Der grösste japanische Medikamentenhersteller Takeda steht unter Kostendruck. Die 1200 Beschäftigten in der Europazentrale in Opfikon müssen sich weniger Büros als bisher teilen. Ein grösserer Stellenabbau liegt in der Luft.
Takeda ist als Pharmaunternehmen in der Schweiz wenig bekannt. Doch der grösste japanische Medikamentenhersteller beschäftigt hierzulande, in seiner Europazentrale in Opfikon sowie in einer Fabrik in Neuenburg, knapp 2000 Mitarbeiter. Der Konzern zählt damit zu den bedeutendsten Arbeitgebern in der hiesigen Pharmabranche hinter den Schwergewichten Roche, Novartis und Lonza.
Finanzanalytiker fordern Sparmassnahmen
Doch die Stimmung bei Takeda ist nicht gut. Wie die NZZ von zwei externen Quellen, die eng mit den Verhältnissen beim Unternehmen vertraut sind, erfahren hat, herrscht grosser Kostendruck. Takeda müsse sparen, sagen die Informanten übereinstimmend, die namentlich nicht genannt werden wollen. Laut der einen Quelle kommt Takeda nicht umhin, 5 bis 10 Prozent der Kosten zu eliminieren. Die andere spricht sogar von 20 bis 25 Prozent.
Der Konzern wollte sich selbst nicht zu Sparmassnahmen äussern. Man kommentiere keine Spekulationen. Allerdings wird im Markt offen darüber diskutiert, dass Takeda ein Kostenproblem hat.
So hielten Analytiker der US-Grossbank Citi Anfang vergangenen Februars fest, das Unternehmen benötige ein globales Kostensenkungsprogramm, um die jüngst auf unter 25 Prozent abgesackte Kernbetriebsgewinnmarge wieder über die vom Management anvisierte Schwelle von über 30 Prozent zu bringen. Die Kernbetriebsgewinnmarge, die in der Pharmabranche eine vielbeachtete Kennziffer bildet, bezeichnet das Verhältnis zwischen Umsatz und Betriebsergebnis vor Sonderfaktoren wie zum Beispiel Restrukturierungsaufwendungen.
Kostspieliger Kauf von Shire belastet die Bilanz bis heute
Das Unternehmen steht indes nicht nur wegen seiner deutlich verschlechterten Profitabilität unter Druck. Takeda macht auch weiterhin die hohe Verschuldung zu schaffen, welche die Finanzierung der Übernahme des Konkurrenten Shire vor fünf Jahren mit sich brachte.
Takeda liess sich den Kauf 62 Milliarden Dollar kosten und wendete dafür primär Fremdkapital auf. Die Transaktion, die bis heute zu den teuersten in der Geschichte der Pharmaindustrie zählt, war aus heutiger Sicht wohl deutlich überzahlt. Marktbeobachter von Bloomberg erwähnten sie vor kurzem in einer Aufstellung zu besonders kostspieligen Übernahmen, die bei den Urhebern «Bedauern» auslösen sollten.
Sie wiesen darauf hin, dass Aktionäre von Takeda in der Zwischenzeit – in Dollar gerechnet – einen Wertverlust von 29 Prozent erlitten hätten. Der gesamte Pharmasektor habe im Gegensatz dazu Anlegern im selben Zeitraum unter Einschluss von Dividendenzahlungen zu Wertsteigerungen von 79 Prozent verholfen.
Einer der Hauptumsatzträger aus dem Portfolio von Shire, das Medikament Vyvanse zur Behandlung der Aufmerksamkeits-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS), verlor im vergangenen Jahr den Patentschutz. Erste Generika dafür gelangten in den USA im August auf den Markt. Im Dezemberquartal verzeichnete Takeda prompt einen Umsatzeinbruch von 12 Prozent in Geschäften mit Vyvanse.
Stagnierende Umsätze
In den beiden Geschäftsjahren 2021/22 und 2022/23 – Takeda erstellt wie die meisten japanischen Unternehmen den Jahresabschluss per Ende März – war es noch gelungen, den Umsatz konzernweit um einen zweistelligen Prozentsatz zu steigern. Doch bereits im zurückliegenden Jahr dürfte der Konzern laut Markterwartungen beinahe stagniert haben. Takeda wird die Zahlen für diese Periode am 9. Mai präsentieren.
Besserung ist keine Sicht. So hat der Konzernchef Christophe Weber, welcher der Geschäftsleitung seit neun Jahren vorsteht und damit zu den amtsältesten CEO in der Pharmabranche zählt, bereits angekündigt, dass auch das neue Geschäftsjahr (per Ende März 2025) ein herausforderungsreiches mit stagnierenden Verkäufen werden dürfte.
Dem Unternehmen fehlen auf kurze bis mittlere Sicht neue umsatzträchtige Produkte. Finanzanalytiker rechnen laut der Datenbank von Bloomberg während der gesamten nächsten vier Jahre mit so gut wie keinem Wachstum. Takeda verfügt in Sachen Wachstumsaussichten über eine der schwächsten Positionen unter den führenden Medikamentenherstellern weltweit.
Nachholbedarf bei der Digitalisierung
Der japanische Konzern steht zudem nicht nur vor der Herausforderung, seine Produktepipeline aufzufrischen. Er hat auch substanziellen Nachholbedarf bei der Digitalisierung seiner Geschäftsprozesse. Die meisten Konkurrenten hätten diesbezüglich deutlich mehr gemacht, heisst es aus Branchenkreisen.
Mittlerweile wurden auch bei Takeda weitreichende Initiativen im Bereich der Digitalisierung gestartet. Die Massnahmen, die insbesondere im Verkauf gewisse Arbeitsstellen überflüssig machen dürften, werden zunächst aber vor allem Geld kosten und damit die Marge belasten. Analytiker des Wertschriftenhauses Morgan Stanley rechnen denn auch mit einem «ziemlich flachen» Verlauf, was die Entwicklung der Kernbetriebsgewinnmarge in den kommenden fünf Jahren anbelangt.
Offen ist, wie viele Stellen wegen der erwarteten Sparmassnahmen obsolet werden. In der Zentrale in Opfikon sind insgesamt 1200 Mitarbeitende beschäftigt – 650 weitere entfallen auf das Produktionswerk in Neuenburg.
Der Pharmakonzern steuert vom Zürcher Vorort aus sein globales Produktionsnetzwerk und bearbeitet von dort auch die Absatzregionen Europa und Kanada. Die Beschäftigten wurden jüngst in einem rundum erneuerten Gebäude zusammengezogen, nachdem sie zuvor auf zwei Bürobauten verteilt gewesen waren. Sie haben damit weniger Platz als bis anhin zur Verfügung.
Für die Angestellten von Takeda in der Schweiz wäre ein Stellenabbau nicht der erste in der jüngeren Vergangenheit. Bereits vor vier Jahren hatte der Konzern im Zuge des damaligen Zusammenschlusses mit Shire hierzulande Einsparungen in der Verwaltung angeordnet. Damals bestätigte er, bis zu 280 Stellen zu streichen.