Nach langem Ringen ist die Kandidatur von Olaf Scholz nun sicher. Er möchte ein zweites Mal Kanzler für die SPD werden.
Der SPD-Parteivorstand stellt Olaf Scholz als Spitzenkandidaten für die vorgezogene Bundestagswahl auf, die laut aktueller Planung am 23. Februar stattfinden soll. Scholz sagte an einer Pressekonferenz am Montag, die SPD wolle «wieder stärkste Partei werden». Bei der kommenden Bundestagswahl werde entschieden, «ob es eine stabile Rente in Deutschland gibt oder nicht».
Nur mit der SPD, so Scholz weiter, bleibe es dabei, dass der Ukraine-Krieg «nicht eskaliert zu einem Krieg zwischen Russland und der Nato». Abermals erwähnte er seine Weigerung, Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern, mit denen tief in russisches Territorium geschossen werden könnte. Er sei der einzige Kandidat, der die Ukraine weiter unterstützt, aber bei Waffenlieferungen trotzdem «die Nerven behält».
Scholz stellte sich in der SPD-Parteizentrale im Willy-Brandt-Haus als der einzige Kandidat dar, mit dem die Bürger sowohl soziale als auch innere und äussere Sicherheit geniessen könnten. Friedrich Merz, den Kanzlerkandidaten von CDU und CSU, erwähnte er mit keinem Wort. Anders als Scholz fordert Merz seit Monaten die Lieferung dieser Langstreckenwaffen an die Ukraine.
Klingbeil: Merz hat kein Rentenkonzept
Stattdessen übernahmen die Parteivorsitzenden Saska Esken und Lars Klingbeil die Aufgabe, Merz in möglichst düsteren Farben zum Gegner aufzubauen. Die «Merz-CDU» werde versuchen, «Inhalte aus ihrem Wahlkampf herauszuhalten», so Esken. Das werde man «nicht zulassen». Klingbeil sekundierte, er habe bis heute nicht gehört, wie das «Rentenkonzept» der Union aussehe.
Er sagte, die Bürger würden am 23. Februar eine «Richtungsentscheidung» fällen – zwischen SPD auf der einen und der Union aus CDU und CSU auf der anderen Seite. «Diejenigen, die wir als Leistungsträger bezeichnen», das seien Berufsgruppen wie Kassierer, Polizisten oder Lehrer, so Klingbeil. Der Vorwurf zwischen den Zeilen: Merz, der stärkste Gegenkandidat, habe nur die Interessen der Oberschicht im Blick.
Sowohl Esken als auch Klingbeil verteidigten die Entscheidung von Scholz, den früheren Finanzminister Christian Lindner aus der Regierung zu entlassen. Auch der Kanzler sprach über diesen Schritt. Er Scholz warf Lindner vor, dieser habe die Finanzhilfe für die Ukrainer «auf Kosten der Rentner» finanzieren wollen.
SPD in Umfragen bei 14 Prozent – CDU und CSU stärkste Kraft
Doch um die Konkurrenz von der FDP und um den Koalitionsbruch Anfang November ging es nur am Rande. Die Liberalen stehen in den aktuellen Umfragen zwischen vier und fünf Prozent, sollte am kommenden Sonntag gewählt werden. Stärkste Kraft ist die Union, die SPD kommt nach der AfD mit 14 Prozent auf den dritten Platz.
Aus Sicht der Parteiführung gibt zumindest der Bundestagswahlkampf vor drei Jahren Anlass zum Optimismus. Auch damals stand Scholz in den Umfragen zunächst abgeschlagen da. Schliesslich wurde die SPD dann doch stärkste Fraktion im Bundestag. Das lag vor allem an der Schwäche von Armin Laschet, des gemeinsamen Spitzenkandidaten von CDU und CSU.
Scholz sagte dazu, für viele Bürger sei die SPD noch immer eine «mögliche Regierungspartei». Man wolle «so wie beim letzten Mal» vorgehen.
Dabei setzt Scholz offenbar nicht nur auf die Garantie stabiler Renten. Es ginge ihm auch um die Entlastung junger Familien, die sich aufgrund knapper Kindergartenplätze im ständigen «Stress» befänden, sagte er – nicht zuletzt durch die Aufnahme neuer Schulden. Mit ihm werde die Schuldenbremse reformiert, die dem Bund nur eine minimale Neuverschuldung gestattet, so Scholz.
Scholz soll am 11. Januar als Kandidat bestätigt werden
Am 11. Januar soll Scholz als Kandidat auf einem Parteitag bestätigt werden. Zuvor hatte die Frage nach der Kanzlerkandidatur von Scholz die Partei gespalten. Namhafte Parteilinke und -Konservative, aber auch die Parteijugend drängten darauf, den beliebteren sozialdemokratischen Verteidigungsminister Boris Pistorius anstelle von Scholz zu nominieren.
Schliesslich schaffte Pistorius am vergangenen Donnerstag selber Klarheit, indem er bekanntgab, dass er für eine Kandidatur «nicht zur Verfügung» stehe.
Einer Frage zu diesem Machtkampf innerhalb der SPD wich Scholz am Montag aus. Man habe «gemeinsam» entschieden, dass man zusammen um das Bundeskanzleramt kämpfe, so Scholz. Pistorius sei der richtige Verteidigungsminister «in dieser Zeit», schob er nach, er sei mit ihm «seit sehr langer Zeit befreundet».
Schliesslich habe er ihn «wegen dieser Freundschaft und seiner Kompetenz» auch gebeten, Minister zu werden, so Scholz. Die Botschaft zwischen den Zeilen: Es ist Scholz, der über diese Männerfreundschaft und damit auch über den Kurs seiner Partei im Bundestagswahlkampf entscheidet.
An der Pressekonferenz nahm der gesamte SPD-Parteivorstand teil, zu dem auch Pistorius gehört. Der Verteidigungsminister klatschte zur Rede des Kanzlers, später liess er sich mit Klingbeil und Scholz ablichten. Von dem früheren Pistorius, der nur das Amt des Papstes für sich ausschloss, ist nichts mehr zu spüren. Nach schweren internen Verwerfungen ist der SPD viel daran gelegen, dass sie möglichst geeint in den vorgezogenen Wahlkampf zieht.
Mehr folgt.