Am Freitag hat laut CoinGecko das vierte sogenannte Bitcoin-Halving stattgefunden. Warum geschieht das, und wie wirkt es sich auf den Kurs aus? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Der Bitcoin-Kurs kennt seit Anfang dieses Jahres kein Halten mehr. Nachdem das letzte Allzeithoch im November 2021 erreicht worden war, folgten im Jahr 2024 gleich mehrere neue Höchststände. Die Skandale rund um die Krypto-Börsen FTX und Binance scheinen vergessen, die Anleger haben wieder Vertrauen in die Kryptowährung gewonnen.
Nun dürfte die Nachfrage weiter steigen. Denn die Menge der Bitcoins, die in Umlauf kommen, ist gerade erneut halbiert worden. Laut CoinGecko, einem Unternehmen für Kryptowährungsdaten und Analysen, sei der sogenannte Halving-Prozess, der etwa alle vier Jahre stattfindet, am Freitag abgeschlossen worden.
Chris Gannatti, globaler Leiter der Forschungsabteilung des Vermögensverwalters WisdomTree, der börsengehandelte Bitcoin-Fonds vertreibt, bezeichnete die Halbierung als «eines der grössten Ereignisse in der Kryptowelt in diesem Jahr».
Was bedeutet das, und wieso ist es so schwierig, den genauen Zeitpunkt des Halving zu bestimmen? Die wichtigsten Antworten.
Was ist ein Bitcoin-Halving?
Bitcoin werden durch einen Prozess namens Mining «geschürft». Dabei lösen Miner mit speziellen Computern mathematische Probleme, um neue Blöcke zu erzeugen, die in die Bitcoin-Blockchain eingefügt werden. Dafür, dass sie die benötigte Rechenkapazität bereitstellen, erhalten die Miner Bitcoins. Im Fachjargon heisst dieser Prozess Proof-of-Work-Konsensverfahren.
Rund alle vier Jahre wird die Höhe der Belohnung, die die Miner erhalten, halbiert – und zwar jedes Mal, wenn 210 000 neue Blöcke erschaffen werden. Ursprünglich erhielten die Miner für jeden hinzugefügten Block 50 Bitcoins. Mit dem gerade erfolgten vierten Halving erhalten Miner pro hinzugefügtem Block nur noch 3,125 statt 6,25 Bitcoins.
Warum findet das Halving statt?
Die Halbierung der Belohnung ist im Code der Kryptowährung fest verankert und soll die Gesamtmenge an Bitcoins regulieren. Die Konzeption sieht vor, dass nur eine begrenzte Anzahl von Coins erstellt werden kann, insgesamt knapp 21 Millionen. Präziser gesagt: höchstens 20 999 999,9769 Bitcoins.
«Damit die Menge an Bitcoins in Richtung dieser Grenze konvergiert, muss die Höhe der ausgeschütteten Belohnung immer kleiner werden», erklärt Fabian Schär, Blockchain-Professor an der Universität Basel. Das aktuelle Halving fand bei einer Blockhöhe von 840 000 statt. Wann diese erreicht würde, konnte im Vorfeld nur geschätzt werden: Da das Proof-of-Work-Konsensverfahren auf einem dezentralen Netzwerk basiert und die Mining-Slots per Zufallsverfahren vergeben werden, konnte man nicht genau bestimmen, wann der 840 000. Block hinzugefügt werden würde.
Bitcoin wurde so entworfen, dass etwa alle zehn Minuten ein neuer Block zur Blockchain hinzukommt. Die System-Parameter werden dabei automatisch immer wieder so angepasst, dass dieser Schnitt ungefähr aufrechterhalten werden kann. «Wenn aber zwischen diesen Anpassungen mehr Rechenleistung ins System fliesst, kann der Wert vorübergehend unter zehn Minuten fallen. Im Laufe von vier Jahren kann die Summe dieser kleinen Abweichungen zu einer deutlichen Verschiebung führen», erklärt Fabian Schär. Darum ist es unmöglich, im Voraus einen genauen Termin für das Halving zu bestimmen. Schätzungen gingen vom 20. April aus.
Wie wirkt sich das Halving auf den Bitcoin-Kurs aus?
«Aus ökonomischer Sicht sollte der Kurs eigentlich überhaupt nicht reagieren», sagt Schär. Schliesslich komme das Halving nicht überraschend, sondern sei von Beginn an eingeplant gewesen. Die Information müsste folglich im Bitcoin-Kurs eingepreist sein.
