Der Streit zwischen der «Harry Potter»-Autorin und Nicola Sturgeon hat eine Vorgeschichte. In einem langen Verriss hält Rowling der Politikerin vor allem Verrat an den Frauen vor.
Die zwei Frauen waren sich noch nie gut. Die Weltanschauung der einen ist das komplette Gegenteil von derjenigen der anderen.
Nicola Sturgeon setzt sich für Trans-Rechte ein und wollte während ihrer Regierungszeit in Schottland ein Gesetz einführen, das es Betroffenen erleichtert hätte, mit einer Selbstdeklaration ohne viel Aufwand ihr Geschlecht zu ändern. Die britische Regierung legte damals ihr Veto ein.
J. K. Rowling kämpft dagegen an, dass biologische Männer, die sich als Frauen definieren, in die geschützten Räume von Frauen vordringen oder im Wettkampfsport Vorteile haben. Das Selbstbestimmungsgesetz hätte dies erleichtert.
Was sie von Sturgeon hält, teilte die «Harry Potter»-Autorin der Welt schon 2022 mit einem T-Shirt mit. «Destroyer of women’s rights» stand darauf. Sturgeon zerstöre mit ihrer vorbehaltlos bejahenden Trans-Politik Frauenrechte.
Sturgeon wiederum hält Rowling vor, mit ihren trans-kritischen Aussagen die Debatte «vergiftet» zu haben.
Ein Buch «wie eine PR-Erklärung»
Nun hat Sturgeon ihre Memoiren unter dem Titel «Frankly» veröffentlicht, und Rowling hat sie gelesen. Sie hat eine Rezension dazu verfasst und diese auf ihrer Website veröffentlicht. Rowlings Buchkritik ist 20 000 Zeichen lang. Sie würde gut zwei Zeitungsseiten füllen.
Bloss würde eine Zeitung einem Buch, das die Rezensentin so schlecht findet, wohl nicht so viel Platz einräumen. Für Rowling liest sich die Autobiografie «wie eine PR-Erklärung, die sechzehn Mal überarbeitet wurde».
Vergleich mit Trump
Rowling vergleicht Sturgeons Erinnerungen an ihre Jugendjahre mit der Fantasy-Serie «Twilight». Die Heldin hier wie dort sei «ein schüchternes, unbeholfenes, belesenes Mädchen». Mal ist Rowlings Ton sarkastisch, dann wieder polemisch. So stellt sie Sturgeons Selbstlob die Niederlagen entgegen, die diese während ihrer Regierungszeit hinnehmen musste. Dazu gehört die «Besessenheit» der Politikerin, mit der diese für Schottlands Unabhängigkeit kämpfte. Und scheiterte.
Noch wütender ist Rowling über Sturgeons unbeirrtes Einstehen für Trans-Rechte. Sturgeon sei weiterhin überzeugt, «dass Männer, die Kleider tragen und sich Frauen nennen, dies nur aus unschuldigen Motiven tun können». Dabei habe die Vergangenheit gezeigt, dass männliche Sexualstraftäter es ausnutzten, wenn man ihnen den Zutritt zu den Schutzräumen von Frauen gewähre.
«In ihrer schamlosen Leugnung der Realität und der harten Fakten ist sie eine Trump-Anhängerin durch und durch», schreibt Rowling.
Wegen ihrer Ansichten zur Trans-Thematik griff Rowling Sturgeon auch auf X an. Sie postete ein Foto der aufgeschlagenen Buchseiten von «Frankly», auf die sie gekritzelt hatte: «Wollen Sie mich verarschen?»
Annotating as I read to review. Might auction my scribbled-on copy, proceeds to go to @ForWomenScot.
NB: nobody who’s offended by swearing should bid. pic.twitter.com/sOQOR3uYR8
— J.K. Rowling (@jk_rowling) August 12, 2025
Rowling ungebrochen angefeindet
Rowling schreibt in ihrer Rezension, sie habe Sturgeon lange bewundert als Frau, die sich in der von Männern dominierten Politik mit ihren Machtstrukturen behauptete. Ihre Erfahrungen mit sexistischen Vorurteilen und sexualisierten Beleidigungen teile sie.
Das ist aber das einzige Mal, dass Rowling milde tönt. Sonst arbeitet sie sich regelrecht an diesem Buch und seiner Verfasserin ab, so dass sich diese schon wieder geehrt fühlen könnte, dass sich jemand so intensiv mit ihr auseinandersetzt.
Rowling klingt oft unnötig höhnisch, das wirkt unsouverän. Wer so hämisch austeilt, ist offenbar auf Rache aus und hat eine offene Rechnung zu begleichen. Memoiren, in denen die Person im Mittelpunkt steht, eignen sich dazu.
Allerdings versteht man auch Rowling. Die Schriftstellerin wird dermassen angefeindet von der Trans-Gemeinschaft und deren Befürwortern, dass sie nichts mehr zu verlieren hat. Ihre Bücher werden verbrannt, die Darsteller der «Harry Potter»-Verfilmungen haben sich von ihr abgewandt. Rowling wird als «transphob» diskreditiert und erhält Morddrohungen.
Auf X schreibt Rowling, sie versteigere ihr mit Notizen übersätes Exemplar von «Frankly» vielleicht. Den Erlös spende sie einer schottischen Frauenrechtsorganisation. Sie merkt ironisch an: Niemand solle mitbieten, der sich durch Schimpfwörter beleidigt fühle. So ist sie dann wieder.