In Deutschland und Österreich haben die höheren Zinsen Druck auf die Eigenheimpreise ausgeübt. Nicht so in der Schweiz: Hier ist Wohneigentum auch 2023 und 2024 deutlich teurer geworden – und alles deutet darauf hin, dass der Aufwärtstrend weitergeht.
Der Schweizer Eigenheimmarkt ist ein Phänomen: Seit 25 Jahren steigen die Preise praktisch ununterbrochen. Nicht einmal die deutlichen Zinserhöhungen durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) zwischen Juni 2022 und Juni 2023 – von –0,75 Prozent auf +1,75 Prozent – haben den Preisauftrieb gebremst. Laut dem Immobilienberatungsunternehmen Iazi legten die Preise für Wohneigentum in den vergangenen 24 Monaten um 8,9 Prozent zu.
Das war in den meisten umliegenden Ländern anders. Nur Italien (+2,8 Prozent) verzeichnete in den vergangenen zwei Jahren ebenfalls ein leichtes Plus, allerdings bei einem seit längerem weitgehend seitwärts tendierenden Markt. In Österreich mussten Wohneigentümer Werteinbussen von –3,6 Prozent hinnehmen, in Frankreich betrug das Minus 4,5 Prozent.
Besonders heftig traf es Deutschland, wo Wohneigentum um 12,2 Prozent günstiger wurde. Wären solche Preiskorrekturen in der Schweiz eingetreten, hätte dies viele Eigenheimbesitzer stark belastet, wie der Iazi-Präsident Donato Scognamiglio am Dienstag an einer Medienkonferenz ausführte. Bei einer typischen Finanzierung mit 20 Prozent Eigenkapital und 80 Prozent Hypothek würde eine solche Abwertung mehr als die Hälfte des Eigenkapitals auslöschen – eine Situation, die Nachforderungen der Banken provozieren könnte.
Aber eben: Die Schweiz ist nicht Deutschland. Letztmals abwärts ging es hierzulande in den 1990er Jahren. Seit dem Wendepunkt im Jahr 1998 haben sich die Preise laut Iazi landesweit mehr als verdoppelt (+130 Prozent). In gefragten Regionen wie Zürich, Zug oder Genf zahlt man für Wohneigentum heute sogar mehr als dreimal so viel wie vor 25 Jahren.
Andere Käufer, andere Mieter
Eine typische Eigentumswohnung mit 115 Quadratmetern – nicht neu, aber in gutem Zustand – kostet gemäss den Daten von Iazi heute in den teuersten Städten mehr als 2 Millionen. An der Spitze steht Genf mit 2,22 Millionen Franken, auf Platz zwei Zürich mit 2,12 Millionen. Danach kommen Ferienorte wie St. Moritz (1,74 Millionen) oder Zermatt (1,70 Millionen).
Wer kann sich das noch leisten? Für eine 2-Millionen-Liegenschaft braucht es 400 000 Franken Eigenkapital, und das Einkommen sollte auch noch bei mindestens 250 000 Franken liegen. «Es sind auf jeden Fall nicht die gleichen Leute wie früher», betont Scognamiglio. Und genau da liege das Problem. Die ansässige Bevölkerung werde weggedrängt.
Zinssenkungen kurbeln die Nachfrage weiter an
Ein Ende der steigenden Preise ist derzeit nicht absehbar. Zwar registrierte das Iazi im vergangenen halben Jahr eine leichte Abschwächung (auf noch +2 Prozent), aber an den preistreibenden Faktoren hat sich nichts geändert: Mit der stark wachsenden Bevölkerung nimmt die Nachfrage weiter deutlich zu, während das Angebot nur zögerlich ausgeweitet wird.
Auch die Zinsentwicklung spricht für weiter steigende Preise. Seit dem Frühling ist die SNB daran, ihre geldpolitischen Zügel wieder zu lockern. In drei Schritten wurden die Leitzinsen um 0,75 Prozentpunkte gesenkt, so dass sie nun wieder bei bescheidenen 1 Prozent liegen. Damit sind auch Hypotheken wieder günstiger zu haben: Sowohl Saron-Hypotheken als auch zehnjährige Fix-Hypotheken gibt es derzeit für rund 1,7 Prozent. Laut Scognamiglio spricht zudem einiges dafür, dass es weitergeht mit den Zinssenkungen. Der Markt erwarte noch mehrere Zinssenkungen, wie sich am Forward-Saron ablesen lasse; selbst Null- oder Negativzinsen seien wieder denkbar.
Es sind aber nicht nur die Eigenheime, die unerschwinglich geworden sind. Auch wer eine Mietwohnung sucht, muss Jahr für Jahr tiefer in die Tasche greifen. Seit rund einem Jahr ist die Entwicklung besonders drastisch: Während vorher die Nominallöhne ähnlich stark stiegen wie die Angebotsmieten, öffnet sich seit Ende 2023 eine Schere: Die Angebotsmieten steigen deutlich schneller als die Löhne.
Auch für den Mietwohnungsmarkt gilt deshalb, was Scognamiglio zum Eigenheimmarkt gesagt hat: Es gibt zwar immer noch Leute, die sich die Miete beispielsweise im teuren Zürich leisten können. Aber es sind nicht mehr die gleichen Leute wie früher.