Dass bisherige Beobachtungen dieser ökonomischen Theorie widersprechen, lässt sich seiner Meinung nach durch die erhöhte Aufmerksamkeit auf dem Thema erklären, die zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung führen könne. Schär rät aber zur Vorsicht und warnt generell vor Kursprognosen. «Letztlich weiss niemand, wo es hingehen wird. Die beste Prognose für den zukünftigen Kurs ist der heutige Kurs.»
Wie hat sich der Kurs in jüngster Zeit entwickelt?
In den vergangenen Monaten hat der Bitcoin-Kurs nach einer längeren schwierigen Phase wieder zu neuen Höhenflügen angesetzt. Anfang März erreichte er bei knapp über 69 200 Dollar ein neues Allzeithoch, das nur wenige Tage später erneut überschritten wurde. Mitte März notierte der Bitcoin vorübergehend bei 73 750 Dollar, seitdem hat er die Marke von 70 000 vermehrt überschritten.
Dieser Kursanstieg ist vor allem auf die im Januar erfolgte Zulassung von sogenannten Bitcoin-ETF durch die amerikanische Börsenaufsicht SEC zurückzuführen. Diese Anlagevehikel ermöglichen es Privatpersonen und professionellen Investoren, über herkömmliche Fonds Bitcoin zu kaufen. Aber auch die Erwartung des anstehenden Halving wird von Marktbeobachtern als Grund für den Kursanstieg genannt.
Wie hat der Markt auf vergangene Halvings reagiert?
Auf bisherige Halvings reagierte der Bitcoin stets mit einem deutlichen Kursanstieg. Im November 2012 wurde die Zahl der ausgezahlten Bitcoins das erste Mal halbiert, von 50 auf 25. Zu diesem Zeitpunkt lag der Bitcoin-Kurs bei 12.35 Dollar. Nach 150 Tagen stieg er auf 127 Dollar und erreichte seinen Höhepunkt zwischen dem ersten und zweiten Halving im Dezember 2013 mit etwa 1038 Dollar.
Das zweite Halving erfolgte im Juli 2016, mit einer Halbierung auf 12,5 Bitcoin. Der Kurs lag zum Zeitpunkt des Halving bei 650.63 Dollar, der Höchststand wurde im Dezember 2016 mit 20 000 Dollar erreicht. Das dritte Bitcoin-Halving fand am 11. Mai 2020 statt. Nach diesem Halving war der Anstieg am extremsten: Innerhalb kürzester Zeit überstieg der Bitcoin-Kurs die 60 000-Dollar-Marke.
Was sind die Auswirkungen für die Miner?
«Die Miner sind so lange bereit, Rechenleistung aufzuwenden, wie es sich für sie lohnt», sagt Fabian Schär. Durch eine Halbierung der ausgezahlten Bitcoins wird das Schürfen unattraktiver, wodurch die Rechenleistung im System zu sinken droht – allerdings nur, wenn alle sonstigen Faktoren gleich bleiben. «Würden beispielsweise der Bitcoin-Kurs oder die Transaktionsgebühren steigen, könnten Einbussen ausgeglichen werden», so Schär.
Sollte das nicht der Fall sein, müssten die Miner, um wettbewerbsfähig zu bleiben, im Laufe der Zeit effizienter werden. Miner, die nicht rentabel sind, scheiden aus dem Markt aus, da sie keine Gewinne erzielen können. «Das kann potenziell zu einer grösseren Zentralisierung im Markt führen, da weniger Miner die Transaktionen verarbeiten», so Schär.
Was passiert, wenn der letzte Bitcoin «geschürft» ist?
Durch die Reduzierung der Belohnungen für die Miner wird der letzte Bitcoin voraussichtlich im Jahr 2140 geschürft werden. Ab diesem Zeitpunkt liegt die Aufgabe der Bitcoin-Miner nur noch darin, Transaktionen zu validieren und zu bestätigen.
«Spannend wird die Frage, ob diese Transaktionsgebühren hoch genug sein werden, um eine ausreichende Sicherheit für das System zu garantieren», sagt Schär. Denn wenn Miner aussteigen, sinkt auch die Rechenleistung, und der Bitcoin wird angreifbarer. «Stellen Sie sich vor, ich wäre der Einzige, der mit seinem Computer Bitcoins schürft. Dann könnten Sie bereits mit zwei äquivalenten Computern die gesamte Blockchain angreifen und Transaktionen zurückrollen.»
Und mit jedem Halving, so Schär, werde diese Frage drängender. «Der Stellenwert, den die Transaktionsgebühren einnehmen, steigt alle vier Jahre an.»