Die Firmeninhaber kritisieren das Vorgehen der Hausverwaltung. Diese weist die Vorwürfe zurück.
Dübel und Schräubchen, Schleifpapier, Werkzeugscheren, Teekannen, Glühbirnen, Grills: Ein Sammelsurium an Sachen und Sächelchen findet sich beim stadtbekannten «Eisen-Meyer», ein paar tausend Artikel auf 200 Quadratmetern. «Was wir nicht haben, das brauchst du auch nicht», so das Credo des Werkzeug-, Haushalts- und Eisenwarengeschäfts, das heute eigentlich Blattner AG heisst.
Der Eisen-Meyer ist eine Institution im Zürcher Seefeld. Nach fast 90 Jahren am gleichen Standort muss der Gemischtwarenladen nun aber schliessen.
Der Eigentümer des Hauses an der Seefeldstrasse, Robert Spörri, sei verstorben, schreiben die Inhaber. Spörri führte einst selbst das Geschäft. Das Haus habe Spörri seinen Nachfahren hinterlassen, die nun entschieden hätten, der Blattner AG den Mietvertrag zu kündigen.
So steht es auf einer Mitteilung, datiert auf Januar, die an dem Schaufenster des Ladens angebracht ist. Innen drin sind die Preise reduziert, die Gestelle sind mittlerweile schon ziemlich leer geräumt.
Laut der Mitteilung ist der Kündigung eine Unstimmigkeit zwischen Mieter und Verwaltung vorausgegangen. Der heutige Mitinhaber der Blattner AG, Ramin Seifeddini, sagt, sie seien im vergangenen Dezember gemahnt worden. Kurz darauf lag die Kündigung im Briefkasten.
Die Schlichtungsverhandlung entfällt
Schwierigkeiten habe ein Wechsel der Verwaltung bereitet, sagt Seifeddini. Während der Covid-Pandemie habe man mit der früheren Verwaltung, die 50 Jahre für das Gebäude zuständig gewesen sei, eine Abmachung getroffen.
«Wir waren im Ungewissen und unter Zugzwang wie alle Detaillisten», sagt Seifeddini. Sie hätten damals die Verwaltung um eine Umstellung auf Monatsmiete gebeten, was diese abgelehnt habe. Die Verwaltung habe es ihnen stattdessen erlaubt, die Miete innerhalb des Quartals zu leisten statt am Ersten des Monats. Den Mietzins hätten sie stets innerhalb dieser Frist beglichen.
«Die Schliessung ist für uns ein grosser Verlust», sagt Seifeddini. Weil aus Sicht der Blattner AG nicht gegen die Abmachung verstossen wurde, gingen sie gegen die Kündigung vor. Auf den 11. Januar sei ein Termin bei der Schlichtungsbehörde angesetzt gewesen, sagt Seifeddini.
Damit habe man gehofft, eine Verlängerung zu erwirken, um einen neuen Standort im Seefeld zu finden. Der Termin sei aber am gleichen Morgen abgesagt worden. Bis heute wisse er nicht, warum, sagt Seifeddini. Die neuen Eigentümer mieden den Dialog und hätten den Fall nun direkt an den Ausweisungsrichter weitergezogen. So entfalle die Schlichtungsverhandlung, welche eine einvernehmliche Lösung möglich gemacht hätte.
Die Hausverwaltung beruft sich auf das Datenschutzgesetz und will sich zum laufenden Verfahren nicht äussern. Sie hält aber fest, dass die Darstellungen der Mieter nicht den Tatsachen entsprächen.
Blattner sucht neues Lokal im Quartier
Gegründet wurde das Geschäft 1938 von Robert Spörri, dem kürzlich verstorbenen Hauseigentümer. Den Namen Eisen-Meyer hat es von Erhard Meyer erhalten, der das Geschäft nach Spörri 20 Jahre lang führte. Und zu Blattner wurde der Laden schliesslich, als das gleichnamige Ehepaar ihn übernahm – der alte Name aber blieb im Volksmund erhalten.
15 Jahre lang führte René Blattner das Traditionsgeschäft im Zürcher Seefeld zusammen mit seiner Frau Hilda und zehn Angestellten. «Es war wie ein Theater hier drinnen», sagte Blattner mit Blick auf die bunt gemischte Kundschaft der NZZ kurz vor seiner Pensionierung.
Anfang 2016 übernahmen Rudolf Sandherr und Taner Ankara, beides Eisenwarenhändler, zusammen mit dem Allzweckunternehmer Ramin Seifeddini. Der Laden gehört jedem zu einem Drittel.
Vieles ist noch wie früher. «Wenn man etwas sucht, das man sonst nicht mehr in den Läden der Stadt findet, kommt man zu uns», sagt Seifeddini. Ein einzelner Nagel, ein bestimmter Stecker, ein Teesieb, eine Knoblauchpresse. Viele der 15 000 alltäglichen Dinge, die hier verkauft werden, werden heute online bestellt.
Ein solch breites Sortiment wie bei Blattner gebe es eigentlich nirgends mehr, sagt Seifeddini. Die Konkurrenz entwickle sich zunehmend zu Boutiquen und Geschenkläden, die nur wenige ausgewählte Produkte anböten.
Fast schon legendär ist der Schraubenkeller. Ein leuchtend oranger Lift lockt in den Untergrund. Fährt man ins Untergeschoss, eröffnet sich ein Raum ungefähr so gross wie eine Garage. Gestelle reihen sich noch gedrängter als im Erdgeschoss aneinander. Bis zur Decke stapeln sich hier Schrauben, Nägel, Haken, Ösen. Ein Mitarbeiter berät hinter einer Theke vor zahlreichen blauen Schächtelchen die Kundinnen und Kunden.
Damit diese auch in Zukunft durch die Eisenwaren stöbern könnten, suche man nun eine Alternative im Seefeld. «Wir würden gerne im Quartier bleiben und ein Lokal zu einer angemessenen Miete finden», sagt Seifeddini.
Die beiden anderen Läden von Blattner AG auf Zürcher Stadtgebiet bleiben jedenfalls bestehen: im Shopville im Hauptbahnhof und in Oerlikon.