Die Pariser Fondsboutique Comgest ist seit mehr als zehn Jahren bei Wachstumswerten wie dem dänischen Pharmakonzern oder bei ASML investiert. Manager Wolfgang Fickus sagt, warum das Team in Deutschland auf Nebenwerte setzt und welche Schweizer Titel es in die Auswahl geschafft haben.
Die französische Fondsgesellschaft Comgest ist einer der erfolgreichsten Investoren in Qualitätswerte. Seit achtzehn Jahren ist sie zum Beispiel bei Novo Nordisk engagiert, dem dänischen Insulinhersteller, der mit seinen Abnehmpräparaten ein neues Geschäftsfeld erobert hat. Das Team sucht nach Unternehmen, die den Gewinn in den kommenden fünf Jahren um mehr als 10% jährlich steigern können und deren Geschäft durch hohe Markteintrittsbarrieren abgesichert ist, so dass kaum Preisdruck durch neue Konkurrenten droht. Erst an zweiter Stelle steht die Aktienbewertung.
Seit Jahren hat der Comgest Europe Growth Fund viele der grossen Wachstumsunternehmen im Portfolio, die Goldman Sachs 2020 zu Europas Antwort auf die billionenschweren US-Tech-Aktien erkoren hat. Zu den sogenannten Granolas gehören GlaxoSmithKline (GSK), Roche, ASML, Nestlé, Novartis, Novo Nordisk, L’Oréal, LVMH, AstraZeneca, SAP und Sanofi.
Herr Fickus, Ihre Fondsgesellschaft hält seit mehr als einem Jahrzehnt Novo Nordisk und LVMH sowie auch schon lange ASML und L‘Oréal im Comgest Growth Europe. Wie ist es gelungen, diese langfristigen Gewinner so früh zu identifizieren?
Wir sind kein Granolas-Fonds, aber wir halten viele erfolgreiche Marathonläufer. So nennen wir Unternehmen, die nicht ein, zwei oder drei Jahre lang wachsen, sondern ein, zwei oder drei Jahrzehnte, mitunter auch fünfzig Jahre wie Novo Nordisk. Das sind die Aktien, auf die wir seit unserer Gründung vor 35 Jahren unser Research abstellen. Wir suchen diese sehr gut vorhersehbaren Geschäftsmodelle mit hohen Markteintrittsbarrieren und einem langen Wachstumskurs.
Sie halten nur 35 Werte im Comgest Growth Europe. Also dürfen Sie sich nicht viele Fehler leisten. Ein Unternehmen wie Novo Nordisk wächst seit fünf Dekaden, aber viel Kursfantasie ist durch die GLP-1-Abnehmpräparate dazugekommen.
Vor knapp zehn Jahren hat Novo Nordisk mit Saxenda bereits gezeigt, dass ein GLP-1-Medikament zur Gewichtsabnahme führt. Damals war die Gewichtsabnahme nicht stark genug, um zum durchschlagenden Erfolg zu werden. Das Potenzial war jedoch sichtbar.
Aber der Bewertungssprung kommt jetzt doch daher, dass Novo Nordisk nicht mehr nur Diabetiker adressiert, sondern die viel grössere Gruppe übergewichtiger Menschen. Wie prognostizieren Sie ein derart dynamisches Geschäft für die kommenden fünf Jahre?
Wir fangen immer bei der Qualität an und beschäftigen uns danach mit Wachstum und Bewertung. Wenn Sie sich bei der Qualität irren und die Markteintrittsbarrieren wider Erwarten doch nicht vorhanden sind, dann verlieren Sie als Aktionär schnell mal 80 oder 90%. Wenn dagegen die Qualität hoch ist und Sie vertun sich vielleicht um ein paar Prozentpunkte beim Wachstum, dann wird Ihnen das nicht so weh tun, denn die Qualität wird die Profitabilität des Unternehmens schützen.
Und wie schätzen Sie nun Wettbewerb und Wachstum für Novo Nordisk über fünf Jahre ein?
Wir erwarten für die nächsten fünf Jahre mehr als 15% Wachstum pro Jahr beim Gewinn pro Aktie. Der Kurs von Novo Nordisk könnte sich also in den nächsten vier Jahren nochmals verdoppeln. Natürlich wissen wir auch nicht auf den Dollar genau, wo der Markt für Abnehmpräparate landen wird. Aber wir haben die Historie von Novo Nordisk. Sie haben es geschafft, Sanofi aus dem Insulinmarkt zu verdrängen. Das war in den 2010er-Jahren. Dann haben wir gesehen, dass Novo Nordisk der Pionier auf dem Markt für GLP-1 war, das die Abgabe von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse fördert, und wie sie im Duopol mit Eli Lilly den Markt erobert haben. Wir wissen, wie hoch der Preisdruck in diesem Geschäft sein kann, wenn Wettbewerb da ist.
