St. Gallen und die beiden Appenzell sollen ein Zentrum für Operationen am Herzen erhalten. Nun muss das Bundesverwaltungsgericht entscheiden, ob dieser Wunsch in Erfüllung geht.
Von einem «historischen Tag für die Ostschweiz» sprach die Innerrhoder Gesundheitsdirektorin Monika Rüegg Bless am 21. März. Grund für den Freudenausbruch war die neue gemeinsame Spitalliste der Kantone St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden. Der Punkt, der am meisten zu reden gab: Nach einem jahrzehntelangen Kampf soll am Kantonsspital St. Gallen eine Herzchirurgie entstehen. Doch noch ist in dieser Angelegenheit das letzte Wort nicht gesprochen.
Am Dienstag haben nämlich die beiden Dachverbände der Krankenversicherer, Curafutura und Santésuisse, Beschwerde gegen die Ostschweizer Herzchirurgie eingereicht. Dies teilten sie in einem gemeinsamen Communiqué mit. Nun muss das Bundesverwaltungsgericht entscheiden, ob die St. Galler Herzchirurgie ihren Betrieb wie geplant aufnehmen kann.
«Unnötiger Ausbau»
«Die Ostschweizer Spitalplanung mit der neu integrierten Herzchirurgie geht in die falsche Richtung. Statt Konsolidierung findet ein unnötiger Ausbau statt. Als Versichererverband und Vertreter der Prämienzahler wollen wir unsere Verantwortung wahrnehmen und solche Entwicklungen stoppen», sagt der Curafutura-Direktor Pius Zängerle.
Es ist aussergewöhnlich, dass die beiden Verbände gemeinsam auftreten. In der Gesundheitspolitik stehen sie nämlich im Konkurrenzkampf. Doch die Pläne aus der Ostschweiz haben offenbar das Fass zum Überlaufen gebracht. Curafutura und Santésuisse bezeichnen es als «unverständlich», dass das Kantonsspital St. Gallen neu den Auftrag erhalten soll, in sechs herzchirurgischen Leistungen tätig zu werden. Dies, obwohl die Dichte an Herzzentren in der Schweiz bereits heute nahezu doppelt so hoch sei wie in den Nachbarländern.
Die Dachverbände der Krankenversicherer warnen davor, dass dadurch die Versorgungsqualität nicht verbessert wird, sondern sich sogar zu verschlechtern droht. «Ein weiteres Herzzentrum senkt die Fallzahlen, was sich negativ auf die Behandlungsqualität auswirkt», halten sie in ihrer Mitteilung fest. Für die Patientinnen und Patienten bedeute das ein zusätzliches Risiko.
Ein gewichtiges Argument für die Krankenkassen sind auch die zu erwartenden Kosten für die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler. Die vorhandenen Kapazitäten im Bereich der Herzchirurgie reichen laut den beiden Verbänden aus. Das neue Zentrum werde die Kosten nicht zuletzt deshalb erhöhen, weil es für die Aufbauphase zusätzliche Mittel brauche. Laut der St. Galler Regierung stimmt dieses Argument nicht. Das Angebot sei «ohne substanzielle Zusatzinvestitionen» möglich, schrieb sie Ende Dezember in der Antwort auf einen parlamentarischen Vorstoss.
Allianz mit Zürcher Spitälern
Bei der Pressekonferenz zur gemeinsamen Spitalliste erklärten die drei beteiligten Kantone, dass bereits ab dem dritten Quartal dieses Jahres in St. Gallen Herzklappenoperationen stattfinden sollen. Ab Anfang 2025 sollen dann auch Bypass-Operationen und weitere herzchirurgische Eingriffe durchgeführt werden. Das Kantonsspital St. Gallen soll diesen Leistungsauftrag in einer Allianz mit dem Universitätsspital Zürich und dem Zürcher Stadtspital Triemli anbieten. Komplizierte Operationen wie etwa Herztransplantationen sollen in St. Gallen nicht durchgeführt werden.
Die Beschwerde von Santésuisse und Curafutura ist eine Premiere. Erst seit dem 1. Januar dieses Jahres haben Organisationen der Krankenversicherer im Bereich der Spitalplanung das Recht, Beschwerde einzureichen. Zum ersten Mal muss nun das Bundesverwaltungsgericht entscheiden, was es höher gewichtet: die angebliche Unterversorgung in einer Region oder die zu erwartende Kostensteigerung im Gesundheitswesen.
Update folgt.