Im Zentrum stehen die konkreten Finanzziele, die Integration der Credit Suisse und wie genau der Stellenabbau aussehen soll. Auf was es ankommt, wenn am 6. Februar die UBS ihr Ergebnis für das Geschäftsjahr 2023 präsentiert.
Am Dienstag wird Sergio Ermotti erstmals den Jahresbericht für die neue UBS vorstellen. Die Erwartung: Er wird erklären, wohin die Reise der Megabank in den kommenden drei Jahren gehen wird. Zudem wird der Bankchef darlegen, welche Fortschritte bei der Einverleibung der Credit Suisse erzielt wurden, was die Meilensteine der weiteren Integration sind und welche Ziele die Bank bis 2026 erreichen will.
Grobe Vorgaben hat die UBS nach dem Zusammenschluss im letzten Frühjahr gemacht: Zunächst sollten bis 2026 rund 8 Milliarden Franken im Jahr eingespart werden, dieses Ziel hat Ermotti im Herbst auf 10 Milliarden angehoben. Zudem will die UBS auf eine Kapitalrendite von 15 Prozent kommen. Dieses Ziel gilt angesichts des Synergiepotenzials der vereinten Bank als eher konservativ. Der UBS-Präsident Colm Kelleher hat am WEF im Januar angedeutet, dass es bei der Profitabilität Raum nach oben gebe – ein neues Renditeziel würde dennoch überraschen.
Die Erwartungen an den strategischen Plan für die kommenden drei Jahre sind hoch. Das kommt auch im Kursverlauf der UBS-Aktien zum Ausdruck. Seit Ankündigung der CS-Übernahme im vergangenen März haben die Titel mehr als 45 Prozent gewonnen. Das ist vor allem als Reaktion auf den als «Schnäppchen» wahrgenommenen Kaufpreis von 3 Milliarden Franken zu sehen, den die UBS für die CS bei der Notrettung gezahlt hat.
Harte Integrationsarbeit
Doch nun befindet sich die Bank in der Zeit der «harten Integrationsarbeit». Dabei muss Ermotti nicht nur die beiden Organisationen, sondern auch das Personal, die Infrastruktur und die Kultur der beiden Banken zusammenführen. Erst dann können die Synergien realisiert werden, damit die künftige UBS erfolgreich ist und die hohen Erwartungen des Marktes auch in der Realität erfüllen kann.
Auch wenn der Untergang der CS bald ein Jahr zurückliegt, steht die UBS erst am Anfang dieses Prozesses. Die juristische Zusammenführung etwa ist noch nicht vollzogen. Ermotti sollte deshalb einen Fahrplan präsentieren und aufzeigen, wann die rechtlichen Fusionen in den wichtigen Märkten Schweiz, Vereinigte Staaten und Grossbritannien erfolgen. Es dürfte entschieden sein, welche der vielen CS-Einheiten es noch braucht und welche nicht.
Auf Basis der neuen Struktur wird die Organisation neu aufgestellt, und die CS-Kunden werden, wo nötig, auf eine UBS-Plattform übergeführt. Erst danach können die erhofften Sparpotenziale vollständig realisiert werden. Allein die bevorstehende IT-Integration ist ein riesiges Projekt, das viel Zeit und Ressourcen beanspruchen wird und mit etlichen Risiken verbunden ist. Bis dahin muss die Bank viele Prozesse weiter doppelt führen.
Beim Personal setzt die UBS das Sparpotenzial bereits um. Denn Mitarbeitende sind der grösste Kostenblock einer Bank. Ermotti schreitet zügig voran. So hat die UBS bis Ende September bereits rund 3 Milliarden Dollar eingespart. Die 3000 Kündigungen, die in der Schweiz erwartet werden, sind aber nur ein kleiner Teil des gesamten Stellenabbaus.
Insbesondere bei der ehemaligen CS und in der Investmentbank gingen bereits Tausende Stellen verloren. Es sind Aussagen von Ermotti zu erwarten, wo und wann weitere Entlassungen geplant sind. Einen Hinweis auf das Tempo des Abbaus wird der Personalbestand liefern. Ende September betrug er rund 116 000 Personen. Ende Jahr dürften es nochmals weniger sein.
Wichtig sind auch die Fortschritte bei der Veränderung des Risikoprofils der Bank und dem Abbau risiskoreicher Aktiva der CS. Diese nicht mehr erwünschten Geschäftsfelder und Produkte werden in einem eigens dafür geschaffenen Bereich – Non-Core and Legacy – verkauft oder abgewickelt. Die Bank hat bereits solche Aktiva im Gegenwert von vielen Milliarden abgebaut. Ein weiterhin hohes Tempo beim Abbau wäre willkommen.
Integration belastet Gewinn
Stellenabbau, Integration und Abwicklung nicht mehr gebrauchter Geschäftsbereiche verursachen hohe Kosten. Aufgrund dieser Sonderausgaben – im dritten Quartal waren es mehr als 2 Milliarden Dollar – schrieb die UBS damals noch Verlust. Auch im Schlussquartal erwarten Analytiker Zusatzkosten von bis zu einer Milliarde, was den Gewinn belastet. Deshalb ist unsicher, ob die Bank in der Schlussperiode wieder schwarze Zahlen geschrieben hat, zumal es schwierig ist, solche Sonderkosten vorauszusagen.
Momentan ist aber weniger der Gewinn als die Entwicklung der Kundengelder aussagekräftig für die Verfassung des Geschäfts. Die Abflüsse von Kundengeldern bei der CS sind versiegt, und ab dem dritten Quartal kam es wieder zu Zuflüssen. Die neue UBS kann also Neugelder anziehen, und auch die Einlagen legten deutlich zu. Wichtig ist, ob sich dieser positive Trend fortsetzt und Ermotti damit dem Ziel näherkommt, einen Grossteil der während der CS-Krise verlorengegangenen Vermögen zurückzugewinnen.
Aufschlussreich dürften auch Aussagen über die Rekrutierung von Kundenberatern für die Vermögensverwaltung sein. Als Folge des Zusammenschlusses hat die CS viele davon an die Konkurrenz verloren. Will die UBS ihrem Anspruch, ein «Wealth Management Powerhouse» zu sein, gerecht werden, muss sie auch für die «Relationship Manager» der reichen Kunden die erste Adresse sein.
Versteckte Baustellen
Ermotti wird sich auch Fragen zum US-Geschäft stellen müssen. Die Vermögensverwaltung gilt dort als zu wenig profitabel und ungenügend in den Konzern integriert. Besonders der Ausbau von Dienstleistungen im Kreditbereich soll vorangetrieben werden und steht weit oben auf der Prioritätenliste der Americas-Chefin Naureen Hassan und des Vermögensverwaltungs-Chefs Iqbal Kahn. Die Vorstellung konkreter Massnahmen würde UBS helfen, die USA als Wachstumsmarkt und nicht als mögliches Problemfeld zu präsentieren.
Ebenfalls hilfreich wäre eine Bestandesaufnahme des Bereichs Asset Management. Ende Januar kam es dort überraschend zu einem Führungswechsel mit dem Ausscheiden von Suni Harford und der Beförderung von Aleksandar Ivanovic. Der Bereich vermag seit längerem nicht zu überzeugen, schreibt nur wenig Gewinn und verzeichnete zuletzt Geldabflüsse. Ermotti müsste mehr Hintergrund zum Wechsel liefern. So könnte man klären, ob das Asset Management ein Problem hat oder ob Ivanovic für höhere Weihen in Stellung gebracht wird.