Pfandtourismus wird das Vorgehen genannt. Aber lohnt sich das?
An der deutsch-österreichischen Grenze entsteht in diesen Wochen ein neues Phänomen: Deutsche reisen nach Österreich, um ihre Mehrwegflaschen gegen Pfand einzutauschen. Pfandtourismus wird das genannt. Und es passiert, weil Österreich Anfang Februar das Pfand auf Mehrwegflaschen erhöht hat.
Das Pfand zahlen Konsumenten auf den Flaschenpreis obendrauf und erhalten es zurück, wenn sie das Leergut retournieren. Die Getränkehersteller können etwa Mehrwegflaschen auf diesem Weg wiederverwenden. Das ist ökologisch sinnvoll, zudem sind die Flaschen für die Getränkehersteller eine wichtige Ressource.
Diese Mehrwegflaschen werden vor allem von Bierbrauereien genutzt, und je nach Bierkonsum kann sich die Grenzüberquerung für Deutsche nun tatsächlich lohnen.
Neue Flaschen sind teurer als das Pfand
In Deutschland liegt das Pfand bei 8 Cent pro Flasche. In Österreich ist es nun von 9 auf 20 Cent gestiegen. Für den Kasten erhielt man in Österreich zudem schon länger doppelt so viel Pfand wie in Deutschland. Konkret bedeutet das: Kauft man in Deutschland einen Kasten mit 20 Bieren und gibt ihn in Österreich zurück, erhält man dafür 7 Euro. In Deutschland wären es 3 Euro 10.
In Österreich erhofft man sich vom höheren Pfand, dass die Konsumenten die Flaschen schneller wieder zurückbringen und der Produktion wieder mehr Flaschen zur Verfügung stehen. Nun könnte der Pfandtourismus gar dafür sorgen, dass zumindest die Händler an der Grenze mehr Flaschen erhalten, als sie verkauft haben.
Doch der Pfandtourismus könnte negative Folgen für den Handel und die Brauereien auf der deutschen Seite haben. Denn umgekehrt erhalten die Brauereien in Deutschland weniger Flaschen zurück. Sie haben zwar das Pfand eingenommen, aber ihnen fehlen die Glasflaschen und Kästen. Sie müssen neue einkaufen, doch deren Kosten übersteigen das erhaltene Pfand in Deutschland deutlich.
Glasflaschen wurden in den vergangenen Jahren unter anderem wegen des Ukraine-Krieges knapper und teurer. In der Ukraine wurden zwei Glaswerke zerstört, und Russland fiel wegen der Sanktionen als Lieferant weg. Dadurch wurde es noch wichtiger, dass die Konsumenten ihre Glasbehälter wiederverwerten und Mehrwegflaschen zurückgeben. Ein höheres Pfand soll ein Anreiz dafür sein.
Ein solcher Schritt wird daher auch in Deutschland schon länger diskutiert. Doch der Brauereiverband hat sich in der Vergangenheit skeptisch geäussert. Mehr Pfand würde beim Kauf die Getränke teurer machen. Zudem fürchtet man Leergut-Engpässe, falls die Kunden Leergut vor der Pfanderhöhung horten, um danach mehr Geld dafür zu erhalten. Dass nun Österreich das Pfand deutlich erhöht hat, setzt die deutschen Brauereien – zumindest jene in Grenznähe – weiter unter Druck.
Noch fehlen genaue Zahlen, wie viele Deutsche für das Pfand tatsächlich nach Österreich fahren oder künftig fahren könnten. Ein Brauereibesitzer sagte mehreren deutschen Medien, in den ersten Tagen sei die Tendenz «katastrophal» gewesen. Ein Vertreter des Brauereiverbandes Österreich sagte, er könne keine Zahlen nennen, aber einige Händler würden melden, dass etwas mehr los sei als sonst.
Der genannte Brauereibesitzer sagte, er kenne einen Fall, da sei jemand mit einem Anhänger mit 50 Kästen Bier bei einem österreichischen Getränkemarkt vorgefahren. Möglicherweise wurde er abgelehnt. Denn die Händler in Österreich sind zwar verpflichtet, das Leergut zurückzunehmen – das gilt jedoch nur, wenn sie das Produkt auch selbst im Sortiment führen und es sich um eine Menge handelt, die ein durchschnittlicher Haushalt konsumiert haben kann.