Im Vorfeld kritisierten mehrere Israel-nahe Organisationen den Aufruf zum Protest für ein «freies Palästina».
Ausgerechnet am offiziellen Holocaust-Gedenktag diesen Samstag ist in Zürich eine Palästina-Demo geplant. Das kündigte ein Flyer an, der in den sozialen Netzwerken kursierte. Der Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds, Jonathan Kreutner, stufte diesen in der NZZ als höchst problematisch ein. Denn auf dem Flyer stand auf Arabisch: «From the river to the sea, Palestine will be free.» Eine Parole, die die Auslöschung Israels impliziere. Auch die Israel-nahe Organisation Yellow Umbrella forderte die Absage der Kundgebung.
Eine Bewilligung stand bislang aus. Nun hat das Sicherheitsdepartement der Stadt Zürich entschieden, die Veranstaltung zuzulassen. Allerdings nur als stehende Kundgebung und nicht als Demonstrationszug durch die Stadt, wie dies die Gruppierung Palestine Committee Zurich angekündigt hatte.
Ursprünglich hatte die Stadt Zürich die Demonstration als Umzug bewilligt. Damals sei man sich der Brisanz des Datums nicht bewusst gewesen, sagt Katharina Schorer vom städtischen Sicherheitsdepartement. Um Rücksicht auf den Holocaust-Gedenktag zu nehmen, sei das Gespräch mit der Organisation erneut aufgenommen worden. Diese sei sodann mit einer stehenden Kundgebung einverstanden gewesen.
Auf Anfrage, warum der Anlass nun ausgerechnet am Holocaust-Gedenktag stattfinden darf, sagt Schorer: «Für ein generelles Verbot einer Demo sind die juristischen Hürden hoch. Wenn der Inhalt und der Aufruf zur Demonstration nicht gegen Gesetze verstossen und die öffentliche Sicherheit gewährleistet ist, wird diese grundsätzlich bewilligt.» Bei einer stehenden Kundgebung sei die Sicherheit für die Polizei besser zu gewährleisten, und die Wirkung sei etwas geringer.
Für Zsolt Balkanyi-Guery, Präsident der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA), ist die Zusage unverständlich. Die Stadt Zürich stelle sich auf einen formaljuristischen Standpunkt, um die Meinungsfreiheit zu schützen, sie habe aber auch eine moralische Verantwortung. Auch sie müsse den Holocaust-Gedenktag in ihrer Agenda haben und sich solidarisieren.
Balkanyi-Guery sagt: «Ich kann nicht nachvollziehen, dass an dem Tag, an dem weltweit der horrende Verbrechen an den Jüdinnen und Juden gedacht wird, nämlich des Plans ihrer maschinellen Vernichtung, eine Kundgebung stattfindet, bei der das Existenzrecht Israels radikal infrage gestellt wird.» Ob als Demonstrationszug oder nicht, die Form sei kaum relevant.
Die GRA hatte vergangene Woche eine Strafanzeige gegen das Palestine Committee bei der Staatsanwaltschaft eingereicht wegen Verletzung der Antirassismusstrafnorm. Der Antrag ist hängig. Laut der Stiftung setzt der postulierte Aufruf «From the river to the sea, Palestine will be free» die Vertreibung und Vernichtung aller Juden voraus.
Das Palestine Committee selbst hat die Vorwürfe des Antisemitismus in einer Stellungnahme zurückgewiesen. Mit der Kundgebung am Samstag werde zur «Freiheit der Palästinenser:innen in allen Gebieten des historischen Palästina» und zu einem «Ende der Unterdrückung und der Vertreibung des palästinensischen Volkes» aufgerufen.
Am Samstag werde die Stadtpolizei vor Ort sein und wie bei jeder Kundgebung die Lage laufend beurteilen, sagt die Sprecherin Judith Hödl.