Donald Trump droht mit Militäreinsätzen gegen die Banden, die sich seit Jahrzehnten in der Region ausbreiten. Bis jetzt fehlt es jedoch an wirksamen Rezepten gegen den Drogenhandel.
Ende Januar erhob Donald Trump schwere Vorwürfe gegen die mexikanische Regierung. Diese arbeite Hand in Hand mit den Kartellen, die die USA mit illegal Eingewanderten und mit Drogen wie dem synthetischen Opioid Fentanyl überschwemmten. Anfang März will Trump entscheiden, ob er deshalb Zölle von 25 Prozent auf mexikanische Waren verhängt, die erst aufgehoben würden, wenn Mexiko die Grenze sicher macht.
Die Zölle könnten Mexiko in eine Rezession stürzen, weshalb sich Präsidentin Claudia Sheinbaum gegen Trumps Vorwürfe wehrt: Seit ihrem Amtsantritt im Oktober habe sie den Kampf gegen die Banden verstärkt und mehr als 10 000 Verdächtige festnehmen lassen. Zudem hat sie nun 10 000 Soldaten an die Grenze geschickt, um Donald Trump zu besänftigen.
Doch über den bilateralen Beziehungen hängt ein noch schärferes Damoklesschwert. Von den acht Drogenkartellen, die Trump Ende Januar als Terrororganisationen eingestuft hat, stammen sechs aus Mexiko. Darunter befindet sich das Sinaloa-Kartell, das als grösster Produzent von Fentanyl gilt. Hinzu kommen noch die in El Salvador, Guatemala und Honduras aktive Mara Salvatrucha (MS-13) und der venezolanische Tren de Aragua.
Man müsse die Banden bekämpfen wie einst den Islamischen Staat (IS), fordert Mike Waltz, Trumps Berater für nationale Sicherheit. Er verweist auf ein nach den Anschlägen vom 11. September 2001 erlassenes Gesetz, das dem Präsidenten erlaubt, das Militär im Ausland gegen Terroristen einzusetzen. Bombardierungen oder der Einsatz von Spezialkräften in Mexiko wären theoretisch möglich.
In Zentralamerika würden Militäreinsätze Erinnerungen an ein dunkles Kapitel wecken. Während des Kalten Krieges gingen die USA in El Salvador, Nicaragua und Guatemala mit brutaler Gewalt gegen die Verbreitung linker Guerilla-Ideologien vor. Und in Panama wurde 1990 Präsident Manuel Noriega gestürzt. Dieser half zwar der amerikanischen Drogenbehörde DEA im Kampf gegen die zentralamerikanischen Guerillas, machte aber auch mit dem kolumbianischen Medellín-Kartell von Pablo Escobar Geschäfte.
Washingtons «Kingpin-Strategie»
Die Tötung Escobars 1993 war Teil der «Kingpin Strategy» der DEA, der Zerschlagung der Banden durch die Eliminierung der grossen Bosse. Doch wie im Fall Escobar brachten auch die Verhaftungen von «El Chapo» Guzmán 2016 und seines Kompagnons im mexikanischen Sinaloa-Kartell, «El Mayo» Zambada, im Juli 2024 nicht den erhofften Erfolg. Vielmehr führen solche Aktionen zur Fragmentierung der Kartelle und zu blutigen internen Machtkämpfen, wie Studien belegen. Die Folge ist mehr Gewalt durch immer mehr Drogenbanden.
Für Armando Vargas von der Sicherheits-Denkfabrik México Evalúa in Mexiko-Stadt zeigt die Verhaftung von «El Mayo» Zambada auf mexikanischem Territorium ohne das Wissen der mexikanischen Regierung, dass die USA Mexiko nicht trauen. «Das organisierte Verbrechen kann nicht erfolgreich sein, ohne dass es in irgendeiner Form Unterstützung von staatlichen Akteuren gibt», sagt Vargas. Und die USA wüssten das.
