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In der Nacht auf Freitag treten Joe Biden und Donald Trump zum Fernsehduell an. Die Vergangenheit zeigt, dass die Live-Debatten wahlentscheidend sein können. Ein Rückblick auf die legendärsten Momente.
1960: John F. Kennedy (Demokrat) – Richard Nixon (Republikaner)
Am 26. September 1960 traten John F. Kennedy und Richard Nixon gegeneinander an. Es war das erste TV-Duell, das live übertragen wurde. Der junge Kennedy wusste das Medium zu seinen Gunsten zu nutzen. Auf die Zuschauer wirkte er dynamisch und selbstsicher. Kennedy blickte stets direkt in die Kamera, Nixons Blick wanderte hin und her, was ihn nervös wirken liess.
Angeblich soll Kennedy im Fernsehstudio vor Beginn der Debatte Make-up angeboten worden sein, welches er ablehnte. Als Nixon das hörte, verzichtete er ebenfalls darauf und vergass dabei, dass sein Kontrahent braungebrannt und ausgeruht war, während er von einem Krankenhausaufenthalt blass und abgemagert war. Zudem war Nixon schlecht rasiert und wortwörtlich angeschlagen: Bei seiner Ankunft im Fernsehstudio hatte er sich beim Aussteigen aus dem Auto schmerzhaft das Knie angeschlagen.
Nixon schwitzte und zückte schon bald sein Taschentuch, um die Schweissperlen abzuwischen. Sein Anzug war zu gross und grau. Er schien regelrecht mit dem gleichfarbigen Studio-Hintergrund zu verschmelzen.
John F. Kennedy gewann schliesslich die Wahlen und wurde zum 35. Präsidenten der USA ernannt.
Richard Nixon weigerte sich in seinen Wahlkämpfen 1968 und 1972, in TV-Debatten anzutreten. Über das geschichtsträchtige Fernsehduell schrieb er später in seinem Buch «Sechs Krisen»: «Ich hatte mich auf die Substanz konzentriert, nicht auf das Auftreten. Ich hätte mich daran erinnern müssen, dass ein Bild mehr wert ist als tausend Worte.»
Damit war der Mythos vom wahlentscheidenden Fernsehduell geboren, in dem es mehr auf Äusserlichkeiten als auf Inhalte ankommt.
1976: Jimmy Carter (Demokrat) – Gerald Ford (Republikaner)
1976 traten Jimmy Carter und Gerald Ford gegeneinander an. Es war erst das zweite Fernsehduell in der Geschichte der Präsidentschaftswahlen. Zuvor hatte sich jeweils mindestens einer der Kandidaten aus unterschiedlichen Gründen geweigert, an einer Debatte teilzunehmen.
Vor laufender Kamera machte Ford einen folgenschweren Fehler, als er mitten in Zeiten des Kalten Krieges behauptete: «Es gibt keine Dominanz der Sowjetunion in Osteuropa, und unter einer Regierung Ford wird es auch keine geben.»
1984: Ronald Reagan (Republikaner) – Walter Mondale (Demokrat)
In der ersten Fernsehdebatte zwischen dem amtierenden Präsidenten Ronald Reagan und seinem Herausforderer Walter Mondale hinterliess der 73-jährige Reagan einen fahrigen Eindruck und vermochte nicht zu überzeugen.
Im zweiten Duell konnte er wieder Boden gutmachen, als er auf die Frage des Moderators, ob er für das Amt nicht zu alt sei, schlagfertig antwortete: «Altersfragen mache ich nicht zum Thema. Ich werde die Jugend und die Unerfahrenheit meines Gegners nicht ausschlachten!» Das Publikum lachte, und Reagan wurde wiedergewählt.
1988: George H. W. Bush (Republikaner) – Michael Dukakis (Demokrat)
1988 standen sich George H. W. Bush und Michael Dukakis gegenüber. Auf die kontroverse Frage, ob er die Todesstrafe auch dann noch ablehnen würde, falls seine Frau vergewaltigt und ermordet würde, antwortete Dukakis, ohne zu zögern, mit Ja und dozierte darüber, warum er gegen die Todesstrafe sei. Diese nüchterne Reaktion brachte ihm den Ruf eines gefühlskalten Politikers ein. Einen Ruf, den er danach nicht mehr loswurde und der ihn unter anderem die Wahl zum Präsidenten kostete.
1992: George H. W. Bush (Republikaner) – Bill Clinton (Demokrat)
Legendär ist dieses Bild von Präsident George H. W. Bush, als er während des TV-Duells auf seine Armbanduhr schaut. Die anschliessende Frage aus dem Publikum, ob er das Ende der Debatte herbeisehne, brachte ihn in Verlegenheit.
2000: Al Gore (Demokrat) – George W. Bush (Republikaner)
Im Jahr 2000 kämpften Al Gore und George W. Bush um das mächtigste Amt Amerikas. Im Fernsehduell machte Gore einen überheblichen Eindruck: Er lächelte immer wieder süffisant, verdrehte die Augen und kommentierte Bushs Aussagen hörbar mit Seufzern, als sei er von seinem Gegner genervt. Al Gore galt als Intellektueller, seine Selbstgefälligkeit nahmen ihm die Amerikaner aber übel. George W. Bush gewann schliesslich die Wahlen.
2016: Donald Trump (Republikaner) – Hillary Clinton (Demokratin)
Der Wahlkampf von Hillary Clinton und Donald Trump glich einer wahren Schlammschlacht: Clinton hatte mit ihrem E-Mail-Skandal zu kämpfen, Trump mit einer von der «Washington Post» veröffentlichten Videosequenz aus dem Jahr 2005, in der er abschätzig über Frauen sprach. Er prahlte darin, dass er als «Star» jede Frau küssen und ihr zwischen die Beine fassen könne.
Wie der gesamte Wahlkampf waren die TV-Debatten zwischen den beiden Kontrahenten knallhart. Sie unterbrachen und beleidigten sich gegenseitig und versuchten, den anderen zu diskreditieren.
In der zweiten TV-Debatte wurde es richtig schmutzig. Donald Trump sagte zum Beispiel über Hillarys Ehemann Bill Clinton: «In der Geschichte der Politik gab es keinen, der Frauen so missbraucht hat.» Hillary Clintons Zeit als Aussenministerin bezeichnete er als ein Desaster.
Die beiden Präsidentschaftskandidaten sprachen nicht hinter fest stehenden Pulten, sondern durften sich mit ihren Mikrofonen frei im Studio bewegen. Trump lief ständig bedrohlich um Clinton herum und tauchte immer wieder hinter ihr im Bild auf.
Gemäss Umfragen hatte Hillary Clinton die drei Fernsehdebatten gegen Donald Trump gewonnen. Trotzdem verlor sie die Wahlen.
2020: Donald Trump (Republikaner) – Joe Biden (Demokrat)
2020 stiegen der amtierende Präsident Donald Trump und Joe Biden gegeneinander in den Ring. Der Schlagabtausch war laut, aggressiv und die Stimmung gereizt.
Trump fiel Biden ständig ins Wort und brachte ihn so in Rage. «Mann, halt die Klappe!», platzte es schliesslich aus ihm heraus.
In der Nacht auf Freitag (3 Uhr MESZ) treten Biden und Trump erneut gegeneinander an. Der Auftritt der beiden Kontrahenten wird mit Spannung erwartet. Besonders Biden wird mit Argusaugen beobachtet werden. Traten doch in letzter Zeit vermehrt Zweifel auf, ob er mit 81 Jahren noch fit genug für eine zweite Amtszeit sei.







