Die USA haben neue Zölle gegen europäische Exporte eingeführt. Die EU kündigt unverzüglich Gegenmassnahmen an. Sie treffen besonders republikanisch gesinnte Gliedstaaten. Indirekt könnte sich der Handelsstreit auch auf die Schweiz auswirken.
Die von der Wirtschaft befürchtete Eskalation des Handelskonflikts zwischen der EU und den Vereinigten Staaten ist da. Seit Mittwoch erheben die USA auf Stahl und Aluminium aus Europa Abgaben von 25 Prozent. Diese Massnahme hatte der amerikanische Präsident Donald Trump schon vor einiger Zeit angekündigt, so dass die EU-Kommission Zeit hatte, Gegenmassnahmen zu entwickeln.
Diese sollen hart und gezielt ausfallen. Die EU will mit einer Palette von Zöllen reagieren. Man antworte Dollar um Dollar und wolle die USA dort treffen, wo es sie am meisten schmerze, sagten Vertreter der Kommission am Mittwoch.
Die Republikaner sollen die Zölle besonders spüren
Trump hatte sich mit der EU bereits einmal einen Zollkrieg geliefert. Im Jahr 2018 hatte er Einfuhrabgaben auf europäischen Stahl (25 Prozent) und Aluminium (10 Prozent) eingeführt und die Massnahme mit «nationalen Sicherheitsinteressen» begründet. Mit Trumps Nachfolger Joe Biden schloss die EU dann aber ein Stillhalteabkommen, die Zölle wurden zum grossen Teil ausgesetzt.
Im Vergleich mit dem Handelsstreit von damals besitzt der sich nun abzeichnende Konflikt eine viel grössere Dimension. Die USA erhöhen den Zoll auf Aluminium von 10 auf 25 Prozent. Ihm unterliegen ferner Produkte, die ganz oder teilweise aus Stahl und Aluminium gefertigt sind, etwa Möbel, Fitnessgeräte und Maschinen.
Die EU-Staaten gehören zwar nicht zu den grössten Stahllieferanten der USA. Beim Aluminium stammen 40 Prozent aus Kanada und nur 2 Prozent aus Deutschland, dem wichtigsten Lieferanten Europas. Dennoch liegt der Wert der von Zöllen betroffenen Ware bei 26 Milliarden Euro. Das entspricht 5 Prozent der EU-Exporte in die USA. Die amerikanischen Importeure müssen sich auf Zölle von 6 Milliarden Euro gefasst machen.
Kanada führt als Reaktion auf die neusten Einfuhrabgaben auf Donnerstag hin Vergeltungszölle auf 21 Milliarden Dollar an amerikanischen Produkten ein. Die EU lässt sich etwas mehr Zeit. Sie reagiert, indem sie ab dem 1. April Zölle auf Motorräder, Jeans oder Whiskey erhebt. Dieses Paket gab es bereits 2018.
Ab Mitte April sollen ferner auf weitere Produkte Einfuhrabgaben anfallen. Dazu gibt es eine 99-seitige Liste der EU, auf der unzählige Güter aufgeführt sind, etwa Fleisch, Obst, alkoholische Getränke und Nüsse, aber auch Industrieerzeugnisse wie Textilien, Holzware sowie Stahl- und Aluminiumprodukte.
Damit wolle man schlau vorgehen, sagen Kommissionsvertreter. Die Gegenzölle sind zwar breit, aber auch gezielt und sollen den europäischen Kunden nicht einen zu hohen Schaden zufügen. Sie richten sich etwa gegen Produkte aus Gliedstaaten, die in der Hauptstadt Washington von republikanischen Senatoren vertreten werden.
Im Visier hat die EU auch bekannte Politiker, beispielsweise Mike Johnson, den Sprecher des Repräsentantenhauses. Er stammt aus Louisiana, wo etwa Soja angebaut wird, das die EU ebenfalls mit Zöllen belegen will. Die Kommission hofft, dass diese Politiker auf ihren Parteifreund Trump Druck ausüben, den Handelskonflikt beizulegen.
