Die hartnäckige Inflation in den USA sorgt für Gegenwind, der Weltaktienindex büsst zum zweiten Mal in Folge an Terrain ein. Das The Market Risk Barometer legt dennoch leicht zu.
Der Rückgang stockt. Die Inflation in den USA ist im März einmal mehr höher ausgefallen, als vom Gros der Ökonomen erwartet worden war. Die Jahresveränderung der Konsumentenpreise (Consumer Price Index) beschleunigte sich von 3,2% auf 3,5%, was dem höchsten Wert seit September entspricht (blaue Linie in der Grafik). Die Kernrate der Inflation, welche die mitunter stark schwankenden Energie- und Nahrungsmittelpreise ausklammert, verharrte im März auf ebenfalls hohen 3,8% (gelb).
Wiederum war der Dienstleistungssektor für die Zunahme verantwortlich, denn die Teuerung bei den Güterpreisen hat sich weiter normalisiert. Angesichts des anhaltenden Preisdrucks verschlechtern sich die Aussichten auf eine baldige Leitzinssenkung durch die US-Notenbank (Fed) – zumal auch die Arbeitsmarktdaten zum Monatsbeginn wider Erwarten robust ausgefallen waren.
«Higher for longer» ist zurück
Kein Wunder, haben die Märkte ihre Erwartungen angepasst: An den Terminmärkten wird jetzt erst für den September eine erste Zinssenkung erwartet. Die eingepreiste Wahrscheinlichkeit für einen Schritt im Juni beträgt bloss noch etwas mehr als 20%. Bis zum Jahresende soll es insgesamt zwei Zinssenkungen geben, zum Jahresbeginn lagen die Hoffnungen noch bei sieben Schritten.
Der Bondmarkt reagierte mit einem kräftigen Zinsanstieg, die Aktienmärkte nahmen die neuen Daten ebenfalls wenig erfreut zur Kenntnis. Der Weltaktienindex von MSCI verlor im Wochenverlauf 1,4% an Wert und verbuchte den zweiten Rückgang in Folge.
Der Nikkei 225 schwingt obenaus
Aus regionaler Sicht verzeichneten in der vergangenen Woche einzig der Nikkei 225 (+1,4%) und der FTSE 100 (+1,1%) Kursavancen. Der MSCI China (–0,1%) bewegte sich kaum und schaffte es ebenfalls aufs Podest. Die übrigen Indizes büssten zwischen 0,4% (Schwellenländer) und 1,6% (S&P 500) an Wert ein.
Auch die Kursentwicklung bei den Aktiensektoren war wenig erbaulich. Am besten schlugen sich die Branchen Technologie (–0,4%), Kommunikation (–0,8%) sowie Energie (–1%).
Wie schon vor einer Woche gehörten Gesundheitsvaloren zu den Enttäuschungen: Sie büssten 2,4% ein. Noch schlechter erging es Immobilien- (–2,5%) und Finanzaktien (–3,2%). Insbesondere die US-Grossbanken Wells Fargo und JPMorgan verfehlten mit ihren Ergebnissen die Markterwartungen, was Druck auf den Sektor ausübte.
Risk Barometer steigt wieder
Das Risk Barometer von The Market signalisiert dennoch einen etwas grösseren Risikoappetit unter den Marktteilnehmern. Im Vergleich zur Vorwoche kletterte es von 49 auf neu 56 Punkte, womit es wieder über dem langjährigen Mittelwert von 50 notiert.
Von den neun Stimmungsindikatoren, die ins Barometer fliessen, haben sich vier aufgehellt und fünf haben sich eingetrübt.
Negativ zu Buche schlug insbesondere der Anstieg der Volatilitätsindizes auf den S&P 500 (Vix) und auf den Euro Stoxx 50 (Vstoxx) – die beiden Indikatoren messen die erwartete Schwankungsbreite in den kommenden dreissig Tagen für die beiden Aktienbarometer.
Insgesamt überwogen jedoch die positiven Komponenten, wie etwa die Hedge Funds, die ihre Positionen im S&P 500 erhöhten, sowie die sich fortsetzende Outperformance von Aktien konjunktursensitiver Unternehmen gegenüber ihren defensiven Pendants.
Geopolitik als Spielverderber?
Während die Leitzinssenkungen in den USA weiter in die Zukunft rücken, nehmen die Spannungen im Nahen Osten zu. In der Nacht vom Samstag auf den Sonntag hat Iran Israel mit Drohnen und Raketen erstmals direkt angegriffen, wobei die meisten Geschosse abgefangen werden konnten.
Der Angriff ist ein Vergeltungsschlag für eine mutmassliche israelische Attacke zu Beginn des Monats auf das iranische Konsulat in Damaskus, bei dem mehrere iranische Offiziere, darunter General Zahedi, getötet wurden. Noch zeigen sich die Finanzmärkte ziemlich entspannt – der Erdölpreis hat sich über das Wochenende kaum bewegt, und auch die Aktienmärkte sind überwiegend freundlich in die neue Woche gestartet. Eine weitere Eskalation – etwa, falls Israel zurückschlagen sollte – dürfte die Risikofreude der Anleger allerdings belasten und stellt ein Risiko für die Märkte dar.