Weltweit laufen Strafverfahren gegen den ehemaligen Chef der Notenbank Libanons wegen Veruntreuung. Nun greifen auch die Finanzmarktaufseher in Bern gegen die Tochter einer libanesischen Bankengruppe durch.
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) ist kein zahnloser Tiger. Dies zeigte sie am Montag, als die Behörde den Abschluss ihres Durchsetzungsverfahrens gegen die Banque Audi bekanntgab. Dabei handelt es sich um eine Genfer Privatbank im Besitz einer grossen libanesischen Bankengruppe.
Die Finma sieht es als erwiesen an, dass die Banque Audi ihre Pflichten bei der Geldwäschereiprävention verletzt hat. Sie macht deshalb von ihrem Recht Gebrauch, aufgrund von schweren Verstössen gegen das Aufsichtsrecht erzielte Gewinne einzuziehen – in diesem Fall handelt es sich um 3,9 Millionen Franken. Ausserdem muss die Bank künftig zusätzliche Eigenmittel in Höhe von 19 Millionen Franken halten.
Strafverfahren gegen ehemaligen Star-Notenbanker
Das abgeschlossene Verfahren steht im «Libanon-Kontext», wie eine Finma-Sprecherin auf Anfrage sagt. Damit ist der Skandal um den ehemaligen libanesischen Notenbank-Chef Riad Salameh gemeint. Der einstige Star-Notenbanker und sein Bruder stehen im Verdacht, zwischen 2002 und 2016 über eine Firma auf den britischen Jungferninseln Gelder der libanesischen Zentralbank in Höhe von über 300 Millionen Dollar veruntreut zu haben. Gegen Salameh und sein Umfeld laufen in mehreren Ländern Strafverfahren.
Auch die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) führt seit 2020 eine Strafuntersuchung wegen Verdachts auf schwere Geldwäscherei. Aus einem durchgesickerten Rechtshilfegesuch der BA an die libanesischen Behörden geht hervor, dass Salameh und sein Bruder «das Schweizer Bankensystem genutzt haben» sollen, «um die betreffenden Gelder zu waschen».
Die Banque Audi ist in diesem Kontext auf den Radar der Finma geraten. Die Aufsicht sieht es als erwiesen an, dass die Verantwortlichen der Privatbank in Genf die Herkunft von Vermögenswerten bei risikoreichen Kunden unzureichend abgeklärt haben.
Auf dem Konto eines hohen libanesischen Beamten sei beispielsweise Geld von einer politisch exponierten Person eingetroffen und in der Folge weiter überwiesen worden, schreibt die Finma. Die Bank konnte den Zweck der heiklen Transaktionen zwar nicht eruieren – verzichtete aber pflichtwidrig auf eine Meldung an die Behörden. Weiter sei die Bank Verdachtsmomenten in der Presse über unrechtmässig erlangte Vermögen einzelner Kunden nicht ausreichend nachgegangen.
«Schwere Verletzung der Auskunftspflicht»
Zähne zeigte die Finma auch, als sie bei einer Vor-Ort-Kontrolle bei der Banque Audi in Genf alle Berichte der internen Revision (IR) verlangte und dabei feststellte, dass das Institut einen belastenden Bericht nicht von sich aus herausgegeben hatte. Darin hatte die IR-Abteilung auf Mängel bei der Geldwäschereiprävention «bei bestimmten Beziehungen» hingewiesen. Die Finma qualifiziert die Nicht-Herausgabe des Berichtes als «schwere Verletzung der Auskunftspflicht».
Auf ein Verfahren mit anschliessendem Berufsverbot gegen die verantwortlichen Manager der Banque Audi verzichtet die Finma zwar. Dies allerdings nur, weil die betreffenden Personen nicht mehr am Schweizer Finanzplatz tätig sind. Erfahrungsgemäss dürften diese künftig kaum noch eine Chance haben, hierzulande jemals wieder eine führende Position im Finanzbereich anzutreten.
Sanktionierenden Charakter hat auch die Tatsache, dass die Finma den Abschluss des Verfahrens überhaupt kommuniziert. Dies darf sie nur in Einzelfällen. Also dann, wenn ein aufsichtsrechtliches Interesse an einer Kommunikation besteht, etwa zur Wahrung des Ansehens des Schweizer Finanzplatzes oder zum Schutz der Marktteilnehmer. Im Rahmen der politischen Aufarbeitung der CS-Krise fordert die Finma neben einer Bussenkompetenz auch die Möglichkeit, häufiger über einzelne Durchsetzungsverfahren zu informieren.
Der auf Finanzmarktrecht spezialisierte Anwalt Nicolas Ramelet sagt, der vorliegende Fall zeige, dass die Finma schon heute über scharfe Mittel verfüge. «Sie kann insbesondere Gewinne einziehen, bestrafen und Berufsverbote erlassen.» Auch das «Naming and Shaming» werde seine Wirkung entfalten: «Wer künftig im Internet nach der betroffenen Bank sucht, wird diese Meldung für lange Zeit finden.»
Ein Durchsetzungsverfahren gegen eine zweite Schweizer Bank «im Libanon-Kontext» läuft noch. Die Finma will laut eigenen Angaben erst bei dessen Abschluss über eine öffentliche Kommunikation entscheiden.