Die Inszenierung der geheimen Wahl des Papstes wirkt wie ein aus der Zeit gefallenes Ritual. Es folgt seit Jahrhunderten einem strengen Protokoll, an dessen Ende sich ein neuer Pontifex auf der Mittelloggia der Petersbasilika der Welt zeigt.
Wer ist berechtigt, an der Papstwahl teilzunehmen?
Alle Kardinäle unter 80 Jahren nehmen an der Wahl teil, ausser sie sind etwa aus gesundheitlichen Gründen verhindert – bei diesem Konklave sind es 133 Purpurträger. Zuvor hatten sich die insgesamt 235 Kardinäle aus aller Welt fast täglich in sogenannten Generalkongregationen zusammengefunden, um sich über die Zukunft der Kirche und damit auch über das Anforderungsprofil des neuen Papstes auszutauschen. Nicht zuletzt geht es im Vorkonklave um das nähere Kennenlernen – auch bei informellen Begegnungen in den Bars und Restaurants im Borgo, dem Stadtbezirk Roms zwischen Vatikan und Engelsburg. Die Bedeutung aller dieser Treffen ist kaum zu unterschätzen, manche Papstwähler können sich erst hier ein eingehenderes Bild für ihre Aufgabe im Konklave machen.
In der Sixtinischen Kapelle sind die Kardinäle nach aussen abgeschottet. Wie wird das garantiert?
Kardinal Pietro Parolin stehen mehrere Wahlhelfer zur Seite.
Um die Unabhängigkeit des Wahlvorgangs sicherzustellen, ist jede Kommunikation mit der Aussenwelt strikt verboten. Kurz vor dem Einzug der Kardinäle ins Konklave werden darum alle Mobilfunkanlagen auf dem Gebiet des kleinsten Staats der Welt abgestellt. Erst wenn die Wahl des neue Papstes verkündet wird, soll das Signal wieder verfügbar sein. Der Vatikansprecher Matteo Bruni sprach am Montag davon, die Kardinäle seien «eingeladen», ihre Mobiltelefone in Santa Marta zurückzulassen. In dem Gästehaus des Vatikans übernachten die Kardinäle und nehmen ihre Mahlzeiten ein. Der Weg zum Wahlort ist abgesperrt, damit die Papstwähler ungestört sind. Die etwa einen Kilometer lange Strecke können sie per Kleinbus oder zu Fuss zurücklegen. Alle Mitarbeiter des Konklaves, etwa Fahrer, Köche, Gärtner, Krankenschwestern oder Beichtväter, sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie wurden deshalb bereits am Montag vereidigt.
Was geschieht zu Beginn des Konklaves?
Zunächst versammeln sich alle Kardinäle zur Messe «Pro eligendo Papa» („für die Wahl des Papstes“) im Petersdom. Am Nachmittag ziehen dann die unter 80-jährigen Purpurträger in die Sixtinische Kapelle ein . Jeder Kardinal wird nun einzeln feierlich vereidigt, die Papstwähler schwören unter anderem, sich an die Regeln des Verfahrens zu halten und darüber zu schweigen. Dann erfolgt der Ruf «Extra omnes!“ („Alle hinaus!“) des Zeremonienmeisters – Messe und Einzug in die Sixtina waren noch öffentlich und vor Kameras, doch nun muss die Kapelle verlassen, wer den Papst nicht mitwählt, die Türen werden geschlossen. In der Regel kommt es dann zum ersten Wahlgang. Doch es ist unwahrscheinlich, dass bereits nach dem ersten Wahlgang ein neuer Papst feststeht.
Wie verläuft ein Wahlgang?
Die Wahl findet geheim und ohne Kandidatenliste statt. Die Kardinäle sind angehalten, auf dem Stimmzettel den Namen ihres Kandidaten mit verstellter Schrift zu notieren. Wenn dies geschehen ist, gehen die Wähler einzeln mit erhobenem Wahlzettel in der Hand zum Altar der Sixtina und legen dort einen weiteren Eid ab: «Ich rufe Christus, der mein Richter sein wird, zum Zeugen an, dass ich den gewählt habe, von dem ich glaube, dass er nach Gottes Willen gewählt werden sollte.» Wenn alle Kardinäle ihre Stimme abgegeben haben, werden die Namen auf den Wahlzetteln laut vorgelesen. Erreicht kein Kandidat die notwendige Mehrheit, kommt es anschliessend zu einem weiteren Wahlgang. Erst danach werden die Stimmzettel verbrannt. Dann könnte gegen 12 Uhr und gegen 19 Uhr Rauch aus dem Schornstein der Kapelle aufsteigen. Verläuft allerdings der erste und der dritte Wahlgang erfolgreich, ist weisser Rauch auch ab 10 Uhr 30 oder 17 Uhr 30 zu erwarten – in Live-Übertragungen von «Vatican News» lässt sich das mitverfolgen. Der Rauch wird mithilfe von zwei Öfen erzeugt: In einem werden die verwendeten Stimmzettel verbrannt, im anderen zusätzlich Chemikalien, die für weissen oder schwarzen Rauch sorgen.
