Man sollte Schaffhausen nicht unterschätzen. Auch wenn in der Stadt längst kein international bekanntes Gourmetrestaurant mehr existiert: An kulinarischen Ideen fehlt es nicht – und das Bewusstsein für guten Wein ist weit überdurchschnittlich.
Auf die Karte der Gourmetrestaurants von nationalem oder gar internationalem Format schafft es Schaffhausen derzeit nicht. Was aber keineswegs bedeutete, dass man hier nicht ausgezeichnet essen könnte. Ganz im Gegenteil, denn Übertreibungen gibt es nicht, die Restaurants konzentrieren sich auf das Wesentliche, das Preis-Leistungs-Verhältnis ist durchweg überzeugend.
Und weil gerade jetzt in Schaffhausen das Gourmetfestival stattfindet – noch bis zum 31. Mai –, lohnt sich der Ausflug besonders.
Die «Sommerlust»: ein Michelin-Stern für Schaffhausen
Lorenz Messora ist ein Wirt, der jahrelang konsequent an der Weiterentwicklung der «Sommerlust» gearbeitet hat. Inzwischen hat er mit Dan Rodriguez Zaugg, Katiuska Villalba Paredes und Alejandro Perez Polo ein eingespieltes Küchenteam zusammengestellt. Schaffhauser Tradition trifft im Menu auf spanische Einflüsse – und das funktioniert alles zusammen verblüffend gut; Fisch- und Meeresfrüchte-Kreationen wie die Jakobsmuschel mit Jalapeño sowie die Desserts sind besonders zu erwähnen. Um die Weinbegleitung kümmert sich der Chef gern persönlich.
«D’Chuchi»: klein und extrafein
Wetten, dass selbst in Schaffhausen nicht jeder von diesem Restaurant weiss? Andrea und Jan Schmidlin verfügen nämlich nur über wenige Tische und eine kleine Karte, was bedeutet, dass man früh reservieren muss, um Lachsforelle oder Lammrücken bestellen zu können. Alles ist modern angerichtet und erkennbar frisch, und alles ist so sympathisch kalkuliert, wie man es hierzulande nicht mehr häufig findet.
«Beckenburg»: der Glace wegen
Regionale Küche ist für die Inhaber der «Beckenburg» ein Grundprinzip. Bachsaibling aus Bremgarten, Rindfleisch von Luma, Gemüse und Käsespezialitäten aus der Umgebung . . . Dass man hier auf die Desserts einen so grossen Wert legt, freut uns als Patisserie-Fans besonders. Die hausgemachte Glace, vielleicht in Form des besten Eiskaffees der Stadt serviert, gehört zu den Attraktionen. Weinkenner können dagegen in die Vielfalt der Schaffhauser Rebkultur eintauchen.
«Wirtschaft zum Frieden»: Zeitreise
Man fühlt sich in dieser Beiz ein wenig in die Vergangenheit versetzt – was gar nicht negativ zu verstehen ist. Dass auf der Karte aus der Mode gekommene Speisen wie Flusskrebscocktail und Kalbsmilken samt Morchelsauce stehen, wirkt vielmehr sympathisch. Eine nicht selbstverständliche Gastkultur kommt auch bei den Desserts (Tarte Tatin) und den Weinen zum Tragen. Glasweise wird so ziemlich das Beste ausgeschenkt, was der Kanton zu bieten hat: etwa die Abfüllungen von Besson-Strasser.
«Munotblick»: warum nicht vegan?
Für manche mag der Ausblick auf den Rhein der einzige Grund für eine Tischreservierung sein, aber das bestreiten wir entschieden. Hier kann der Gast nämlich erstaunlich modern und vielfältig speisen. Rindsfilet mit Tristan-Languste zum Beispiel, eine Vermählung zweier Luxusprodukte, aber auch Sellerie-Steak mit Fenchel und Fregola sarda als vegane Attraktion.
Der «Güterhof»: Menus zum Festival
Vor neun (!) Jahren waren wir nicht ganz so begeistert von der Leistung des Restaurants, weil die Routine ins Unaufmerksame abgeglitten war – aber das ist Schnee von gestern, schliesslich steht das einstige Lagergebäude seit 2018 unter neuer Leitung, wurde 2019 komplett umgebaut. Wir verstehen gut, dass man in einem so grossen und so zentral gelegenen Betrieb keine individuelle Gourmetküche anbieten kann. Klassiker wie Zürigeschnetzeltes und Cordon bleu sind trotzdem (oder gerade deshalb) zu empfehlen, ebenso Desserts wie das Tobleronemousse. Für alle, die in den kommenden Wochen reservieren: Das anlässlich der Schaffhauser Gourmetwochen angebotene Menu, sogar in veganer Ausführung, zeugt von gewissen Ambitionen.
Das «Haberhuus»: Fried Rice oder Safranrisotto?
Geheimtipp für Einheimische. Hier geht es nicht um grosse Küche, aber das Gebotene ist erstaunlich gelungen. Allein schon das Brot macht mehr Spass als in so manchem höher bewerteten Restaurant, und wer zum Rindsschmorbraten nicht Risotto, sondern Fried Rice bestellt, begeht zwar einen Kulturbruch, wird aber feststellen, dass beides mit kulinarischem Sachverstand zubereitet wurde. Kleine Weinauswahl, aber mit Bier und Cocktails kann man schliesslich auch einmal leben.