Mit einem Schuldscheindarlehen hat die Postfinance einen zweistelligen Millionenverlust erlitten. Anstatt die Bank mit Einschränkungen zu belegen, sollte der Bund das Grundproblem lösen.
Mit einem vermeintlich sicheren Geschäft hat die Postfinance einen zweistelligen Millionenverlust erlitten. Sie hat dem Spital Wetzikon ein sogenanntes Schuldscheindarlehen in Höhe von 40 Millionen Franken gewährt. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten kann das Regionalspital seine Schulden nicht mehr bedienen. Der Abschreiber auf den Finanzanlagen im ersten Halbjahr beträgt 25 Millionen Franken.
Dieser Verlust ist brisant, weil die Postfinance eigentlich laut Postorganisationsgesetz gar keine Kredite und Hypotheken vergeben darf. Weil sie ihre Gelder gleichwohl irgendwo rentabel anlegen muss, vergibt sie diese Schuldscheindarlehen an Schuldner mit guter Bonität, wie Gemeinden, Kantone und staatsnahe Unternehmen. Faktisch handelt es sich dabei um ungesicherte Darlehen. Die Post-Tochter kommt mit solchen Finanzierungen nahe an das geltende Kreditverbot.
Umgehungsmöglichkeiten sind ein falsches Signal
Die Postfinance wie auch der Bund sehen in den Schuldscheindarlehen kein Problem. Als Eigentümer hat der Bundesrat die Position der Bank in seiner Botschaft zur Revision des Postorganisationsgesetzes 2021 gestützt. Darin betont er, dass Schuldscheine nicht unter das Kreditverbot fallen.
Geht es um das Kreditverbot der Postfinance, zeigt sich der Bundesrat in der Botschaft zudem wenig konsequent: Neben Schuldscheindarlehen seien noch weitere kredit- und kreditähnliche Geschäfte denkbar, die nicht unter die bisherige Regelung fielen, heisst es dort weiter. Sie müssten im Einzelfall geprüft werden. Der Bundesrat selbst schlägt der Postfinance so Umgehungsmöglichkeiten vor. Das ist ein falsches Signal. Die Bank braucht keine offenen Hintertüren für kreative Finanzgeschäfte, für die im Krisenfall potenziell der Steuerzahler geradestehen muss.
Das Interesse der Politik, sich mit der Postfinance zu beschäftigen, ist momentan jedoch gering. 2022 ist die Revision des Postorganisationsgesetzes, welches die Aufhebung des Kreditverbots und die Privatisierung der Bank vorsah, an den politischen Realitäten im Parlament gescheitert. Seit damals ist nicht viel passiert. Der Bundesrat will weiterhin an ihrem Grundversorgungsauftrag im Zahlungsverkehr festhalten. Abgesehen davon weiss er nicht recht, was er mit der Bank machen soll.
Die Erholung im Zinsgeschäft kommt langsamer als gedacht
Dabei ist klar: Die Postfinance braucht einen Befreiungsschlag. Der Fall Wetzikon hat gezeigt, dass Handlungsbedarf besteht. Der Bundesrat sollte einen weiteren Anlauf nehmen, um die Postfinance zu privatisieren. Mit dem Ende der Negativzinsen im Herbst 2022 hat sich die Rentabilität der Bank zwar verbessert. Doch mit den erneuten Zinssenkungen der Nationalbank gewinnt das Thema wieder an Dringlichkeit. Die Bank musste bereits wieder eingestehen, dass sich die Erholung im Zinsgeschäft langsamer einstellen wird, als sie es noch vor Jahresfrist in Aussicht gestellt hatte.
So ist es für die Bank schwierig, konkurrenzfähig zu bleiben. In der Vergangenheit hat sie versucht, ihren Wettbewerbsnachteil durch Zukäufe und Partnerschaften auszugleichen. Mit gemischtem Erfolg: Valuu, ihre Plattform für die Vermittlung von Hypotheken, hat sie verkauft. Die Neobank Yuh, welche die Postfinance gemeinsam mit Swissquote betreibt, zählte nach dem ersten Halbjahr 2024 zwar 249 000 registrierte Nutzer. Mit einem Gewinn wird aber erst im kommenden Jahr gerechnet. Ebenfalls unklar ist, wie sich ihr Vorstoss ins notorisch volatile Krypto-Geschäft entwickelt, den die Bank seit Anfang Jahr forciert.
Der Bund ist kein sonderlich gewiefter Unternehmer. Das zeigen die Beschränkungen, die er der Postfinance auferlegt hat. Er sollte deshalb die Bank endlich in die vollständige unternehmerische Freiheit und Verantwortung entlassen. In der Schweiz gibt es genügend Banken, und der Grundversorgungsauftrag im Zahlungsverkehr ist heutzutage längstens auch ohne die Post gewährleistet. Ein erneuter Anlauf für die Privatisierung der Postfinance und eine Aufhebung des Kreditverbots lohnen sich.