Das Lohnpaket des Novartis-Chefs Vas Narasimhan steigt auf über 19 Millionen Franken. Narasimhan sieht darin kein Problem. Novartis halte sich an branchenübliche Ansätze.
So viel Begeisterung über einen Jahresabschluss äussern Marktbeobachter selten. «Erwartungen in jeder Hinsicht übertroffen!», hielten die Analytiker der Bank Vontobel am Freitag mit Blick auf die letztjährigen Geschäftszahlen von Novartis fest. Auch die Experten des Wertschriftenhauses Stifel schienen ganz aus dem Häuschen zu sein: «Eindrückliche Zahlen im Schlussquartal und ein ebenso eindrücklicher Ausblick für 2025», lautete ihr Fazit.
Roche wächst nur einstellig
Der Basler Pharmakonzern, der seit der Abspaltung des Generikaherstellers Sandoz nur noch Originalprodukte im Angebot hat, steigerte im zurückliegenden Jahr den Umsatz um 11 Prozent auf 50,3 Milliarden Dollar. In Lokalwährungen erreichte das Wachstum sogar 12 Prozent.
Der Lokalrivale Roche, der seine Zahlen in Franken ausweist und auch letztes Jahr wieder die Stärke der Heimwährung negativ zu spüren bekam, hatte am Vortag ebenfalls über eine deutliche Leistungssteigerung berichtet. Allerdings musste er sich auch in Lokalwährungen mit einem einstelligen Umsatzzuwachs zufriedengeben.
Andere Konzernchefs erhalten noch mehr
Vas Narasimhan, der Konzernchef von Novartis, sprach an der Bilanzmedienkonferenz in Basel von «einem der besten Ergebnisse in der Unternehmensgeschichte». Der Amerikaner, der seit Februar 2018 der Geschäftsführung vorsteht, verdankt dem guten Abschneiden nun aber auch ein Lohnpaket, das weit über dem Niveau jenes des Chefs von Roche liegt. Im vergangenen Jahr erreichte es mit 19,2 Millionen Franken fast das Doppelte der 10 Millionen Franken, die Thomas Schinecker zuflossen. Es liegt zudem noch 3 Millionen über dem, was Narasimhan im Vorjahr zugesprochen bekam.
Auf die Frage, wie sich die Differenz zwischen seinem Lohnpaket und jenem des Roche-Chefs erkläre, sagte Narasimhan, Novartis habe sich nicht nur 2024, sondern bereits 2023 gut entwickelt. Dies spiegle sich in der Entlohnung. Der Konzern orientiere sich in der Lohnpolitik obendrein an etablierten Formeln, die auch von anderen grossen Medikamentenherstellern verwendet würden. Narasimhan sieht sich im Konkurrenzvergleich nicht als überbezahlt. 60 Prozent der CEO in der Vergleichsgruppe, so rechnete er vor, hätten in der Vergangenheit von höheren Bezügen profitiert.
Zusammen mit dem Finanzchef Harry Kirsch plädierte Narasimhan dafür, die Lohnpolitik von Novartis im globalen Kontext zu betrachten. Es gehe darum, international konkurrenzfähig zu sein, betonten beide. Nur so liessen sich Talente halten.
Dabei wirkt eine schweizerische genauso wie eine europäische Optik offenbar lästig. In den USA verdienen Chefs führender Medikamentenhersteller nicht selten mehrere Dutzend Millionen Dollar pro Jahr. Er erhoffe sich generell eine Diskussion darüber, wie Europa seine Wettbewerbsfähigkeit erhalten könne, erwähnte Narasimhan in diesem Kontext auch noch.
Wachstumsprobleme im Europageschäft
Wie viele Unternehmen auch der Gesundheitsbranche ist Novartis in den europäischen Märkten einer schwachen Dynamik ausgesetzt. Während in den USA die Verkäufe um 18 Prozent zunahmen, blieb das Wachstum in Europa auf 4 Prozent begrenzt.
Allerdings hat der Konzern anders als sein Konkurrent Roche in Amerika noch viel Aufholpotenzial. Im vergangenen Jahr steuerte das Geschäft in den USA erst 42 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Bei Roche war es mehr als die Hälfte.
Wie Narasimhan zu bedenken gab, liegt Novartis in den USA auch erst auf Rang neun unter den umsatzstärksten Medikamentenherstellern. Man wolle künftig eine höhere Position erreichen.
Gegenwind für umsatzstärkstes Produkt
Im amerikanischen Markt erwartet den Konzern zugleich im laufenden Jahr ein schmerzhafter Einschnitt. Mit Entresto dürfte dort zur Jahresmitte sein wichtigstes Produkt den Patentschutz verlieren. 2024 erwies sich das Herzmedikament noch als grosser Wachstumstreiber. Es brachte Novartis 30 Prozent höhere Einnahmen von 7,8 Milliarden Dollar.
Mehrere Anbieter stehen mit Kopien von Entresto in den Startlöchern. Der Verlust des Patentschutzes für dieses sowie zwei weitere umsatzstarke Produkte (Promacta und Tasigna) ist auch der Grund, weshalb das Management in der zweiten Jahreshälfte ein geringeres Wachstum erwartet als im ersten Semester. Für das Gesamtjahr stellt es eine Umsatzzunahme im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich in Aussicht.
Damit besitzt Novartis auch im laufenden Jahr gute Chancen, Roche zu übertreffen. Beim Konkurrenten mit Sitz am gegenüberliegenden Rheinufer lautet die Vorgabe: Wachstum der Konzernverkäufe um einen mittleren einstelligen Prozentsatz.
Der Aktienkurs von Novartis stieg am Freitag gut 3 Prozent auf über 97 Franken. Damit legte er im Jahresvergleich knapp 9 Prozent zu. In einen ähnlichen Umfang fallen die Kursavancen über den Zeitraum der vergangenen fünf Jahre aus. Verglichen mit der Lohnentwicklung des Konzernchefs, ist das wenig.