Basel nimmt jetzt nicht nur Einsitz in die Landesregierung, die Stadt lebt auch kulinarisch selbstverständlich nicht hinter dem Mond. Den Beweis soll uns in diesem Advent der «Teufelhof» erbringen.
Basel ist gerade in aller Munde, denn «Basel ist Bundesrat», endlich wieder einmal nach fünfzig Jahren, Beat Jans sei Dank. Das ist ein guter Zeitpunkt für einen kulinarischen Ausflug ans Rheinknie samt Widerlegung der These, alle Innenstädte seien heute gleichgeschaltet.
Klar, die Ketten sind dieselben wie in Zürich, von McDonald’s bis zum deutschen Dean & David. Das wird schon rund um den Basler Bahnhof SBB deutlich, in dessen denkmalgeschützter Halle unter Wandmalereien allerdings die «Migros Eatery» ins Auge sticht: Hat der orange Riese je ein edleres Take-away mit appetitlicheren Auslagen errichtet als dieses vor drei Jahren eröffnete Exemplar? Es lohnt sich übrigens, zum Kaffee von den Zimtsternen zu kosten – die Migros der Region Basel, der Brunsli-Geburtsstätte, bäckt bessere als jene anderswo.
Überhaupt ist das Dreiländereck eine Hochburg des Süssgebäcks. Ein Traum ist die Saint-Honoré-Torte der Konditorei Beschle; der traditionsreiche Brändli war einst so frei, den Vorstoss der berühmtesten Zürcher Confiserie an den Barfüsserplatz mit einem Slogan abzufedern: «S isch nur e Sprüngli zum Brändli». Und die Läggerli, die wir am Rheinknie Jahr für Jahr mit Freunden nach einem Familienrezept vom Basler Daig selber backen, schlagen die Züri-Läckerli um Längen.
Aber unser Hunger ist grösser. Also holen wir uns einen Tipp vom Fachmann – nicht Jans, sondern Peter Knogl: Mit dem Chef des «Cheval Blanc» hat Basel einen der vier höchstdekorierten Köche des Landes (und mit der formidablen Tanja Grandits im «Stucki» die bestbewertete Chefin). Er empfiehlt für ein Zmittag «L’Atelier» im «Teufelhof». Dieser führt im oberen Stock ein bekanntes Gourmetlokal, das «Bel Étage»; aber zu Ehren eines als bodenständig geltenden SP-Neobundesrats passt die etwas günstigere Alternative im Haus besser.
Wer die mit Bistrotischen und Naturpflaster bestückte, idyllische Terrasse passiert und das repräsentative Altstadthaus von klassizistischer Prägung betritt, fühlt sich sofort wohl. Dieser Ort verbindet ein edles Gepräge mit einem leicht alternativen Touch – eine einnehmende Kombination. Der «Teufelhof» nennt sich «Gast- und Kulturhaus», ist auch ein Theater, wie das Zürcher Haus am Neumarkt, das als Bühnenort allerdings etwas häufiger durch Querelen auffällt.
In den Keller führt eine abgewetzte alte Holztreppe, unten findet sich nebst mittelalterlichen Stadtmauern die hauseigene Bierbrauerei. Doch das Lokal ist ebenso bekannt für sein grosses Weinangebot, von dem auch ein separater Laden zeugt. Und die Gastronomie entwickelt sich unter der Gesamtleitung des seit einem Vierteljahrhundert hier wirkenden Küchenchefs Michael Baader bestens.
Das «Atelier» erweist sich als helles, aufgeräumtes Lokal mit Innenhof, schalldämpfenden Deckenelementen und weiss gedeckten Tischen. Einen schönen in einer Nische erhalte ich. Die Kellnerin, die alle Gäste mit einem «Griezi, guete Daag» begrüsst, weist mich in Baseldytsch fast entschuldigend darauf hin, dass Leitungswasser hier 2 Franken koste (grösstenteils als Spende an ein Hilfsprojekt). Da kennt man in Zürich Schlimmeres – und fast nie erlebt man dort, dass wie hier aus der Karaffe nachgeschenkt wird, wenn das Wasserglas leer ist.
Auf den Tisch kommt kein Satansbraten, aber modern interpretierte Brasserie-Kost. Mittags gibt’s ein Menu mit Salat für unter 30 Franken – oder man stellt sich aus der Karte frei einen Zwei-/Dreigänger (Fr. 61.–/79.–) zusammen: Ich wähle einen Salat mit schön bissfestem Blumenkohl an prima ausbalancierter Curry-Vinaigrette mit Cranberrys, Baumnüssen und fein geschnittenen Radieschen, dann das Kalbsrückensteak. Es kommt an kräftiger Pilzrahmsauce und mit hervorragenden Spätzli – fluffig und ganz leicht gebraten. Alles ist tadellos abgeschmeckt, der Service läuft wie am Schnürchen in dem gut besuchten Lokal.
Den Espresso nehme ich unter Kronleuchtern und Stuckdecke in der zauberhaften Bar beim Haupteingang: Marmortischchen und -theke, leise Jazzklänge, leichtes Pariser Flair. Hier hätte ich auch essen können, das «Atelier»-Angebot ist in leicht reduzierter Form erhältlich.
Und wer es unpassend findet, kurz vor Heiligabend einen «Teufelhof» vorgesetzt zu erhalten, soll zwei Monate vorausblicken und sich den Montag, 19. Februar, 4 Uhr in der Agenda anstreichen: Dann ist der Basler Morgestraich, ein Augenblick von poetischer Kraft, den man einmal erleben muss. Da wärme man sich dann mit «Zibelewaie».
Restaurant
«L’Atelier» im «Teufelhof»
Leonhardsgraben 47–49
4051 Basel
Telefon 061 261 10 10
Für diese Kolumne wird unangemeldet und anonym getestet und am Ende die Rechnung stets beglichen. Der Fokus liegt auf Lokalen in Zürich und der Region, mit gelegentlichen Abstechern in andere Landesteile.
Die Sammlung der NZZ-Restaurantkritiken der letzten fünf Jahre finden Sie hier.