Die Aussagen von El Mayo gegenüber der amerikanischen Justiz könnten sich für die mexikanische Politik als brisant erweisen. Ende Februar forderte El Mayo die mexikanische Regierung auf, seine Rückkehr nach Mexiko mit den USA zu vereinbaren. Andernfalls drohe aufgrund seiner Aussagen der Zusammenbruch der bilateralen Beziehungen. Offenbar hat er Wichtiges zu berichten.
Bereits 2024 berichteten Medien über Ermittlungen der DEA gegen den damaligen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador. Dieser soll bei den Wahlen 2006 Gelder des Sinaloa-Kartells erhalten haben. Handfeste Beweise gibt es zwar nicht, aber auch in Mexiko kursieren Gerüchte über seine Nachgiebigkeit gegenüber dem Kartell. Der Fall verstärkt zudem den schlechten Ruf der mexikanischen Politik in den USA.
Die dortige Justiz verurteilte 2024 den ehemaligen mexikanischen Sicherheitsminister Genaro García Luna (2006–2012) wegen Zusammenarbeit mit dem Sinaloa-Kartell zu 38 Jahren Haft. Eine diplomatische Krise löste 2020 die Verhaftung des ehemaligen Verteidigungsministers Salvador Cienfuegos in den USA aus, der Drogenkartelle vor Strafverfolgung geschützt haben soll. Nach Drohungen López Obradors, die Zusammenarbeit mit der DEA zu beenden, wurde er freigelassen.
Mexikos Regierung stehe vor einem Dilemma, sagt Vargas. Denn die Befriedung des Landes könne nicht mit Gewalt erreicht werden, sondern hänge vom guten Willen der Banden ab, untereinander und mit der Regierung Abmachungen zum Gewaltverzicht abzuschliessen. Doch den USA missfällt das, wie die Fälle García Luna und Salvador Cienfuegos zeigen.
Zickzackkurs gegenüber Honduras
Wie schwierig die Zusammenarbeit bei der Drogenbekämpfung ist, zeigt das Beispiel Honduras. Wirtschaft, Politik und der Sicherheitsapparat sind dort tief vom organisierten Verbrechen durchdrungen. Auf halbem Weg zwischen Südamerika und den USA gelegen, gilt das Land als idealer Umladeplatz für Drogen. Auch die Kokainproduktion nimmt hier zu.
2008 geriet der damalige Präsident Manuel Zelaya ins Visier der US-Justiz. Auch in Honduras selbst wurde gegen ihn und seine Brüder wegen Verbindungen zu mexikanischen und kolumbianischen Kartellen ermittelt. Inwieweit die Obama-Administration am Sturz Zelayas durch das Militär 2009 beteiligt war, ist unklar. Die honduranischen Strippenzieher des Putsches gerieten jedoch selbst in den Verdacht, mit dem organisierten Verbrechen in Verbindung zu stehen. Der Sohn von Zelayas Nachfolger Porfirio Lobo Sosa wurde 2015 von der DEA verhaftet und 2017 zu 24 Jahren Haft verurteilt.
Sosas Nachfolger Juan Orlando Hernández galt lange als idealer Partner der USA im Kampf gegen die Drogen, zumal er ab 2014 Drogenbosse an die USA ausliefern liess. Mit Donald Trump verband ihn eine Freundschaft. Doch 2018 wurde sein Bruder Tony Hernández in den USA verhaftet und später zu lebenslanger Haft verurteilt. Er soll tonnenweise Kokain in die USA geschmuggelt haben. Im Prozess stellte sich heraus, dass Präsident Hernández der Kopf der Bande war.
So unterstützte die Biden-Regierung bei den Wahlen 2021 Xiomara Castro, die Ehefrau des Ex-Präsidenten Zelaya, die versprach, Juan Orlando Hernández an die USA auszuliefern. Dies geschah Anfang 2022, zwei Jahre später wurde er zu 45 Jahren Haft verurteilt. Doch die Partnerschaft mit der Castro-Regierung endete schnell, als neue Beweise gegen Castros Mann, den Ex-Präsidenten Zelaya, und seine Familie auftauchten. Dabei soll es sich um Verbindungen zu venezolanischen Drogenbanden handeln.
