Für das italienische Provinzmuseum ist es ein Happy End: Es hat sein Gemälde des Renaissancemalers Antonio Solario wieder. Die Besitzerin in England hingegen ging leer aus. Denn das Bild war gestohlen.
Als Baron De Dozsa das Gemälde kaufte, war es nur ein paar hundert Pfund wert: das Bild «Madonna mit Kind» aus dem 16. Jahrhundert. Die Mutter hält ihr Kind auf dem Schoss, die Hände um seinen Leib geschlossen, ihr Blick ist gesenkt. Im Hintergrund öffnet ein Fenster den Blick auf eine bewaldete Landschaft. Antonio Solario, genannt «der Zigeuner» malte es. Viel ist nicht über den Maler bekannt, aber seine Bilder sind in einigen wichtigen Museen vertreten, drei davon in der National Gallery in London.
Sein Freskenzyklus mit Geschichten des Heiligen Benedikt im Kreuzgang der Heiligen Severino und Sossio in Neapel gilt als sein bedeutendstes Werk. Der venezianische Maler soll um 1465 geboren worden sein und im Laufe seines Lebens England bereist haben. Jahrhunderte später trat auch sein Bild eine abenteuerliche Rundreise zwischen England und Italien an.
Langer Streit
Solarios Madonna hing von 1872 bis 1973 in einem Museum in der norditalienischen Provinzsstadt Belluno. Bis es gestohlen wurde, zusammen mit einigen anderen Bildern. Kurze Zeit später erstand Baron de Dozsa das Bild in England, ohne etwas von dem Diebstahl zu ahnen. Er brachte es nach Norfolk in seinen Renaissance-Palast, den Heinrich VIII. mehrfach besuchte und «meinen kleinen Landsitz» nannte. Der Baron hätte sich vermutlich nicht träumen lassen, was für einen Streit er mit seinem Kauf postum auslösen sollte.
Denn nach De Dozsas Tod gelangte das Kunstwerk in den Besitz seiner von ihm getrennten Ehefrau, die es 2017 über ein regionales Auktionshaus zu verkaufen versuchte. Dort wurde das Werk von jemandem entdeckt, der mit dem Museum in Belluno in Verbindung stand. Allerdings läutete der Fund keineswegs das Happy End für die ursprünglichen Besitzer im Museum von Belluno ein. Vielmehr begann ein Tauziehen mit Barbara de Dozsa, die sich lange Zeit sträubte, sich unentgeltlich von ihrem Schatz zu trennen. Im Laufe der Jahre war der Wert des Bildes auf 80 000 Pfund gestiegen.
Das Gemälde wurde von der örtlichen Polizei in Norfolk konfisziert, dann aber wieder an Barbara de Dozsa zurückgegeben. Die Polizei erklärte in einem Statement, man sei vom Innenministerium angewiesen worden, das Gemälde freizugeben, da mehrere Jahre vergangen seien und es keine Reaktion der italienischen Behörden in Bezug auf die Ermittlungen gegeben habe. Unter anderem die Pandemie verzögerte die Prozesse von Italien aus.
Verkauf unmöglich
Unterdessen war Christopher Marinello auf den Plan getreten, ein bekannter italoamerikanischer Anwalt, der sich auf die Rückführung gestohlener Kunstwerke spezialisiert hat und den ein ehemaliger Mandant auf seiner Website einmal als «eine Mischung aus Detektiv, Terrier und messerscharfem Advokaten» beschrieb. Den Fall, der sich fast eine Dekade hinzog, bearbeitete er pro bono, weil er, wie er sagte, familiäre Wurzeln in der Region des Museums habe.
Schliesslich überzeugte Marinello Barbara de Dosza, das Werk herauszugeben. Denn an einen Verkauf sei nicht zu denken: «Kein seriöses Auktionshaus wird sich jemals heranwagen.» Es stand auf den Fahndungslisten verschiedener Polizeibehörden, darunter Interpol und die italienischen Carabinieri, wie Marinello erklärte.
Als die Erbin das umstrittene Stück am Ende freigab, fühlte sich der Anwalt zu einem etwas zwiespältigen Kompliment veranlasst: «Sie hat mein Vertrauen in die Menschheit wiederhergestellt, wo doch so viele Besitzer gestohlener Kunstwerke heute versuchen, an ihnen festzuhalten.» De Dozsa schwieg. Das Museum in Belluno aber feierte die glückliche Heimkehr des Solario-Gemäldes in einem Foto. Es zeigt die örtlichen Würdenträger voller Stolz vor ihrem Madonnenbild mit Kind.