Für Clean Tech braucht es immer mehr Kupfer, Lithium, Kobalt und Nickel. Doch nur bei einigen Metallen droht Knappheit, bei anderen dominieren geopolitische Faktoren. The Market zeigt auf, wo sich eine Investition auszahlen könnte.
Die Energiewende ist in voller Fahrt. 2023 wurden weltweit 35% mehr Elektroautos verkauft als im Jahr zuvor, 60% mehr Windkraftwerke gebaut und die Neuinstallation von Solarkapazität stieg um 85%. Und trotzdem: Falls das Ziel tatsächlich erreicht werden soll, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, muss dieses Tempo noch erhöht werden.
Dieses Wachstum von Clean Tech hat einen enormen Einfluss auf den Bedarf an Industriemetallen, besonders auf sogenannte Transitionsmetalle: Kupfer ist für die Elektrifizierung unerlässlich, Nickel bildet ein Hauptbestandteil vieler Batterien, ebenso Lithium, und auch Windturbinen kommen nicht ohne seltene Erden aus.
Für zusätzlichen Metallbedarf sorgt die Umstellung auf Elektromobilität:
Metallbedarf vervierfacht sich
Die Energiewende wird die Nachfrage nach kritischen Metallen bis 2030 verdreifachen und bis 2040 auf nahezu 40 Mio. Tonnen vervierfachen. Das prognostiziert die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem jüngsten Bericht zu kritischen Metallen.
Aufgrund des Ausbaus der Stromnetze – die Elektrifizierung erfordert eine Vervielfachung der Übertragungskapazitäten – dürfte die Nachfrage nach Kupfer künftig mehrheitlich von Clean-Energy-Projekten stammen. Ihr Anteil verdoppelt sich gemäss IEA in einem Netto-Null-Szenario auf über 50%; dies bei einer globalen Nachfrage nach Kupfer, die sich bis 2040 insgesamt um die Hälfte ausweiten soll.
Notierungen der Industriemetalle leiden
In Kontrast zu diesen Wachstumsprognosen steht die Kursentwicklung: Die Preise für Batteriemetalle brachen nach dem Höhenflug ab 2023 ein: Lithium um 75% und die Preise für Kobalt, Nickel und Graphit sanken um rund 40%.
Besser gehalten haben sich die Basismetalle, worin in diese Kategorie auch Kupfer fällt. Dessen Notierung hat sich trotz Verlangsamung der Weltwirtschaft erstaunlich robust gehalten. Dies dank der guten Nachfrage aus dem Bereich Clean Tech sowie dem Ausfall von Cobre Panama, eine der grössten Kupferminen der Welt, die auf Geheiss der Regierung geschlossen wurde.
Diese Diskrepanz – die Nachfrage steigt, doch der Preis knickt ein – erklärt sich mitunter mit der schwierigen Lage im Markt für Industriemetalle. Die IEA spricht nicht zufällig von «kritischen Metallen».
Kritisch ist ein genügendes Angebot erstens, um die Energiewende überhaupt stemmen zu können. Zweitens ist Clean Tech zu einem Instrument der Macht- und Industriepolitik geworden – mit China an der Spitze und den USA sowie Europa im Verteidigungsmodus.
Und was für Clean Tech allgemein gilt, gilt noch akzentuierter für die dafür notwendigen Rohstoffe: Auch beim Angebot an Industriemetallen dominiert China.
Bei seltenen Erden und Graphit kontrolliert China das Angebot fast im Alleingang. Bei Nickel wirkt der globale Marktanteil von 28% im Vergleich geradezu bescheiden. Grösster Anbieter ist hier mit 38% Indonesien. Doch nur rund 10% der dortigen Nickelvorkommen sind in indonesischer Hand. Mit einer Beteiligung an den Vorkommen von 40% ist China auch in Indonesien der dominante Spieler. Europäische Unternehmen kontrollieren lediglich 20%. Zudem investiert China weiter enorm in den Ausbau der dortigen Produktionskapazitäten, was den Nickelpreis global einbrechen liess.
Bei Lithium wiederum hatte der massive Ausbau der chinesischen Batterieproduktion zu Überkapazitäten und vollen Lagern geführt, weshalb die Nachfrage nach neuem Lithium und weiterer Batteriemetalle 2023 weniger stark als zuvor erwartet expandierte.
Weitherum beobachtet die IEA seit 2022 einen schnelleren Ausbau des Angebots an kritischen Metallen als derzeit die Nachfrage danach steigt. Es ist die Erklärung dafür, warum die Preise für viele Transitionsmetalle unter Druck gerieten.
Vergleicht man allerdings die die eingangs skizzierte Wachstum der Nachfrage nach kritischen Metallen mit den Ausbauplänen der Minenkonzerne, wird absehbar: Die Schere wird sich wieder öffnen und im Markt für neue Knappheiten sorgen – zumindest bei einigen der wichtigsten Industriemetallen.