Wie hoch sind denn die Markteintrittsbarrieren bei Abnehmpräparaten?
Es gibt im Moment keine anderen Wettbewerber für Novo Nordisk ausser Eli Lilly. Dieses Duopol basiert auf drei Faktoren: Erstens sind die Patente geschützt bis Anfang der 2030er-Jahre. Der zweite Faktor ist die Produktion. Es ist sehr schwer, die Wirkstoffe für diese biopharmazeutischen Medikamente massenhaft herzustellen. Deswegen steht die Abnehmpille derzeit eher im Hintergrund, sie braucht fünfzigmal mehr Wirkstoff als die Spritze und es gibt einen Produktionsengpass bei der Wirkstoffproduktion. Der dritte Faktor ist das extrem fokussierte Marketing bei den Medizinern. Ärzte wissen: Im Diabetesbereich sind Novo und Eli Lilly führend. Man ist mit diesen Unternehmen einfach gut beraten, und zwar seit Jahrzehnten.
Welcher Teil der Bewertung von Novo Nordisk ist noch durch den Unternehmenserfolg gedeckt, und wie viel davon beruht auf Hoffnung?
Wir sind seit ungefähr achtzehn Jahren investiert. Unsere Gesamtrendite einschliesslich der Dividenden beträgt mehr als 20% pro Jahr. Circa 10% davon kommen vielleicht aus der gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis höheren Bewertung der Aktien. Der Rest erklärt sich durch Gewinnwachstum und reinvestierte Dividenden
Das Potenzial, positiv zu überraschen, sinkt durch die höhere Bewertung und das Risiko für negative Überraschungen, sei es durch Nachrichten der Wettbewerber, steigt.
Das Prinzip Hoffnung war in der Vergangenheit nicht ausschlaggebend. Der Markt hatte ein feines Gespür für die Qualität und das Wachstum von Novo.
Sie haben Ihre Novo-Nordisk-Position 2023 wegen der hohen Bewertung reduziert. Was sind Ihre Kriterien für so einen Teilverkauf?
Kurzfristige Phasen der Übertreibung nach unten und nach oben nutzen wir für die Adjustierung einer Positionsgrösse. Wir haben Anfang 2023 zum Beispiel einen Teil unserer LVMH-Position verkauft, weil wir dachten, dass der Markt für Luxusgüter in eine schwächere Wachstumsphase übergehen würde. Das KGV ist dann von fast 30 auf rund 20 gesunken. Anfang 2024 haben wir die Position in LVMH wieder etwas erhöht, weil uns der Markt zu pessimistisch schien.
Ein anderer Langfristgewinner ist ASML. Die guten Zahlen des Herstellers von Lithografiemaschinen für die Chipfertigung werden überlagert vom politischen Druck aus den USA, auch ältere Maschinen nicht mehr nach China zu verkaufen. Wie sehen Sie die Aktien derzeit?
Bei ASML sind die Markteintrittsbarrieren für Wettbewerber noch einen Tick höher als bei Novo Nordisk. Lithografie wird zumindest in den kommenden zehn Jahren die grundlegende Technologie für die Produktion von Halbleitern bleiben, und wir sehen weit und breit keinen Wettbewerber von ASML.
Die Maschinen der Niederländer sind inzwischen ja unglaublich komplex.
Bei jeder Maschine sorgen zwanzig Tonnen an optischem Gerät dafür, den Lichtstrahl auf den Nanometerbereich zu bündeln. ASML ist Monopolistin für Maschinen der neuesten Generation. Das Unternehmen ist eine Symbiose eingegangen mit den grossen Chipherstellern wie Samsung, TSMC und Intel, für die ASMLs Lithografie vital ist. Vor sieben oder acht Jahren hat ASML bewiesen, dass ihre Technologie der nächsten Generation, EUV, funktioniert, nachdem TSMC, Samsung und Intel massiv in ASML investiert hatten. Da war für uns klar, dass das der Durchbruch ist.
ASML könnte viel mehr in China verkaufen, wenn es nicht die Restriktionen der US-Regierung gäbe. Inwieweit mussten Sie Ihren Wachstumsausblick für die nächsten fünf Jahre für ASML wegen dieses politischen Problems reduzieren?
