Hodgson, der zurzeit Trainer ist seines vom Abstieg bedrohten Jugendvereins Crystal Palace, musste zu Untersuchungen ins Spital. Es könnte das Ende seiner schillernden Karriere sein.
Kaum ein Fussballtrainer scheint ein grösseres Durchhaltevermögen zu besitzen als Roy Hodgson. Der Engländer hat quasi sein ganzes Berufsleben an der Seitenlinie verbracht. In einem halben Jahrhundert wies Hodgson siebzehn verschiedene Klubteams in sechs Ländern und vier Nationalmannschaften an – darunter die Schweizer Auswahl, die nach langer Abstinenz an Grossanlässen von ihm zur WM 1994 und zur EM 1996 geführt wurde. Ein halbes Jahr vor jener EM trat Hodgson zurück und wechselte zu Inter Mailand.
Selbst im stattlichen Alter von 75 Jahren kehrte der nimmermüde Hodgson, der seinen Trainerjob als «sadistisches Vergnügen» bezeichnet, im März 2023 zu seinem Jugendverein Crystal Palace zurück. Hodgson bewahrte ihn vor dem Abstieg aus der Premier League und hängte eine weitere Saison an. Doch nun sieht es so aus, als würde den ältesten Trainer der Ligahistorie die Gesundheit zum Rücktritt zwingen.
Versuche, einen mehr auf Ballbesitz ausgerichteten Spielstil zu implementieren, scheiterten
Am Donnerstagmittag musste Palace die mit Hodgson anberaumte Pressekonferenz kurzfristig absagen, weil er sich im Training zuvor unwohl gefühlt haben soll. Hodgson wurde zur medizinischen Untersuchung ins Spital gebracht. Später gab der südlich der Themse beheimatete Londoner Vorstadtverein Entwarnung und teilte mit, Hodgsons Zustand sei «stabil». Einen ähnlichen Vorfall hatte es im September gegeben, als Hodgson am Tag des Auswärtsspiels bei Aston Villa ebenfalls plötzlich ausfiel. Diesmal wird er wohl am Montagabend das für Palace richtungsweisende Auswärtsspiel beim Everton FC verpassen.
«Above all, hopefully he bounces back quickly» ❤️
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— Sky Sports Premier League (@SkySportsPL) February 16, 2024
Hodgsons Absenz dürfte die Dringlichkeit der Nachfolgersuche bei Palace beschleunigt haben. Nach nur zwei Siegen in 13 Ligaspielen unter Hodgson war der Klub ohnehin in Alarmbereitschaft. Der Vorsprung auf die Abstiegsplätze beträgt bloss noch fünf Punkte. Nach übereinstimmenden Medienberichten soll sich Palace bereits mit dem Österreicher Oliver Glasner als Ersatz geeinigt haben. Der 49-Jährige war bis zum Ende der letzten Saison bei Eintracht Frankfurt angestellt; er hatte den Traditionsklub 2022 zum Europa-League-Titel geführt, es ist sein bisher grösster Erfolg als Trainer.
Ähnlich wie seinerzeit in Frankfurt würde für Glasner bei Palace die Aufgabe darin bestehen, die Equipe zu modernisieren. Seit dem Aufstieg 2013 schloss der Verein nur eine Saison in der oberen Tabellenhälfte ab. Immerzu setzte das Management um den Vorsitzenden Steve Parish, der die Klubanteile mit drei US-Investoren hält, auf erfahrene Trainer im Abstiegskampf. Beide Versuche, einen mehr auf Ballbesitz ausgerichteten Spielstil zu implementieren, scheiterten; 2017 mit Frank de Boer und 2019 mit Patrick Vieira.
Die Fans äusserten regelmässig ihren Unmut
Anschliessend holte der Klub jeweils Hodgson zurück, aber dieses Muster möchte Palace nun aufbrechen. Und die Mannschaft scheint das Potenzial für einen aufregenderen Stil zu besitzen. Palace hat hochveranlagte Spieler in seinen Reihen; erst im Winter verpflichtete der Klub das Mittelfeldtalent Adam Wharton für 20 Millionen Euro.
Unter dem von Pragmatismus geprägten Ansatz von Hodgson kamen die Fähigkeiten solcher Profis zuletzt immer weniger zur Geltung. Die Fans äusserten regelmässig ihren Unmut, auf einem Plakat stand: «Vergeudetes Potenzial auf und neben dem Spielfeld wirft uns zurück.» Hodgson bezeichnete die Proteste kürzlich als die «härteste Phase» seiner Trainerzeit. Sie war dem Routinier auch anzusehen.