Basierend auf der erwarteten Nachfrage nach Kupfer – dies in einem Szenario, das lediglich die bereits angekündigten Klimamassnahmen berücksichtigt und nicht, was für ein Netto-Null-Szenario notwendig wäre – sowie unter Berücksichtigung der Ausbaupläne der Minengesellschaften, erwartet die IEA, dass bei Kupfer ein Angebotsdefizit von 30% entstehen wird. Dies mit Blick auf zehn Jahre, was etwa dem Zeitraum entspricht, der notwendig ist, bis neue Vorkommen auf den Markt gelangen.
Noch akzentuierter präsentiert sich die Lage bei Lithium – allerdings erst in der langfristigen Sicht. Hier haben kurzfristige Überkapazitäten die Preise so stark gedrückt, dass den Minengesellschaften der Appetit auf Investitionen in weitere neue Förderkapazitäten vergangen ist.
Ähnlich, wenn auch etwas weniger betont wie bei Lithium, sieht es bei Nickel aus. Bei Kobalt hingegen dürfte der Angebotsüberhang noch lange Bestand haben.
Gar keine Förderknappheit zeichnet sich bei seltenen Erden ab.
Enorme Marktkonzentrationen
Das Problem bei seltenen Erden ist die enorm hohe Konzentration beim Angebot der raffinierten Metalle. China dominiert den Weltmarkt mit einem Anteil von 92% fast im Alleingang. Bei Kobalt besteht dieses Problem in der Förderung. Hier ist Kongo mit einem Anteil von 84% dominant – China kontrolliert letztlich jedoch 77% der Aufbereitung auch dieses Metalls.
Bei Nickel hat Indonesien die Vormachtstellung inne. Der derzeit tiefe Preis veranlasst westliche Minenkonzerne wie FirstQuantum, BHP und Glencore, ihre Produktion zu drosseln. Die IEA identifiziert insgesamt 25 Minen, die geschlossen werden könnten, wenn sich der Nickelpreis nicht erholt. Die Vormachtstellung Indonesiens – im Hintergrund faktisch China – dürfte folglich eher noch zunehmen.
Lithium hingegen wird in vielen Ländern abgebaut. Die grössten Förderkapazitäten stehen in Australien und Chile. Argentinien überlegt sich die Erschliessung neuer Vorkommen. Doch die enormen Preisausschläge für den Rohstoff, der primär für Batterien gebraucht wird, führen zu einer hohen Unsicherheit, wann neue Investitionen folgen und ob statt der drohenden Knappheit plötzlich wieder Angebotsüberfluss herrschen wird.
Am verlässlichsten lässt sich die Lage bei Kupfer einschätzen. Das Metall wird für fast jede Form von Clean Tech gebraucht – u. a. für den Ausbau der Stromnetze. Die Knappheit ergibt sich damit primär aus der steigenden Nachfrage sowie der Verschiebung hin zu diesen neuen Technologien und nicht wegen Investitionsstopps aufgrund übermässiger Preisschwankungen. Auch die politischen Angebotsrisiken sind geringer als bei anderen kritischen Metallen. Die Dominanz Chinas ist bei Kupfer limitiert.
Unterschiedlich ausgeprägte Chancen und Risiken
Kritische Metalle sind zwar unerlässlich für den Erfolg der Energiewende, doch ihre Förderung verursacht hohe soziale und ökologische Kosten. Auch das spielt eine Rolle sowohl für den Ausbau der Förderkapazitäten, als auch die Marktstabilität insgesamt.
Grundsätzlich stellt die IEA im sozialen Bereich einige Verbesserungen fest – bei der Arbeitersicherheit sowie beim Versuch, Ausbeutungen zu verhindern und die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung zu berücksichtigen. Doch problematisch bleiben die Treibhausgasemissionen der Explorationen, die Verschmutzungen und Abfallprodukte sowie ein immenser Wasserbedarf in Gebieten, in denen davon Mangel herrscht.
Für alle oben angesprochenen Faktoren – Angebot, geopolitische Risiken, Reaktionsmöglichkeit auf Disruptionen in den Lieferketten sowie ESG-Risiken – ordnet die IEA jedem einzelnen Metall eine Risikokennzahl zu. Sie zeigen einerseits die Herausforderung für die Erfolgschancen der Energiewende. Dem gilt der Blick der IEA primär. Andererseits lassen sie sich aber auch als Signale für den Kapitalmarkt lesen.
Zusammenfassend zeigt sich: Bei Lithium dürfte sich die Balance zwischen Angebot und Nachfrage langfristig am deutlichsten in Richtung Knappheit bewegen. Derzeit herrscht jedoch noch ein Überangebot, und der Markt für Lithium weist grosse Risiken bezüglich Marktdisruptionen auf. Das macht den Rohstoff anfällig für ausgeprägte Preisschwankungen.
Das Gegenteil trifft auf Kupfer zu: Bei diesem Metall sind alle Risikofaktoren tiefer als bei den anderen Transitionsmetallen – mit Ausnahme der Angebotsknappheit. Diesbezüglich belegt das Metall hinter Lithium den zweiten Platz.