Paradoxerweise mussten wir die Wachstumsannahmen überhaupt nicht reduzieren. Es kam stattdessen viel mehr Geschäft aus China, das sehr viele Maschinen mit älterer Technologie gekauft hat. Ab dem kommenden Jahr werden dann die neuen, sehr teuren Maschinen an Chipfertiger ausserhalb Chinas ausgeliefert. Insofern hat die Nachfrage aus China sogar den Chipzyklus etwas abgefedert.
Wie belastend wäre es für das Geschäft, wenn die US-Regierung weitere Restriktionen für das Chinageschäft von ASML verhängen würde?
China ist derzeit schon relevant. Mittelfristig aber ist China kein Wachstumsträger mehr, weil ASML die neuesten Maschinen ohnehin nicht dorthin liefern darf. Ein kompletter Lieferstopp würde ASML nur kurzfristig belasten.
Bisher haben wir über Volltreffer bei Ihrer Aktienauswahl gesprochen. Aber Sie hatten auch Wirecard in den Fonds und haben die Aktien behalten, lange nachdem die «Financial Times» starke Hinweise auf Betrug veröffentlicht hatte. Was hat das Team aus dem Fehler gelernt?
Wir haben die Wirecard-Aktien aus dem Comgest Growth Europe lange vor der Insolvenz des Unternehmens verkauft und haben damit kein Geld verloren. Im Gegenteil, Wirecard lieferte einen der grössten Beiträge zur Fondsrendite, wir hatten die Aktie seit 2008. Der Grund für den Ausstieg war die schlechte Governance bei Wirecard, es gab ja zum Beispiel keinen Aufsichtsrat, der die Geschäftsführung kritisch hinterfragt hätte. Das Nachhaltigkeitsrating hat sich dadurch immer weiter verschlechtert. In unserer etwas aggressiveren Wachstumsstrategie, dem Growth Europe Opportunities, hatten wir eine vernachlässigbare Restposition. Wir haben daraus gelernt, wie wichtig die Informationen sind, die das Nachhaltigkeitsresearch liefern kann, zum Beispiel über die Unternehmensführung. Das sich verschlechternde interne ESG-Ranking hatte schon frühzeitig zu einer massiven Reduzierung der Position geführt, bevor wir die Aktie dann ganz verkauft haben.
Sie haben im Comgest Growth Europe nur 4% des Kapitals in deutsche Aktien investiert, beim Vergleichsindex sind es 13%. Woran liegt es, dass Sie so wenig in Deutschland finden?
Bei Nebenwerten ist es anders: Im Comgest Growth Europe Smaller Companies haben wir einen Deutschland-Anteil von 18%. Unser Flaggschifffonds ist ja sehr konzentriert mit nur 35 Positionen. Wir waren zum Beispiel nie bei Autoherstellern investiert, weil deren Geschäft sehr zyklisch ist und sie kaum wiederkehrende Umsätze haben. Dazu kommt der Paradigmenwechsel zur Elektromobilität. Das klammert schon viel aus in Deutschland. In unserem Europe Compounder-Fonds sowie Europe Opportunities halten wir SAP.
Wie sehen Sie SAP derzeit?
Wir kennen das Unternehmen gut und hatten die Aktie jahrzehntelang im Fonds. In der Amtszeit der Co-Chefs Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe haben wir dann verkauft, weil wir die Unternehmensführung und die vielen Akquisitionen nicht mehr kohärent fanden. Die Co-Chef-Struktur funktionierte nicht. Das hat sich mittlerweile stark verbessert. Der neue CEO Christian Klein räumt auf und geht die nötigen Dinge an. Auch unsere Informationen von der SAP-Entwicklerkonferenz Sapphire vom Mai sind sehr positiv. Die Marge wird stramm nach oben gehen, es gibt sehr viel Cross-Selling-Potenzial: In der Cloud verkauft SAP eben nicht nur zwei oder drei Applikationen, sondern vier oder fünf. Die machen im Moment auch technologisch vieles richtig.
SAP hat als eine von nur wenigen europäischen Aktien ein ähnlich hohes Bewertungsniveau wie die US-Rivalen erreicht. Ist das gerechtfertigt?
Die Wachstumsstory stimmt. Es stellt sich allerdings die Frage, was alles schon eingepreist ist. Im Moment sind wir mit dem Large-Cap-Fonds nicht investiert, aber in anderen Fonds.
Sie sagen, 70% Ihrer Portfoliounternehmen stellen greifbare Produkte her, so wie LVMH zum Beispiel. Die haben daher kein Risiko, aus dem Markt gedrängt zu werden von Rivalen, die stark auf künstliche Intelligenz setzen. Was ist mit SAP? Ist KI eher eine Chance oder ein Risiko?
