Nach dem Rückzug des Zürchers Sandro Stroppa bleibt für das höchste Amt im Schweizer Fussball nur noch ein Kandidat: Der konkurrenzlose Peter Knäbel dürfte am 24. Mai als Nachfolger von Dominique Blanc gewählt werden.
Wer in den letzten sechzehn Jahren Präsident des Schweizerischen Fussballverbands (SFV) werden wollte, wusste den Support der Amateurklubs geballt hinter sich. Anders ging es nicht. 2009 beerbte Peter Gilliéron Ralph Zloczower, und 2019 folgte Dominique Blanc auf Gilliéron. Beide konnten das Gewicht der Amateurliga in die Waagschale werfen, das Gewicht der Abteilung mit den meisten Stimmen im SFV.
Jetzt wird das ungeschriebene Gesetz ausser Kraft gesetzt. Am Freitag zog der 55-jährige Zürcher Sandro Stroppa als langjähriger Präsident der Amateurliga mit Einsitz im SFV-Zentralvorstand seine Kandidatur zurück. Zuvor hatten die Swiss Football League (28 Stimmen) und am letzten Wochenende die Klubs der Ersten Liga (26 Stimmen) die Empfehlung Knäbel kommuniziert. Das war für Stroppa offenbar zu viel Gegenwind, auch wenn er theoretisch 47 der 51 notwendigen Stimmen (absolutes Mehr) auf sich vereint.
«Nach reiflicher Überlegung und in Absprache mit meinen Vertrauten habe ich beschlossen, meine Kandidatur für das SFV-Präsidium zurückzuziehen», lässt sich Stroppa in einem Communiqué zitieren. Darüber hinaus sichert Stroppa Knäbel die volle Unterstützung zu. Das heisst so viel wie: Bricht nicht noch die Welt über dem Wahlgremium zusammen, heisst der neue SFV-Chef Peter Knäbel.
Der schweizerische-deutsche und in Solothurn wohnhafte Doppelbürger hat ein ganz anderes Curriculum Vitae als seine Vorgänger. Er war Fussballer, wirkte ab 2003 als Technischer Direktor und später als Nachwuchschef im FC Basel, der sich damals als Trendsetter im Schweizer Klubfussball etablierte. Knäbel wechselte 2009 als Technischer Direktor zum SFV, in dem er 2014 und nach der Ära des Nationaltrainers Ottmar Hitzfeld aufhörte.
Es folgten teilweise turbulente Jahre unter dem Dach von zwei grossen deutschen Traditionsklubs, die zu Sorgenkindern geworden sind – als Direktor für Profifussball zuerst im Hamburger SV, ab 2018 in leitenden Funktionen bei Schalke 04. Dort erlebte er das ganze Spektrum: Bundesliga, Abstieg in die 2. Bundesliga, Wiederaufstieg, Abstieg, Klub in Finanznot. Der Verein erholte sich nie mehr, auch jetzt wird er nicht in die Bundesliga zurückkehren.
Auf jeden Fall wird dem SFV ein profunder Kenner des Fussballs vorstehen. Der 58-jährige Knäbel ist über zehn Jahre jünger, als es der jetzt abtretende Dominique Blanc bei seiner Wahl 2019 war. Er kennt den Fussball, die Dynamik in Spitzenklubs von innen, er weiss über die Nachwuchs- sowie nicht zuletzt über die Verbandsarbeit Bescheid. Im SFV gibt es einige Baustellen: Die A-Auswahl und deren Führung ist ein Dauerbrenner, da geht es vor allem um die im September startende Qualifikation für die lukrative WM 2026 in den USA. Zudem muss Pierluigi Tami ersetzt werden, der Direktor der Nationalmannschaft.
Da bleibt immerhin Zeit: Tami hat seinen Abgang per Ende 2026 angekündigt. Doch viel wird sportlich wie ökonomisch davon beeinflusst, wie die Schweizer Fussballer die Qualifikation für die WM gestalten. Daran ändern die tollsten Nachwuchs- und Schiedsrichterprojekte ebenso wenig wie die Frauen-EM im Sommer im eigenen Land.