Gleichzeitig ist die Kommission bereit, mit der amerikanischen Regierung weiterzuverhandeln und eine Lösung zu finden. Da die Zölle erst im April in Kraft treten, besteht dafür ein Zeitfenster.
Die EU ist bereit für die Eskalation
Trump hat jüngst Zölle, die er gegen Mexiko und Kanada erhoben hat, immer wieder geändert. Möglicherweise verhält er sich gegenüber der EU ebenso erratisch.
Allerdings weiss die EU-Kommission nicht genau, wie man ihm entgegenkommen könnte. Ein «Deal» ist schwierig zu erreichen, wenn es Trump allein darum geht, möglichst viele europäische Firmen dazu zu bewegen, in den USA zu produzieren. Zu einer solchen Lösung kann die Kommission nicht Hand bieten.
Deshalb ist auch eine Eskalation möglich. Die EU will auf jeden Fall reagieren, falls die USA weitere Einfuhrabgaben einführen. Solche hat Trump bereits angekündigt: Ab dem 2. April soll es «reziproke» Zölle geben für alle Handelspartner, die amerikanische Güterexporte mit höheren Zöllen als die USA oder sonstigen Barrieren abwehren.
Hinzu sollen Einfuhrabgaben auf zahlreiche weitere Güter kommen. Vor allem Zölle auf Autos oder Pharmaprodukte würden die EU erheblich treffen. Und schliesslich hat Trump einen Importzoll von 25 Prozent gegen alle EU-Güter angedroht, diese Drohung aber noch nicht konkretisiert.
Im Gegenzug könnte die EU Massnahmen gegen die grossen Tech-Firmen wie Google, Meta und X einleiten. Davon will sie noch absehen, die Drohung steht aber im Raum. Das würde den Konflikt massiv verschärfen, denn die Chefs dieser Firmen haben einen guten Draht zu Trump.
Offen bleibt, ob der amerikanische Präsident auf die ersten EU-Massnahmen seinerseits wieder mit Vergeltung reagiert. «Natürlich werde ich antworten», sagte er am Mittwoch im Weissen Haus. Am Dienstag drohte Trump Kanada zum Beispiel kurzerhand noch höhere Stahl- und Aluminiumzölle von 50 Prozent an, nachdem der Regierungschef der Provinz Ontario die USA mit Exportzöllen auf Strom hatte bestrafen wollen.
Beide Seiten machten nach wenigen Stunden einen Rückzieher; aber in anderen Streitfällen könnte die Deeskalation scheitern. Trump hat seine Unberechenbarkeit in Verhandlungen zum Markenzeichen gemacht: Er muss sie pflegen, damit die Wirkung erhalten bleibt.
Die Schweiz könnte ebenfalls einen Schaden erleiden
Der Streit könnte sich auch auf weitere Staaten auswirken, unter ihnen die Schweiz. Vertreter der Kommission sagen zwar, dass sie Kollateralschäden für Drittländer verhindern möchten. Mit Bern führe man Gespräche. Die EU-Kommission will jedoch die Handelsströme genau beobachten und analysieren.
Die grossen Hersteller aus Kanada und Brasilien etwa werden aufgrund der Zölle weniger Stahl in die USA exportieren. Aus der Sicht der EU besteht daher die Gefahr, dass Stahl aus diesen beiden Ländern zu niedrigen Preisen auf den europäischen Markt gelangt und die europäischen Anbieter noch mehr unter Druck geraten.
Nicht ausgeschlossen ist, dass die EU darauf erneut mit Kontingenten reagieren wird, wie das schon ab 2019 der Fall gewesen ist. Die Schweiz erhielt damals in einer ersten Phase keine Kontingente, dies im Unterschied zu Japan, Vietnam, Ägypten und Taiwan. Die ohnehin unter hohen Kosten leidende Schweizer Stahlindustrie litt stark darunter.