Das Verwaltungsgericht kippt den Entscheid der Baudirektion, wer die Grube für den Neubau der Universität Zürich graben darf.
Die Grube, um die es in diesem Streit geht, ist noch gar nicht ausgehoben. Doch ist sie bereits tief genug, dass sie zur Stolperfalle für ein ganzes Projekt werden könnte. Ein Projekt, wie es grösser kaum möglich ist.
Denn für das Forum UZH, den Neubau der Universität Zürich zwischen Rämi- und Gloriastrasse, richtet der Kanton mit der grossen Kelle an. Rund 600 Millionen Franken hat der Kantonsrat im März 2023 für das neue Hochschulgebiet in der Stadt bewilligt.
Noch nie hat der Kanton ein so teures Gebäude gebaut. Von einem «Prunkbau», der «das Gesicht Zürichs verändern» werde, war im Kantonsrat die Rede.
Schon die Eckdaten des Neubaus sind beeindruckend: Auf einem dreigeschossigen Sockelbau aus Beton sollen sieben Ebenen als Holzbau entstehen. Zentrales Element wird ein riesiger Lichthof sein. Dazu kommt ein bepflanzter Stadtplatz vor dem Gebäude. Niemand Geringeres als die Architekten Herzog & de Meuron stehen Pate.
Vergangenen August wurde die Baustelle eingezäunt, es folgt nun die Sanierung der Altlasten, ehe die bestehenden Bauten zurückgebaut werden.
Wegen des Streits um die Baugrube droht sich nun aber das Projekt zu verzögern. Hintergrund ist ein am Donnerstag veröffentlichtes Urteil des Zürcher Verwaltungsgerichtes. Darin wehrt sich eine der unterlegenen Baufirmen gegen den Vergabeentscheid.
Wie Recherchen der NZZ zeigen, hatten sich die Baufirmen Eberhard, Implenia und Kibag um das Ausheben der Baugrube beworben. Den Auftrag vergab die kantonale Baudirektion am Ende an die Kibag.
Für rund 30 Millionen Franken war sie bereit, die Arbeiten zu übernehmen. Damit stach sie die Konkurrenz aus. Die Preisspanne der Angebote reichte von 30 bis rund 42 Millionen Franken.
Der Preis war allerdings nicht das einzige Kriterium in der Ausschreibung. Auch die Nachhaltigkeit (30 Prozent) und die Qualität (20 Prozent) wurden bewertet. Es ist die Qualität, die nun die Wende bringt.
Denn die unterlegene Firma legte Rekurs ein gegen den Entscheid der Baudirektion. Ihre Referenzen der bisherigen Projekte seien mathematisch falsch bewertet worden, lautet der Vorwurf.
Also haben die Richter des Verwaltungsgerichts mit der ursprünglichen Bewertungsmethode sowie mit einer Vergleichsmethode nachgerechnet. Mit dem Ergebnis, dass «bei korrekter Bewertung» die unterlegene Firma plötzlich mehr Punkte als die Kibag erzielt.
Das Verwaltungsgericht heisst darum die Beschwerde der unterlegenen Baufirma gut. Der Kanton müsse ihr neu den Zuschlag für die Baugrube erteilen.
Die Kibag geht ans Bundesgericht
Nur, was bedeutet dieser Last-Minute-Wechsel für das Prestigeprojekt des Kantons?
Denn eines zeichnet sich bereits ab: Die Kibag will sich den Millionenauftrag nicht in letzter Minute wegschnappen lassen.
Wie eine Sprecherin zur NZZ sagt, ist der Gerichtsentscheid für die Firma nicht nachvollziehbar. Darum habe man sich entschlossen, das Urteil ans Bundesgericht weiterzuziehen.
Weil man das Projekt nicht unnötig verzögern wolle, habe man die Beschwerde bereits eingereicht. Die Sprecherin sagt, man sei nach Kräften bemüht, Verzögerungen zu verhindern, und biete darum Hand für Lösungen, die ein schnelles Voranschreiten des Projekts ermöglichten.
Das Urteil des Gerichts wirft aber auch Fragen zur Vergabepraxis der kantonalen Baudirektion auf. Wie ist es möglich, dass ein Zuschlag plötzlich anders ausfällt?
Auf Anfrage der NZZ will sich die Baudirektion inhaltlich nicht äussern. Es handle sich nach wie vor um ein laufendes Verfahren. Selbst verzichte man auf einen Weiterzug des Urteils. Doch der Kanton bestätigt die entsprechenden Pläne einer «mitbeteiligten Partei», gemeint ist die Kibag.
Dieser Weiterzug ans Bundesgericht dürfte den Entscheid in Sachen Baugrube laut der Baudirektion «wohl um mehrere Monate» verzögern. Erst nach einem rechtskräftigen Urteil über die Beschwerde könne abgeschätzt werden, was das Verfahren für die «nächsten Meilensteine» und insbesondere für den Fertigstellungstermin bedeute. Auch über allfällige Mehrkosten durch die Beschwerde kann die Baudirektion nichts sagen.
Das Bundesgericht müsse nun über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde entscheiden. Oder anders ausgedrückt: Welche Arbeiten dürfen nun weitergehen? Der Kanton und die Universität wollen nun jedenfalls prüfen, ob gewisse Arbeiten am Projekt trotzdem vorgezogen werden können. Konkret, ob bereits gerodet werden kann und ob die Schadstoffsanierung beginnen darf.
Auch die Finanzen könnten zu Verzögerungen führen
Dass nun Rechtsmittel zu einer Verzögerung des Projekts führen, wäre nur eine mögliche Wende. Denn auch aus einer anderen Richtung drohen dem Jahrhundertprojekt weitere Verzögerungen. Vonseiten der kantonalen Finanzen.
Um die Neuverschuldung einzudämmen, schiebt der Regierungsrat insbesondere Hochbauvorhaben hinaus. Der Kanton hat nämlich Investitionen aus finanziellen Gründen «priorisiert». Das heisst: Jene, die Kriterien wie Dringlichkeit, Bedeutung oder Werterhaltung nicht erfüllen, werden hinausgeschoben.
Mit der aktuellen Kürzung der Bauinvestitionen sei auch der Neubau Forum UZH nicht mehr gesichert, teilte die Universität vergangenen Herbst der NZZ mit. Die Investitionskürzungen wirkten sich auf den ganzen Kanton aus, somit auch auf die Universität. Momentan würden keine Planungen gestoppt. Man prüfe aber die Folgen für das kommende Budgetjahr und Verschiebungen oder Verlangsamungen einzelner Grossvorhaben über 2025 hinaus.
Noch immer gilt das Jahr 2029 als Ziel. Bis dann soll das Forum UZH fertiggestellt sein. Bleibt abzuwarten, welche Hürden das teuerste Gebäude des Kantons Zürich bis dahin noch zu nehmen hat.