die Beziehungen zu Peking, so gut es geht, aufrechtzuerhalten.
Die Philippinen sind auch bemüht, sich im Sicherheitsbereich breiter abzustützen. So haben sie in den vergangenen Monaten Abkommen über die Zusammenarbeit ihrer Streitkräfte mit verschiedenen Ländern geschlossen, zum Beispiel Japan, Australien und Neuseeland. Diskussionen mit europäischen Ländern wie Deutschland und Frankreich sind im Gang. Die sogenannte «Squad» – ein loser Verbund mit Japan, Australien und den USA – will Manila um Indien und Südkorea erweitern. Das gab der philippinische Armeechef Romeo Brawner vor zehn Tagen an der Sicherheitskonferenz Raisina in Delhi bekannt.
Asiens Rüstungsindustrie ist für die Amerikaner interessant
Eine weitere Möglichkeit, sich etwas aus der amerikanischen Umklammerung zu lösen, sind Waffenkäufe. So hat Manila in der jüngeren Vergangenheit Kriegsschiffe und Kampfjets aus Südkorea, Anti-Schiffs-Raketen aus Indien und Radarsysteme aus Japan beschafft. Japan seinerseits arbeitet an der Entwicklung eines neuen Kampfjets gemeinsam mit Italien und Grossbritannien. Bisher baute die japanische Rüstungsindustrie vor allem auf die USA.
Besonders Japan hat – neben Südkorea – den Amerikanern mit seiner leistungsfähigen Industrie einiges zu bieten. Japanische Zulieferer sind in die Lieferketten amerikanischer Rüstungsfirmen eingebunden, etwa bei Kampfjets oder Raketen. Gegenwärtig gibt es Bestrebungen, dass japanische Rüstungsfirmen Patriot-Raketen, die sie unter Lizenz herstellen, künftig in die USA liefern. Denn die Flugabwehrraketen sind global gefragt, und die amerikanischen Bestände sind nach den Lieferungen an die Ukraine tief.