An KI-Applikationen haben wir von SAP bisher nichts gesehen, was uns vom Hocker reissen würde. Aber wir denken, dass KI eher eine Chance birgt, die Software stärker zu machen. Und es eröffnet Potenzial, wenn die Produkte von SAP die Produktivität beim Kunden stärker erhöhen. Letztlich ist KI ein Produktivitätstool.
Seit einigen Wochen werden Zweifel laut, ob sich die hohen Investitionen in die Infrastruktur für KI auszahlen werden. Ist es ein Vorteil für SAP, dass der Konzern diese Investitionen den Tech-Plattformen wie Amazon und Microsoft überlässt?
SAP hat versucht, das selbst aufzubauen, aber das hat nicht funktioniert. Dann haben sie sich für Kooperationen mit den Hyperscalern entschieden. Die können das besser, effizienter, zuverlässiger und günstiger für den Kunden anbieten. Also für uns ist das eher positiv, dass SAP eingesehen hat, wo die eigenen Stärken liegen und wo nicht.
Das beste an SAP ist doch: Man kriegt die Software aus dem eigenen Unternehmen kaum mehr heraus, wenn man sie mal hat. Das ist bei Adidas und Nike ja anders, die hängen nicht zuletzt von Modetrends ab. Halten Sie es für gerechtfertigt, dass Anleger den Adidas-Kurs in die Höhe treiben, obwohl sich bereits Schwächezeichen im US-Konsum zeigen?
Adidas haben wir ins Portfolio genommen, als wir auf der Suche nach günstigen Qualitätswachstumsaktien waren. Damals lag das KGV bei 17. Danach kamen von der vorherigen Geschäftsführung leider einige Gewinnwarnungen. Wir sind der Aktie treu geblieben, weil sie eine von nur zwei Megabrands in der Sportwelt ist. Zuletzt hat Adidas eine intelligente Kapitalmarktkommunikation betrieben: Sie hatten zunächst die Erwartung komplett nach unten gerissen. Es war deshalb abzusehen, dass die Prognose wieder angehoben werden würde, was Mitte Juli dann auch geschah. Der Analystenkonsens war schon vorher ungefähr bei den zuletzt von Adidas-Chef Björn Gulden für 2024 angekündigten 1 Mrd. € Betriebsgewinn. Gulden hat fundamental aber auch sehr viel Positives bewirkt. Adidas haben wir mit 2% gewichtet. Die Markteintrittsbarrieren sind nicht so hoch wie bei den Unternehmen, über die wir zuvor gesprochen haben.
Hohe Markteintrittsbarrieren hat auch das Geschäft von Sartorius Stedim. Deren Laborprodukte werden oft sogar aufgeführt im Zulassungsverfahren für die Medikamente, zu deren Herstellung sie verwendet werden. Leider sind die Lager der Kunden weiterhin voll. Wie belastend ist das für Sartorius?
Als es nach der Pandemie Lieferengpässe gegeben hatte, haben die Kunden danach einfach gekauft, was sie konnten. Mittlerweile hat Sartorius Stedim die Erwartungen schon für den zweiten Jahreszyklus nach unten korrigiert. Die Auswirkungen dieser früheren Übernachfrage haben wir in dem Masse nicht erwartet. Aber die biopharmazeutische Industrie wächst weiterhin um 6 bis 7%, und Sartorius Stedim als Zulieferer gewinnt Marktanteile. Wir sind für die Aktie langfristig recht zuversichtlich.
Sehen Sie auch bei anderen Unternehmen eine Erholung nach dem Abbau der hohen Lagerbestände bei Kunden?
Bei kleinen und mittelgrossen Aktien hatten wir zuletzt mehrere Beispiele dafür. Die Aktienkurse haben sich dann teils recht schnell um 20% erholt. Die meisten Branchen haben das Problem bereits hinter sich gelassen oder haben sich zumindest stabilisiert.
Gilt das auch für den Pharmaauftragsfertiger Lonza?
Lonza hat es gleich doppelt getroffen: Einmal durch die hohen Lagerbestände der Kunden. Dann waren viele Kunden Biotech-Start-ups, die seit der Zinswende teils kaum noch an frisches Wagniskapital kommen. Hinzu kommt die Governance des nun ausgeschiedenen Verwaltungsratspräsidenten Albert Baehny, mit vier Chefwechseln innerhalb von drei Jahren. Wir müssen sehen, was vom neuen CEO kommt. Lonza ist weiterhin in einem Wachstumsmarkt tätig. Das Unternehmen hat eine Sondergelegenheit in den USA, weil der Wettbewerber Wuxi aus China aufgrund des politischen Drucks künftig wohl ausfällt. Lonza hat von Roche eine Produktionsanlage in den USA gekauft, um bei Bedarf in den USA liefern zu können und weiter Marktanteile zu gewinnen.
