Die Kommunikationsagentur Feinheit hat mit dem Ja zur 13. AHV-Rente den dritten Sieg in Folge errungen. Die Beziehungen zur SP sind eng.
Was 2010 der SVP gelang, gelingt 2024 der SP. Die Partei bringt ein Anliegen durch, das fast alle anderen ablehnen. Waren es bei der Ausschaffungsinitiative schwarze Schäfchen, die für Aufruhr sorgten, ist es dieses Mal ein Satz, der zieht: «Die Rente reicht nicht mehr.»
Hinter der erfolgreichen Kampagne steht unter anderem die Agentur Feinheit mit Standorten in Bern und Zürich. Von den 26 Initiativen, die das Schweizer Stimmvolk seit 1891 angenommen hat, hat sie 3 über die Ziellinie begleitet. In den letzten drei Jahren.
2021 arbeitet Feinheit zusammen mit dem Initiativkomitee die Kampagne zur Pflegeinitiative aus. Von den Plakatwänden redete eine Pflegerin den Stimmbürgern ins Gewissen: «Damit wir da sind, wenn du uns brauchst». Das Stimmvolk nahm die Vorlage mit 61 Prozent an.
Ein Jahr später lautete die Botschaft: «Wegen Tabakwerbung rauchen mehr Kinder.» Ein Jugendlicher, fast noch ein Kind, raucht eine Zigarette. Das Anliegen erhielt 57 Prozent Zustimmung.
Pults Stolperstein
Erstmals einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde Feinheit im vergangenen Herbst vor den Bundesratswahlen. Der Bauernverband kritisierte das Engagement des Kandidaten Jon Pult bei der Kommunikationsagentur.
Pult arbeitet seit 2016 bei der Agentur als Kommunikations- und Strategieberater, seit 2022 sitzt er im Verwaltungsrat. Im Vorfeld der Trinkwasser- und Pestizidinitiative lancierten Umweltverbände im Sommer 2020 eine Negativkampagne, die in einem Video den Cüpli schlürfenden Bauernverbandspräsidenten Markus Ritter zeigte. Dahinter stand Feinheit.
Pults Engagement stiess den Bauern sauer auf, sie unterstützten Beat Jans. Pult verlor die Bundesratswahlen deutlich. Heute sei er bei Feinheit nur noch rein strategisch tätig, sagt er auf Anfrage. In laufende Kampagnen sei er nicht direkt involviert. Zudem seien politische Kampagnen nur ein Standbein der Agentur. Feinheit berate auch KMU, NGO und die öffentliche Hand.
Dennoch ist es augenfällig, wie stark verflochten Feinheit im linken Milieu ist. Nicht nur bei der Auswahl der Kampagnen, sondern auch beim Personal. Zum Beispiel arbeitet Michael Sorg bei Feinheit als Kommunikationsberater. Zwischen 2018 und 2021 war er Co-Generalsekretär bei der SP. Nun wechselt er wieder zurück in die Politik: Per Mitte März wird er persönlicher Mitarbeiter von SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider.
Moritz Zumbühl, der die Agentur 2006 gegründet hatte, besitzt ebenfalls ein linkes Parteibüchlein. Er kandierte bei den Nationalratswahlen 2007 für die Grünen. 2020 verliess er die Unternehmensleitung, heute ist er Verwaltungsratspräsident. Ilias Panchard, Co-Präsident der Lausanner Grünen, hat 2021 acht Monate bei Feinheit gearbeitet.
Und die Feinheit-Kommunikationsexpertin Isabelle Bamert sitzt im Vorstand der Koalition für Konzernverantwortung, der Nachfolgeorganisation der Organisation hinter der Konzernverantwortungsinitiative, die das Volk im November 2020 abgelehnt hat.
Die Adresse der Koalition: Monbijoustrasse 31 in Bern. Sie teilt sich ein Dach mit den linken Organisationen Alliance Sud und Sans Papiers Bern. Die Feinheit-Kampagnenberaterin Stephanie Auderset wiederum leitete vor vier Jahren das bürgerliche Komitee für Konzernverantwortung. Bamert und Auderset arbeiteten zudem beide für SRF. Feinheit wiederum konzipierte für die SRG die Plattform «SRG Insider».
Initiativen-Pendel schwenkt nach links
Früher waren es die Rechten, die am besten für ihre Anliegen mobilisierten. Bis zur Pflegeinitiative waren es in den vergangenen zwanzig Jahren vor allem Volksinitiativen der SVP, die beim Volk reüssierten. Auch diese stammten alle von der gleichen Agentur: Goal.
Aus der Feder des Geschäftsführers Alexander Segert stammten die Kampagnen zur Minarettinitiative (2009), zur Ausschaffungsinitiative (2010) und zur Masseneinwanderungsinitiative (2014). Vor drei Jahren reüssierte die SVP-Agentur zudem mit der Kampagne zum Verhüllungsverbot.
Der Meinungsforscher Michael Hermann vermutet, es liege an einem Stimmungswechsel in der Bevölkerung, dass nun linke Initiativen Mehrheiten fänden. Der Sieg bei der 13. AHV sei dermassen deutlich gewesen, dass es auch mit einer schlechter geführten Kampagne gereicht hätte.
Aber Hermann sieht Vorteile im linken Lager, das nun ebenfalls ein hochprofessionelles, auf Initiativen-Kampagnen spezialisiertes Büro auf Armlänge habe. Ähnlich wie die SVP, die seit Jahrzehnten mit der Agentur Goal kollaboriert. Bereits 1979 beauftragte Christoph Blocher Goal für seinen Nationalratswahlkampf.
Schlägt Feinheit bei der Prämieninitiative erneut zu?
Im Juni stimmt die Schweiz über die Prämienentlastungsinitiative ab. Diese hat das Anliegen, dass die Krankenkassenprämien höchstens zehn Prozent des Einkommens betragen sollen. In einer kürzlich publizierten ersten Umfrage von Tamedia erhält sie viel Zuspruch von den Stimmberechtigten.
Aufgrund der jüngsten Erfolge wäre es schlüssig, wenn Feinheit auch für die Prämienentlastungsinitiative angeheuert würde. Denn hinter dem Anliegen steht die SP, bei der 13. AHV-Rente war es der Schweizerische Gewerkschaftsbund. Feinheit hält sich auf Anfrage bedeckt.