Mitte 2024 tauchte zudem ein Video aus dem Jahr 2013 auf, das Zelayas Bruder bei der Annahme von 650 000 Dollar von einem honduranischen Kartell zeigt. Präsidentin Castro hatte angesichts der amerikanischen Ermittlungen mit der Aufkündigung des Auslieferungsabkommens gedroht, hat diese Drohung aber auf Druck der Trump-Administration in der vergangenen Woche zurückgenommen.
El Salvadors harte Hand gegen die Mara Salvatrucha
Wie in Honduras und Guatemala ist die von Trump als Terrororganisation eingestufte Mara Salvatrucha (MS-13) auch in El Salvador aktiv. Jahrzehntelang terrorisierte sie die Bevölkerung, bevor Präsident Nayib Bukele ihr 2019 den Kampf ansagte. Dafür verlängert er seit 2022 immer wieder den Ausnahmezustand, womit die Grundrechte ausgesetzt sind. Rund 83 000 Personen hat Bukele inzwischen verhaften lassen, wobei NGO und die Biden-Regierung ihm schwere Menschenrechtsverletzungen vorwarfen.
Die Investigativplattform El Faro berichtete derweil über Geheimverhandlungen zwischen Bukeles Regierung und der Mara Salvatrucha. Wegen Terrorismus und Drogenhandels gesuchte Bandenchefs sollen von Bukele vor der US-Justiz geschützt worden sein. Mitarbeiter von Bukele wurden daraufhin von der Biden-Regierung mit Sanktionen belegt, was zum Zerwürfnis mit Washington führte.
Mit Trumps Amtsantritt hat sich die Situation für Bukele entspannt. Der bekennende Trump-Fan bot dem amerikanischen Aussenminister Marco Rubio Anfang Februar sogar an, illegal Eingewanderte und verurteilte Bürger der USA in seine Gefängnisse aufzunehmen. Trump selbst bescheinigt Bukele eine hervorragende Arbeit bei der Bekämpfung der kriminellen Banden. Mit Aktionen des Pentagons gegen die Mara Salvatrucha in El Salvador muss Bukele nicht rechnen.
Trump droht, doch beisst er auch?
Ob Donald Trump tatsächlich das Militär gegen die Banden einsetzen wird, ist fraglich. Im Falle Mexikos würde dies die Beziehungen zum wichtigsten Handelspartner der USA zerrütten. Trump ist aber auf Mexiko angewiesen, um den Menschenschmuggel und den Drogenhandel zu bekämpfen. USA-freundliche Länder wie Panama, Costa Rica und Guatemala haben Trump bereits zugesagt, gegen die Banden vorzugehen und ihre Grenzen stärker zu kontrollieren.
So dürften Drohungen mit dem Einsatz des Militärs auch dazu dienen, Washingtons Antagonisten wie Nicaragua, Venezuela und Honduras zur Rücknahme ihrer aus den USA ausgeschafften Landsleute zu bewegen. Dass die Regierungen im Kampf gegen die Gangs Menschenrechte verletzen wie im Fall El Salvadors, scheint für die Trump-Administration keine Rolle zu spielen.
Um die Drogenbanden wirksam zu bekämpfen, bedarf es anderer Mittel. So forderte die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum Trump auf, die Verkaufsnetzwerke und Finanzströme der Kartelle in den USA zu bekämpfen und dort auch Präventions- und Betreuungsmassnahmen für Drogenabhängige einzuführen. Zudem müssten die USA gegen den Schmuggel moderner Waffen aus amerikanischer Produktion an die Banden vorgehen. Experten stimmen Sheinbaum zu. Doch Trump hat bisher keine Schritte in diese Richtung unternommen.