Die Fussballnationalmannschaft zeigt beim 1:1 gegen Deutschland eine starke Leistung. Sie ist ein Versprechen für den Achtelfinal – auch weil das Team Temperament hat.
Die Schweizer Fussballer überraschen an der EM. Mit dem 1:1 gegen den Favoriten und Gastgeber Deutschland zeigten sie eine beeindruckende Leistung, die ihnen vor dem Match nicht zugetraut werden konnte. Doch wider Erwarten gelang den Schweizern gegen den grossen Nachbarn eine starke Vorstellung. Sie wird in der Schweiz noch lange nachhallen. Und sie wird den Respekt vor den Schweizern an dieser Euro steigern. Die richtige Prüfung steht aber noch bevor: im Achtelfinal vom Samstag.
Die problembeladene EM-Qualifikation, die konturlosen Testspiele, die Nebengeräusche rund um den Trainer Murat Yakin und den Captain Granit Xhaka sind vergessen. Yakin, im Winter schwer angeschlagen, scheint die richtigen Rezepturen für die Mannschaft gefunden und angewandt zu haben. Gegen Deutschland, das den Gruppensieg als Ziel herausgegeben hatte, zeigte das Team, dass es zusammengewachsen ist und gegen eine spielerische starke Mannschaft mit gleichen Mitteln mithalten kann.
Die letzte Brisanz fehlte im Spiel
Bei aller Begeisterung über das Remis: Das Erreichen des ersten Ziels, «die Gruppenphase zu überstehen», wie es Yakin und mit ihm Spieler und Verantwortliche genannt hatten, hatten die Schweizer schon im zweiten Match erreicht. Auch die Deutschen hatten schon vor dem Match gegen die Schweiz das Ticket fürs Weiterkommen gelöst. Die letzte Brisanz fehlte. Das sonntägliche Spiel war auch ein Duell fürs Prestige. Die Schweizer hatten trotz dem späten Ausgleich auch in dieser Hinsicht Vorteile.
Die gute Leistung der Schweizer macht Lust auf mehr. Mit dem Weiterkommen haben die Schweizer zwar ihrem Selbstverständnis Genüge getan, dass sie zu den besten 16 Turniermannschaften gehören wollen. Aber das soll nur ein Zwischenhalt sein. Genährt von der nun sechsten Achtelfinalteilnahme in Folge an Endrunden – für die Grösse der Schweiz eine herausragende Bilanz –, soll die Fahrt weitergehen, in den Viertelfinal. Und vielleicht noch weiter. Ein Exploit, wie er etwa Marokko oder Kroatien an der WM in Katar oder zuvor Dänemark an der letzten EM gelungen ist, steht noch aus. Aber bei aller Zurückhaltung –dieser Exploit ist dieser Mannschaft zuzutrauen.
Das Vertrauen in die listigen Pläne des Trainers scheint vorhanden zu sein
Warum? Weil dem Trainer Yakin – nicht erst seit dieser Euro – alles zuzutrauen ist. Das gilt auch für die Mannschaft um den Captain Xhaka. Sie verfügt über reiche Turniererfahrung, vor allem aber auch, weil das Temperament der Mannschaft immer wieder Ausschläge nach oben und unten gezeitigt hat. Sie ist entsprechend unberechenbar. Yakin hat in der Gruppenphase an den richtigen Stellschrauben gedreht, um die Spieler hinter sich zu bringen. Das Vertrauen in die listigen Pläne des Coachs scheint vorhanden zu sein. Es wäre die Basis für einen Erfolg im Achtelfinal.
Der Sieg gegen den Weltmeister Frankreich unter Yakins Vorgänger Vladimir Petkovic vor drei Jahren zeigte, dass ein Tag, an dem alles zusammenpasst, eine schöne Überraschung bringen kann. Die 1:6-Niederlage unter Yakin im WM-Achtelfinal gegen Portugal zeigte aber auch, dass an einem Tag, an dem nichts zusammenpasst, eine böse Überraschung warten kann. Was hält der Schweizer Achtelfinal-Tag am 29. Juni 2024 bereit? Träumen soll erlaubt sein.