In der Sixtina sind zwei Öfen installiert worden, die für das berühmte Rauchzeichen sorgen, wenn ein neuer Papst gewählt ist.
Wie geht es am zweiten Tag weiter?
Ab Donnerstag wird der Tag für die Kardinäle durch täglich vier Wahlgänge strukturiert, zwei am Vormittag, zwei am Nachmittag. Während des Konklaves 2013 sah der Tagesablauf in etwa so aus:
+ 6 Uhr 30 bis 7 Uhr 30: Frühstück im Gästehaus Santa Marta
+ 8 Uhr 15: Messe in der Paulinischen Kapelle im Apostolischen Palast
+ 9 Uhr 30: Beginn der ersten beiden Wahlgänge in der benachbarten Sixtinischen Kapelle
+ 12 Uhr 30: Mittagessen im Gästehaus
+ 16 Uhr: Beginn der beiden nächsten Wahlgänge in der Sixtina
Steht der neue Papst nicht nach drei vollen Wahltagen fest, legen die Kardinäle einen Tag Pause ein , daran schliessen sich zunächst sieben weitere Wahlgänge an.
Wann ist ein neuer Papst gewählt?
Für die Wahl eines neuen Pontifex ist eine Zweidrittelmehrheit nötig, also 89 Stimmen. Damit soll die Wahl möglichst breit abgestützt sein. Der Leiter des Konklaves, Kardinal Pietro Parolin, stellt dann dem Gewählten zunächst die Frage: «Nimmst Du Deine kanonische Wahl zum Papst an?» Bejaht der Angesprochene dies, ist er damit der 267. Bischof von Rom und Papst.
Wie kommt der Papst zu seinem Namen?
Danach lautet eine weitere Frage: «Wie willst Du Dich nennen?» Die Wahl eines Papstnamens hat eine rund 1000-jährige Tradition. Sie verrät etwas über die programmatische Ausrichtung des neuen Kirchenoberhauptes. Am meisten gaben sich die Päpste den Namen «Johannes», zuletzt Johannes XXIII. (1958-63). Während ein Schriftstück angefertigt wird, dass die Wahl beglaubigt und den Papstnamen festhält, begibt sich der neue Papst in einen kleinen Vorraum, die «camera lacrimatoria» («Raum der Tränen»). Dort legt er die päpstlichen Gewänder an, die weissen Soutanen des Papstschneiders Gammarelli liegen in drei verschiedenen Grössen bereit. Danach kehrt der Neugewählte in die Sixtina zurück, und die Kardinäle versprechen ihm einzeln Treue und Gehorsam.
Wie wird der neue Papst bekannt gegeben?
Wenn weisser Rauch über der Kapelle aufsteigt, weiss die Weltöffentlichkeit, dass es neuer Papst gewählt ist. Da die Farbe des Rauchs manchmal zu Irritationen geführt hat, läuten seit 2005 dann auch die Glocken des Petersdoms. Kurz danach wird der französische Kardinal Dominique Mamberti von der Mittellogia des Petersdoms die berühmten Worte sprechen, die gleich beginnen wie die Weihnachtsbotschaft: «Annuntio vobis gaudium magnum. Habemus Papam!»(« Ich verkünde euch eine grosse Freude. Wir haben einen Papst!»). Danach tritt der neue Papst auf die Mittellogia, er begrüsst die Menschen auf dem Petersplatz mit einer kurzen Ansprache und erteilt den Segen «Urbi et orbi» („Der Stadt und dem Erdkreis“). Schon bei diesem ersten Gang vor die Weltöffentlichkeit – abzulesen an der Art und Weise seines Auftretens, an den Inhalten seiner Rede – lassen sich erste Rückschlüsse darauf ziehen, welche veränderten Akzentsetzungen es im neuen Pontifikat geben könnte.