Winterthur ist die Finanzierung zu unsicher. Es verlässt ein Projekt, das nicht vom Fleck kommt.
Von der Expo 02 im Seeland bleiben spektakuläre Bilder im Kopf. Die Wolke, die bei Yverdon über dem Wasser zu schweben scheint und mit 30 000 Düsen Dampf erzeugt.
Die Ausstellung «Oui» mit den bunten Säulen, in der sich Paare für 24 Stunden verheiraten lassen können.
Oder der rostende Monolith auf dem Murtensee, geschaffen vom französischen Architekten Jean Nouvel.
Über zehn Millionen Eintritte sind verzeichnet worden. Der Öffentlichkeit bleibt die Ausstellung als Erfolg in Erinnerung. Fast vergessen hingegen ist: Die Expo wurde viel teurer als angenommen. Ihre Organisation war ein Krampf, geprägt von Verzögerungen. Und auch jetzt zieht sich die Planung einer neuen Landesausstellung in die Länge.
Gleich vier Initiativen bemühen sich darum, den Zuschlag zu bekommen: «Svizra 27» mit Altbundesrätin Doris Leuthard als Co-Präsidentin will die Landesausstellung in die Nordwestschweiz holen und stellt die Arbeit ins Zentrum. Das Projekt «Muntagna» präsentiert sich als Alpen-Expo. «X27» denkt über die Zukunft nach. Und der Verein Nexpo stellt den sozialen Zusammenhalt in den Vordergrund.
Die Nexpo ist am breitesten aufgestellt, getragen von den zehn grössten Städten der Schweiz und weiteren «assoziierten» Gemeinden. Sie sind gleichzeitig die Austragungsorte. Der Verein plant also eine Landesausstellung, die nicht in einer Region, sondern in der ganzen Schweiz verteilt ist.
Vorsteherin des Vereins ist die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch, die Nexpo ist eines ihrer Herzensprojekte. Dieses Herzensprojekt hat nun aber einen Dämpfer erlitten: Die Stadt Winterthur steigt aus und will nur noch Passivmitglied sein. Sie begründet den Schritt mit den eigenen klammen Finanzen und der unsicheren Gesamtfinanzierung. 3 Millionen Franken hätte Winterthur aufwenden müssen, 257 000 Franken hat die Stadt bisher geleistet.
Tatsächlich ist die Unterstützung des Bundes entscheidend für die nächste Landesausstellung. Doch der Bundesrat will sich erst Ende 2026 dazu äussern, ob er eine neue Expo überhaupt mitzufinanzieren gedenkt.
Nachdem die Kosten der letzten Ausstellung überbordet sind, ist man vorsichtig geworden. 1,6 Milliarden Franken hatte die Expo 02 gekostet. Eine Milliarde zahlte der Bund, fast zehnmal so viel wie vorgesehen.
Die Nexpo soll mit «nur» 600 Millionen Franken deutlich weniger kosten als ihre Vorgängerin, weil sie auf grosse neue Bauten verzichten und stattdessen bestehende Infrastrukturen nutzen will. Zwei Drittel der Kosten sollen Bund und Kantone übernehmen.
Der Verein ist zwar nicht auf die Unterstützung eines einzelnen Mitglieds angewiesen. Doch es stellt sich die Frage, wie viel Engagement eine Stadt aufwenden soll für ein Projekt, das seit Jahren nicht vom Fleck kommt. Bund und Kantone hätten eine gemeinsame Initiative bevorzugt, diese kam jedoch nicht zustande.
Für die Stadt Zürich ist trotz der unsicheren Finanzierungslage klar, dass sie das Projekt weiter vorantreiben will. Seit 2017 hat Zürich als Gründungsmitglied der Nexpo Ausgaben von 2,4 Millionen Franken gesprochen. Winterthurs Austritt kommentiert man gelassen. Dass ein Mitglied den Verein verlasse, gehöre dazu, sagt der Sprecher des Präsidialdepartements Lukas Wigger gegenüber der NZZ.
Die Landesausstellung sieht man in der Stadt als Chance. Mit der Nexpo bekräftige Zürich «seine Position als gesellschaftliche Impulsgeberin und als Innovationszentrum», sagt Wigger. Als Wirtschaftsmotor habe die Stadt eine besondere Bedeutung für die ganze Schweiz und könne im Rahmen der Nexpo ihre Beziehungen ausbauen.
Im Konzept heisst es dazu etwas verkopft: «Die neue Landesausstellung ist partizipativ, dezentral und prozesshaft – in der Überzeugung, dass sie nur so nachhaltig wirkt.»
Durchführung frühestens im Jahr 2034
Auf die Frage, ob sich die Stadt die finanzielle Beteiligung an einer Landesausstellung leisten könne, sagt Wigger: «Die Nexpo ist eine Investition.» Sie generiere neben einem kulturellen auch einen wirtschaftlichen Mehrwert, «vor allem für die Hotellerie, die Gastronomie, das Gewerbe, den Einzelhandel und die Kulturbranche».
Wigger verweist auf eine Studie der Universität Neuenburg, wonach die Expo 02 einen wirtschaftlichen Mehrwert von 2,5 Milliarden Franken und rund 460 Millionen zusätzliche Steuereinnahmen generiert habe. Und: «Sie hinterlässt viele positive Erinnerungen im kollektiven Gedächtnis.»
Christina Hanke, die Geschäftsführerin der Nexpo, ist ebenfalls guter Dinge. Die Chancen stünden «ausgezeichnet», mit dem vorliegenden Konzept die Selektion des Bundes zu gewinnen. Demnächst wird der Verein ein Kuratorium präsentieren, welches das Konzept zu einer Bewerbung weiterentwickeln soll.
Klar ist: Bis eine nächste Landesausstellung stattfinden kann, wird es noch viele Jahre dauern. Der Bund hält eine Durchführung «ungefähr» im Jahr 2034 realistisch – vorausgesetzt, er spricht sich für eine Mitfinanzierung aus.