In der Schweiz haben Sie, anders als in Deutschland, einige grosse Unternehmen gefunden: Der Comgest Growth Europe hat 12% Schweiz-Anteil. Im Compounders-Fonds halten Sie auch Nestlé. Wieviel Geduld haben Sie noch mit dem Unternehmen und mit CEO Mark Schneider? Schafft er die versprochene Wende zu mehr Wachstum?
Im Compounders-Fonds haben wir nur die Marathonläufer. Nestlé hat gelitten unter dem Abnehmtrend durch die Medikamente von Novo Nordisk und Eli Lilly. Der Umsatzanteil im Snackbereich liegt bei 35% und wird vom Markt kritisch eingeschätzt. Der Hauptanteil des Geschäfts liegt aber bei Tiernahrung, Wasser, Kaffee sowie Gesundheitsprodukten- und Zusatzstoffen. Nestlé bietet auch innovative Produkte für den Muskelaufbau. Wenn Sie Abnehmmittel nehmen, dann führt das nicht nur zu Gewichtsabnahme, sondern auch zu Muskelabbau. Die Aktie hat im letzten Jahr knapp 15% an Wert verloren aufgrund eines Deratings. Das kann man im Portfoliokontext durchaus kompensieren.
Sie legen Wert auf eine gute Vorhersagbarkeit der Ergebnisse. Ist die bei Nestlé für die kommenden Jahre überhaupt gegeben?
Jedenfalls ausreichend, um zu sagen, dass Nestlé ein Qualitätsunternehmen bleibt. Ich gebe Ihnen Recht, die Aktie ist die letzten zwei Jahre enttäuschend gelaufen. Gegenüber dem Höchststand von 2021 hat der Kurs ungefähr 30% verloren, aber eben nicht mehr, da die Qualität und damit die Profitabilität stimmen. Die Gewinne sind seitdem aber um 10% gestiegen, das heisst: Die Aktie ist heute durchaus attraktiv bewertet.
Die Wirtschaft in China dürfte noch jahrelang unter der Krise im Immobiliensektor und der marktfeindlichen Politik von Xi Jinping leiden. Beziehen Sie die Schwäche der Wirtschaft dort in Ihre Anlagestrategie ein?
Ja. Wir achten darauf, nicht viele Unternehmen in unserem Europa-Portfolio zu haben, die ein grosses China-Geschäft betreiben. Die Ausnahmen sind ASML, zumindest momentan, sowie Luxusgüterhersteller wie LVMH und auch Carl Zeiss Meditec.
Wie stark trifft die schwache deutsche Baukonjunktur Ihr Portfolio? Sie halten unter anderen die Aktien des Sanitärtechnikers Geberit, des Klimatechnikspezialisten Belimo sowie des Bauchemieproduzenten Sika.
Das gilt auch für unsere Position bei Scout 24, wegen des Geschäfts mit Immobilienanzeigen. Bei Sika, Geberit oder Belimo achten wir sehr darauf, dass die Unternehmen keine hohe Abhängigkeit vom Neubau haben, sondern auch Maintenance-Aktivitäten betreiben. Das ist bei allen Unternehmen der Fall. Auch hier sieht man die Qualität bei der Geberit, weil die Aktie trotz der sehr zyklischen Industrie eben keine Katastrophe ist. Belimo hat gerade seine Guidance nach oben korrigiert, da es von der starken Konjunktur für Rechenzentren profitiert.
Auf Sicht von drei Jahren ist der Geberit-Kurs um mehr als 20% gefallen.
Das ist kein Schmuckstück für den Fonds derzeit, aber es verdirbt uns auch nicht die Performance. Wir sehen jetzt schon, dass die Geschäftsergebnisse wieder wachsen. Die absehbar sinkenden Zinsen helfen dabei. Der Kurs dürfte den Boden gefunden haben.
Wolfgang Fickus
Der Deutsche arbeitet seit September 2012 bei Comgest. Zuvor war er ab 2000 bei der WestLB, ab 2005 als Leiter Research für kleine und mittelgrosse Aktien. Seine Karriere begann er 1995 als Fondsmanager bei Paribas Asset Management in Paris. Fickus besitzt einen Abschluss als Diplom-Kaufmann von der Universität Köln und einen Master-Abschluss von der London Business School.