Der Entscheid zeugt von der wachsenden Entfremdung zwischen Israel und den Vereinigten Staaten. Was folgt aus der Resolution?
Der Uno-Sicherheitsrat hat am Montag eine Resolution verabschiedet, die einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen fordert. 14 Mitglieder des Gremiums, inklusive der Schweiz, stimmten zu. Die USA enthielten sich der Stimme. Die Resolution fordert einen sofortigen Waffenstillstand für die verbleibende Zeit des Ramadans, der am 11. März begann. Ausserdem fordert sie die sofortige Freilassung der mehr als 130 nach Gaza verschleppten israelischen Geiseln. Zudem wird in dem Text gefordert, mehr Hilfsgüter in den Küstenstreifen zu lassen.
Der Entscheid des Sicherheitsrats markiert eine Zäsur, vor allem im Verhältnis zwischen den USA und Israel. Bis anhin hatte Washington seine Vetomacht in dem wichtigsten Uno-Gremium genutzt, um Israel den Rücken freizuhalten. Doch der Druck auf Israel nimmt zu: Bereits am Freitag hatte Washington eine ähnliche Resolution eingebracht, die allerdings von den Vetomächten China und Russland blockiert wurde. Die Begründung: Der Text forderte keine Waffenruhe, sondern betonte lediglich ihre «Notwendigkeit». Der nun angenommene Text wurde von den zehn nichtständigen Mitgliedern des Rates eingebracht, darunter die Schweiz.
Beziehungskrise zwischen Israel und den USA
Die USA rücken auf der internationalen Bühne zunehmend von der Position der israelischen Regierung ab. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte mehrmals betont, dass er den Krieg bis zum «totalen Sieg» über die Hamas fortsetzen werde. Die Terrororganisation hatte Israel am 7. Oktober angegriffen und mehr als 1200 Menschen ermordet sowie über 200 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Die Enthaltung am Montag zementiert die Beziehungskrise zwischen den beiden Verbündeten.
Die Reaktion der Regierung in Jerusalem folgte prompt. Kurz nach dem Entscheid des Sicherheitsrats sagte Netanyahu die Reise einer israelischen Delegation nach Washington ab. Wichtige Mitarbeiter des israelischen Ministerpräsidenten sollten diese Woche in die USA reisen, um Alternativen zu einem Einmarsch in Rafah zu beraten, zu dem die israelische Regierung entschlossen ist.
Der israelische Uno-Botschafter Gilad Erdan kritisierte die Resolution am Montag vor dem Sicherheitsrat scharf. Diese gebe der Hamas Hoffnung, dass der internationale Druck zu einem Waffenstillstand ohne die Freilassung der Geiseln führe. Denn im Resolutionstext sei diese nicht als Bedingung für eine Feuerpause genannt. «Alle Mitglieder des Rates hätten gegen diese schändliche Resolution stimmen sollen.» Laut Netanyahu markiert die Enthaltung der USA «eine klare Abkehr von der konsistenten Position der USA im Sicherheitsrat seit Beginn des Krieges».
Die USA widersprechen dieser Deutung. «Unser Abstimmungsverhalten stellt keinen Wechsel unserer Position dar», sagte John Kirby, der Sprecher des Rates für die Nationale Sicherheit, am Montag. Washington habe einen Waffenstillstand und die gleichzeitige Freilassung der Geiseln bereits zuvor unterstützt. «Es gibt keinen Grund, dies als eine Form der Eskalation anzusehen. Wir haben uns enthalten, da die Hamas im Resolutionstext nicht verurteilt wird.»
Was folgt aus der Resolution?
Im Unterschied zu Resolutionen der Uno-Generalversammlung sind Resolutionen des Sicherheitsrats rechtlich bindend. Die Uno-Mitglieder haben sich in der Uno-Charta dazu verpflichtet, den Beschlüssen des höchsten Gremiums Folge zu leisten.
Allerdings passiert das nicht immer. In der Vergangenheit haben Länder wie Iran, Syrien oder Nordkorea Resolutionen des Sicherheitsrats missachtet. Auch Israel hielt sich nicht an die Beschlüsse. Als der Sicherheitsrat etwa im November mehrtägige Feuerpausen in Gaza forderte, nannte der israelische Uno-Botschafter die verabschiedete Resolution «bedeutungslos».
Falls Länder sich nicht an die Resolutionen halten, kann der Sicherheitsrat Sanktionen verhängen oder ein militärisches Eingreifen erlauben. Dass es bei Israel so weit kommt, ist unwahrscheinlich. Dennoch: Der Entscheid zeugt von der zunehmenden internationalen Isolation des jüdischen Staates. Nicht einmal der engste Verbündete steht unabdingbar an der Seite Israels.