Aus einer Anlegersicht weisst Kupfer damit im Vergleich mit zu den anderen Metallen die attraktivsten Voraussetzungen für eine Investition auf, auch wenn die Preise für alle Industriemetalle generell hohen Schwankungen unterliegen.
Wie investieren?
Eine Möglichkeit, um vom Potenzial von Kupfer zu profitieren, ist der Kauf von Minenaktien. Zu den grössten kotierten Anbietern von Kupfer gehören Konzerne wie BHP, Freeport-McMoRan, Glencore und Southern Copper Corp. Sie fördern jährlich je etwa 5 bis 8% des globalen Angebots.
Alle Bergbaukonzerne besitzen aber ein gemischtes Portfolio. Glencore macht unter Ausklammerung des Handelsgeschäfts zwar rund 40% des Umsatzes mit Metallen, die für die Energiewende gebraucht werden. Ebenso gross ist aber auch ihr Kohlegeschäft. Zumindest jetzt noch. Das Unternehmen plant, diese Aktivitäten auszulagern.
Ein ähnliches Bild präsentiert sich bei anderen Branchengrössen: BHP nimmt rund ein Viertel mit Kupfer ein, die Hälfte des Umsatzes entfällt aber auf Eisenerz und ein Viertel auf Kohle. Unter den grossen Minengesellschaften ist einzig Southern Copper Corp. mit einem Umsatzanteil von rund 75% mehrheitlich auf Kupfer ausgerichtet.
Wer aus Diversifikationsgründen nicht auf ein einzelnes Unternehmen setzen möchte, kann sich nach Fonds oder ETF umsehen, die in mehrere Minengesellschaften investiert sind.
Der weltweit grösste explizit auf Transitionsmetalle setzende Fonds ist ein Schweizer Produkt: der im Januar 2021 aufgelegte Konwave Transition Metals Fund mit einem Anlagevolumen von rund 350 Mio. Fr.
Er fokussiert auf kleinere Minenunternehmen, die auf ein spezifisches Transitionsmetall ausgerichtet sind und schliesst dabei chinesische Unternehmen aus. Zu rund der Hälfte ist der Fonds auf Kupferproduzenten ausgerichtet. Silber nimmt an zweiter Stelle einen Anteil von 13% ein, Lithiumproduzenten machen 12% aus.
Die drei grössten Positionen im Fonds sind Capstone Copper aus Kanada, die in Zypern domizilierte Atalaya Mining und die kanadische Firma First Quantum Minerals. Das Produkt ist in verschiedenen Tranchen und Währungen aufgelegt. Die an der Schweizer Börse SIX in Franken gehandelte Version hat folgende Eckpunkte:
- Konwave Transition Metals Fund B CHF Fonds (Valorennummer: 23457708, ISIN: LU1022033481, TER 1,78%)
Die Euro-Version hat folgende Identifikationen:
- Konwave Transition Metals Fund B EUR (Valorennummer: 23460262, ISIN: LU1022033648)
Mit Blick auf Industriemetalle, bieten sich zudem ETF an, die ebenfalls Kupfer einen hohen Stellenwert zumessen und an der Schweizer Börse SIX in Franken gehandelt werden:
- VanEck Global Mining UCITS ETF (Ticker: GDIG SE, ISIN: IE00BDFBTQ78, TER: 0,5%)
Seine grössten Positionen sind: BHP, Rio Tinto, Freeport-McMoRan, Glencore und Vale.
Alternativ gibt es an der SIX einen kleinen Kupfer-ETF:
- Global X Copper Miners UCITS ETF (Ticker: COPX, ISIN IE0003Z9E2Y3, TER: 0,65%)
Grösste Positionen: Antofagasta, Ivanhoe Mines, Lundin Mining, Zijin Mining und Southern Copper Corp.
Erst knapp ein Jahr alt und mit einer Fondsgrösse von rund 40 Mio. $ ebenfalls noch klein ist der an der SIX in Dollar gehandelte und auf Kupfer ausgerichtete
- iShares Copper Miners UCITS ETF (Ticker: COPM, ISIN IE00063FT9K6, TER: 0,55%)
Seine grössten Positionen sind: Antofagasta, Grupo Mexico, Southern Copper Corp., Freeport-McMoRan und BHP.
Eine breiter gefasste Alternative ist der milliardengrosse und in New York kotierte
- iShares MSCI Global Metals & Mining Producers ETF (Ticker: PICK US, ISIN: US46434G8481, TER: 0,39%)
Die grössten Positionen darin sind BHP, Rio Tinto, Vale, Anglo American, Freeport-McMoRan, Glencore und Fortescue Metals.
Mit Auflagedatum 5. März 2024 gibt es an der Nasdaq zudem neu den mit 28 Mio. $ ebenfalls noch kleinen ETF
- Sprott Copper Miners ETF (Ticker: COPP, ISIN: US85208P8813, TER: 0,65%)
Seine grössten drei Positionen sind: Freeport-McMoRan, Antofagasta und Southern Copper Corp.