Die Qualifikation der National League zog so viele Zuschauer an wie noch nie. Doch der Preis dafür ist hoch. Zu hoch?
52 Runden und 364 Partien sind ein beträchtlicher Aufwand, um 4 von 14 Teams aus dem Rennen um den Schweizer Meistertitel zu eliminieren. Es mangelt deshalb nicht an Kritik am Modus der Eishockey-Meisterschaft: zu lang, zu aufgebläht, zu unerheblich sei die Qualifikationsphase im Schweizer Eishockey. Sie begann am 15. September des vergangenen Jahres und endete am Montagabend.
Doch ein Blick auf die Zuschauerstatistik widerspricht der landläufigen Meinung: 2,6 Millionen Zuschauer besuchten in den vergangenen knapp sechs Monaten die Spiele, das ist ein Rekord. Im Schnitt wurde jede Partie von 7130 Zuschauern verfolgt. Den höchsten Schnitt verzeichnete erneut der SC Bern mit 15 490. Doch nirgendwo ist die Begeisterung derzeit grösser als in Freiburg, wo jedes Spiel mit 9047 Zuschauern ausverkauft war. Die durchschnittliche Stadion-Auslastung der Liga betrug 88,04 Prozent.
Zwei brisante Duelle um die beiden letzten Play-off-Plätze
Das sind einigermassen viele Zahlen, um die Bedeutung der Qualifikation zu untermalen. Tatsache ist allerdings auch: Wirklich los geht die Eishockey-Meisterschaft erst jetzt. 10 der 14 Teams haben theoretisch noch eine Chance auf den Titel. Das Meister-Rennen beginnt in den Play-ins mit zwei brisanten Duellen zwischen dem HC Ambri-Piotta und Lugano sowie Genf/Servette und dem EHC Biel. Die zweite dieser Serien war vor zehn Monaten noch der Play-off-Final, in dem die Genfer den ersten Titel in ihrer Klubgeschichte holten. Diesmal schafften sie den Sprung in die entscheidende Meisterschaftsphase erst in der letzten Runde auf Kosten der SCL Tigers.
Der Modus dieser ersten K.o.-Phase wurde auf diese Saison hin leicht modifiziert. Das schwächere Team startet mit Heimvorteil. Endet ein Match nach 60 Minuten unentschieden, wird er so gewertet. Penaltyschiessen gibt es nicht mehr. Gewinnen beide Teams je einmal in 60 Minuten, dann wird der zweite Match verlängert, bis ein Team einen Treffer erzielt. Der Verlierer der Serie zwischen den besser klassierten Lugano (7.) und Ambri (8.) erhält eine zweite Chance gegen den Sieger aus dem Duell Biel (9.) gegen Genf/Servette (10.).
Die National League erfreut sich höchster Popularität und wird mittlerweile zu Recht als eine der besten Ligen ausserhalb der NHL bezeichnet. Der Bannstrahl der KHL hat eine ganze Menge erstklassiger Spieler aus Finnland und Schweden in die Schweiz gespült. Zusammen mit der Erhöhung der zugelassenen Ausländer von vier auf sechs vor zwei Jahren hat das zu einem markanten Anstieg des sportlichen Niveaus geführt, was vor zwei Wochen unter anderem im Champions-Hockey-League-Sieg von Genf/Servette mündete. 268 Spieler sind Schweizer Staatsbürger. Die grösste Ausländer-Fraktion stellen die Finnen (35) vor den Kanadiern (32) und den Schweden (28).
Entsprechend positiv fällt auch die Zwischenbilanz des Ligadirektors Denis Vaucher aus. «Wir hatten einen Zuschauerrekord, die Meisterschaft blieb vor allem am unteren Strich bis zum letzten Spieltag spannend, und grössere Probleme haben wir derzeit keine.» Das heisst allerdings nicht, dass er und die Klubs ohne Sorgen sind. Die zweitklassige Swiss League kämpft mit grössten wirtschaftlichen Problemen. Nur Olten und Visp haben grünes Licht für den Aufstieg erhalten. Beide stehen derzeit in den Halbfinals, doch sollte keiner von ihnen Meister werden, wird die Liga-Qualifikation entfallen.
Doch so seltsam das klingen mag: Das eigentliche Problem der ganzen Liga ist ihre Popularität. Die Erhöhung der Ausländerzahl hat die Salärschraube nicht gestoppt, im Gegenteil. Die durchschnittlichen Löhne in der Liga steigen weiter. Heute verdient der Grossteil der Spieler zwischen 250 000 und 500 000 Franken. Die Kosten für die ersten Mannschaften bewegen sich zwischen 8 (SCL Tigers, Ajoie) und 14 Millionen Franken.
Eigentlicher Krösus sind die ZSC Lions, die sich ein erstklassiges Kader leisten und deshalb in den bevorstehenden Play-offs praktisch zum Erfolg verdammt sind. Die Lions haben nach der Rückkehr des Coachs Marc Crawford eine hervorragende Qualifikation gespielt und die Qualifikation vor Fribourg-Gottéron und Lausanne gewonnen. Doch sollten sie erneut nicht Meister werden, dürfte das im Klub kaum ohne personelle Konsequenzen bleiben.
Die Hoffnung, dass mit der Erhöhung der Ausländerzahl der Spielermarkt grösser wird und damit das Wettrüsten gestoppt wird, hat sich nicht erfüllt. Vaucher sagt: «Dazu müsste die Ausländerbeschränkung wohl ganz fallen.» Doch dazu wird es kaum kommen. Auch das angedachte Financial Fairplay, das zu einem gewissen finanziellen Ausgleich entsprechend dem Finanzausgleich zwischen den Kantonen führen sollte, wird im Schweizer Eishockey ein schwieriges Unterfangen bleiben. Die beiden politischen Schwergewichte aus Zürich und Bern sträuben sich mit Händen und Füssen dagegen.
So bleibt die finanzielle Basis der Liga ihrem sportlichen Erfolg zum Trotz ungesund und brüchig. Momentan erhält jeder Klub aus der zentralen Vermarktung pro Saison rund 1,8 Millionen. Das entspricht je nach Umsatz zwischen sieben und zehn Prozent des gesamten Haushalts.
Die Liga setzt rund 350 Millionen Franken um
Mittlerweile setzen die 14 National-League-Klubs pro Saison zusammen rund 350 Millionen Franken um. Doch die Diskrepanz zwischen den Klubs bleibt riesig. Die SCL Tigers am hinteren Ende der Skala arbeiten mit einem Budget von 16,5 Millionen Franken für die gesamte Organisation, haben aber weiterhin mehrere Spieler im Kader, die weniger als 100 000 Franken verdienen. Der Sportdirektor Pascal Müller sagt: «Bei uns sind die Schweizer Löhne in den letzten Jahren tendenziell tatsächlich gesunken. Teurer geworden sind die Ausländer. Sie verdienen massiv mehr als noch vor vier Jahren.»
Die Frage, ob man mit einer Erhöhung der Ausländerzahl den Druck auf die Löhne der Schweizer Spieler erhöhen könnte, und vor allem auch, welchen Einfluss sie auf das Niveau der Nationalmannschaft und der Liga haben, sind Themen, die weiterhin kontrovers diskutiert werden. Tatsache ist: Die National League ist im Moment als Produkt erfolgreich wie noch nie. Doch der Preis dafür ist hoch. Zu viel branchenfremdes Geld fliesst derzeit in die Liga. In Zürich, Zug, Lausanne, Lugano und Genf finanzieren noch immer spendable Mäzene ein Spektakel, das immer kostspieliger wird. Doch wen kümmert das im Augenblick der Euphorie?