Der Wert der hierzulande blockierten russischen Finanzvermögen von Privaten ist seit November 2022 um 1,7 Milliarden auf 5,8 Milliarden Franken gesunken. Der Hauptgrund sind laut Bund die schlechten Kursentwicklungen russischer Aktien.
Das muss man erklären. Vor knapp anderthalb Jahren hatte der Bund gemeldet, dass in der Schweiz per 25. November 2022 russische Finanzvermögen von Privatpersonen und Unternehmen von total 7,5 Milliarden Franken blockiert seien. Per Ende 2023 waren es laut Mitteilung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) vom Dienstag nur noch 5,8 Milliarden Franken; und dies obwohl die EU und damit auch die Schweiz die Liste der Sanktionierten noch ausgeweitet hatten. Hinzu kommen 17 blockierte Liegenschaften in sieben Kantonen (zwei mehr als 2022) sowie Luxusfahrzeuge, Kunstwerke und Möbel.
Der Rückgang bei den Finanzvermögen mag auch darum erstaunen, weil viele Aktienkurse seit November 2022 deutlich gestiegen sind. Der Weltaktienindex von Morgan Stanley und ein breiter europäischer Aktienindex (Euro Stoxx 600) legten zu. Allerdings haben Fremdwährungen gegenüber dem Schweizer Franken laut dem Wechselkursindex der Nationalbank an Wert verloren; die in Franken umgerechneten Wertangaben für ausländische Papiere fallen somit entsprechend tiefer aus. Zudem sind die Marktwerte vieler Zinspapiere wegen des Zinsanstiegs gesunken.
Hauptzweck verfehlt
Es gab im übrigen laut Seco seit November 2022 Freigaben von zunächst gesperrten Vermögen im Umfang von 140 Millionen Franken. So habe die EU gewisse Leute aus der Liste der Sanktionierten gestrichen – etwa weil Betroffene gestorben seien oder der ursprüngliche Grund der Sperre sich nicht habe bestätigen lassen. Der Hauptgrund des deutlichen Rückgangs sind laut Seco starke Werteinbussen von gesperrten Vermögen im Umfang von 2,3 Milliarden Franken. Dies betreffe vor allem Kursrückgänge einschliesslich Währungsverluste bei russischen Aktien in den gesperrten Portfolios der Sanktionierten.
Die seit November 2022 neu in die Sanktionsliste aufgenommenen Personen und Unternehmen haben das Volumen der gesperrten Vermögen um 50 Millionen Franken erhöht. Zudem hätten Ermittlungen über Vermögenswerte von schon früher sanktionierten Personen und Firmen das Volumen der gesperrten Werte um 580 Millionen Franken erhöht.
Gemäss Seco sind die Kurseinbussen auf den gesperrten russischen Aktien ein Anzeichen dafür, dass die Wirtschaftssanktionen gegen Russland wirksam seien. Kaum jemand zweifelt, dass Sanktionen des Westen in Russland kurz- und langfristig wirtschaftlichen Schaden anrichten. Doch gemessen am offiziellen Hauptzweck sind die Sanktionen bisher gescheitert: Russland ist nicht zur «Vernunft» gekommen, sondern setzt seinen Aggressionskrieg gegen die Ukraine auch nach über zwei Jahren unbeirrt fort. Die wirtschaftlichen und finanziellen Schäden in Russland als Folge der Sanktionen waren bisher nicht gross genug, um Moskaus Kriegsmaschinerie zu stoppen.
Das Seco hat bisher laut Angaben vom Dienstag gut 340 Verdachtsmeldungen bezüglich Umgehung der Sanktionen erhalten. Diese hätten zu 50 Verwaltungsstrafverfahren geführt, wovon 34 rechtskräftig abgeschlossen seien.
7,2 Milliarden von der Zentralbank
Nebst russischen Privatvermögen sind im Westen auch grosse Werte der russischen Zentralbank auf Eis gelegt. Dieser Posten ist mit umgerechnet etwa 300 Milliarden US-Dollar aus globaler Sicht weit bedeutender als die gesperrten Privatvermögen. Offiziell sind die Zentralbankvermögen nicht gesperrt, sondern nur «immobilisiert», aber in der Wirkung läuft es auf das Gleiche hinaus. Rund zwei Drittel der blockierten Zentralbankvermögen liegen in der EU; den mit Abstand grössten Brocken hält die zentrale Verwahrungsstelle Euroclear in Belgien. In der Schweiz waren per Ende Februar 2024 russische Zentralbankgelder für umgerechnet rund 7,2 Milliarden Franken blockiert; dieser Wert hat sich im Vergleich zur bisher einzigen Wasserstandsmeldung dazu vom Mai 2023 (7,4 Milliarden Franken) kaum verändert. Die blockierten russischen Zentralbankvermögen in der Schweiz liegen nicht bei der Nationalbank, sondern bei privaten Finanzinstituten.