Über 20 000 Proben hat das Kantonale Labor letztes Jahr untersucht. Die Inspektoren machten auch ungewöhnliche Entdeckungen.
Der «Käsekuchen mit Mango» ist mit Darmbakterien verunreinigt. Ein Energydrink enthält fast doppelt so viel Koffein wie angegeben. Und ein Ketchup weist eine derart hohe Konzentration von Toxinen auf, dass es wohl aus verschimmelten Rohstoffen hergestellt worden ist: Der Jahresbericht des Kantonalen Labors Zürich ist ein Sammelsurium von aufgedeckten Missständen, die mitunter kurios ausfallen können.
Eine unerwartete Entdeckung machte etwa ein Kontrolleur, als er die Adresse eines neu eröffneten Onlineshops für Spirituosen aufsuchte. Statt eines Lagers landete er in einer Zahnarztpraxis, in deren Wartezimmer tatsächlich Spirituosen verkauft wurden. «Vielleicht möchte sich ja wirklich der eine oder andere Patient Mut antrinken vor der Behandlung», schreibt das Kantonale Labor dazu. Doch der Zahnarzt hätte eine Bewilligung für den Handel mit Alkohol benötigt.
Über 20 000 Proben hat das Labor 2024 untersucht. Zehn Prozent der geprüften Proben wurden beanstandet, wie es am Dienstag mitteilt. Auf den ersten Blick ist das ein hoher Anteil. Doch das Labor weist darauf hin, dass es gezielt Produkte mit erhöhtem Risiko untersuche.
Dazu gehören neben Energydrinks und mit Crème gefüllter Patisserie auch Frittieröl, CBD-haltige Nahrungsergänzungsmittel oder Mais-Snacks. Letztgenannte können genetisch veränderte Organismen enthalten, die in der Schweiz bewilligungspflichtig sind und deklariert werden müssen.
Das ist offenbar nicht immer der Fall. Im Kantonalen Labor blieben 4 von 20 untersuchten Proben hängen. Die Betriebe, die diese Produkte verkaufen, wurden angewiesen, diese sofort aus dem Verkehr zu ziehen.
Verboten scharfe Chips
Mais-Snacks haben letztes Jahr vor allem in einem anderen Zusammenhang Schlagzeilen gemacht. Anfang Jahr machte in den sozialen Netzwerken die «Hot Chip Challenge» die Runde – eine Mutprobe, in der die meist jungen Teilnehmer einen sehr scharfen Chip assen und sich dabei filmten. Bei manchen Jugendlichen waren die Nebenwirkungen so heftig, dass sie ärztlich behandelt werden mussten.
Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen stufte diese Produkte schliesslich als potenziell gesundheitsschädigend ein. Im Kanton Zürich hat das Lebensmittelinspektorat bei mehreren Anbietern auch im Onlinehandel Packungen sichergestellt und den Verkauf verboten.
Das Labor untersucht neben Lebensmitteln auch Trink- und Badewasser sowie Solarien. Einen wesentlichen Anteil an seinen Aufgaben haben Kontrollen in der Gastronomie.
Die Lebensmittelsicherheit in Gastrobetrieben sei grundsätzlich sehr hoch, sagt der Kantonschemiker Martin Brunner. «In einem geöffneten Betrieb kann man bedenkenlos essen gehen.» Zwar finden die Kontrolleure fast immer etwas zum Beanstanden, etwa Brotkrumen in einer Besteckschublade. Diese seien aber nicht gesundheitsgefährdend.
9420 Gastrobetriebe gibt es im Kanton Zürich, fast 5000 Inspektionen wurden durchgeführt. Das Labor stufte 419 als Betriebe mit «erheblichem» und 7 als solche mit «grossem» Risiko ein. Diese werden häufiger kontrolliert als Lokale, von denen keine Gefahr ausgeht.
Dass ein Restaurant oder ein Take-away geschlossen werden müsse, komme sehr selten vor, sagt Brunner – etwa dann, wenn Speisen unter unhygienischen Bedingungen hergestellt werden und die Gefahr, dass darum Gäste krank werden, nicht anders abgewendet werden kann. Eine Statistik dazu existiert nicht.
Meist ist der verdorbene Kebab-Spiess schon weg
Das Kantonale Labor gehe allen Meldungen zu Lebensmittelvergiftungen nach. Nur: Warum sich jemand den Magen verdorben habe, lasse sich im Nachhinein kaum mehr feststellen, sagt Brunner. Denn ein mit Keimen belasteter Kebab-Spiess ist meistens schon weg, bis die Kontrollen stattfinden. Hinzu kommt, dass die meisten Leute den eigenen Kühlschrank als Ursache des Übels ausschliessen.
Brunner betont, dass die Resultate von Kontrollen immer eine Momentaufnahme darstellten. Wenn in einem Restaurant ein Tag nach der Kontrolle der Kühlschrank ausfalle, verschlechterten sich möglicherweise auch die hygienischen Zustände in dem Betrieb.
Immerhin: Mit neuer Technologie soll es künftig schneller gehen, bis Kontrollresultate vorliegen. «Früher mussten wir drei Wochen auf einen Bericht warten», sagt Brunner. Dank der sogenannten Genomsequenzierung sei dies heute anders. Mit dieser Methode können etwa Bakterien in Lebensmitteln untersucht werden.
In seiner Arbeit ist der Kantonschemiker täglich mit Unappetitlichkeiten in der Gastronomie konfrontiert. Dennoch geht er immer mit einem guten Gefühl im Restaurant essen. «Alles andere würde bedeuten, dass wir unsere Arbeit nicht gut machen.» Auch bei der Auswahl von Gerichten ist er unzimperlich.
Nur eine Zutat legt er konsequent weg: Sprossen. «Diese wachsen auf feuchtem Untergrund, und die Mikroorganismen darauf wachsen mit.» Das begünstige eine Verunreinigung mit Keimen.