Über einen Fonds für «studentische Zwecke» unterstützt die grösste Universität der Schweiz diverse Gruppierungen. Auch fragwürdige.
«Intifada bis zum Sieg!» – Plakate mit diesem kriegerischen Slogan, dazu schemenhafte Figuren mit Kalaschnikows und gereckten Fäusten, hingen vergangenen Oktober an der Universität Zürich. Sie warben für eine anti-israelische Veranstaltung, nur wenige Tage nach dem barbarischen Terrorangriff der Hamas. Nach einem öffentlichen Aufschrei und Kritik seitens jüdischer Organisationen untersagte die Universität den Anlass; er hätte in ihren Räumen stattfinden sollen.
Vermittelt hatte den Raum eine obskure studentische Gruppe, die «Marxistischen Studierenden Zürich». Der Name ist Programm. Der Verein will an der Uni «den Marxismus verteidigen»; so steht es in seinen Statuten. Früher organisierte er Anlässe, an denen drängende Fragen geklärt wurden wie «War die Sowjetunion sozialistisch?» oder «Klima und Corona: Warum braucht es Planwirtschaft?».
Die Marxisten sind nur eine von über 150 studentischen Organisationen, die an der grössten Universität der Schweiz offiziell akkreditiert sind. Dazu kommen knapp 30 Fachvereine und 24 Studentenverbindungen. Die Breite ist eindrücklich. Sie reicht vom «Feministischen Philosophie-Kollektiv» über den «Klimastreik Zürich» bis zu den «Studierenden für die Freiheit». Auch studentische Sportvereine von Fechten bis Street Dance sowie traditionsreiche Verbindungen wie Zofingia gehören dazu.
Für eine Akkreditierung gibt es Bedingungen. Die Vereine müssen zuverlässig einen Jahresbericht einreichen. Zudem müssen sie zeigen, dass sie etwas «zur Bereicherung des universitären Lebens in den Bereichen Studium, Lehre, Forschung und Kultur» beitragen. Für die Universität trifft das offensichtlich auch auf marxistische Splittergruppen zu.
FDP-Politikerin: «Wir fordern Transparenz»
Nach erfolgreicher Prüfung dürfen die Organisationen Räume der Universität für Veranstaltungen beantragen und Massenmails an die Studentenschaft verschicken. Ebenso dürfen sie sich um finanzielle Unterstützung bewerben. Das Geld dafür stammt aus einem Fonds für «studentische Zwecke», der mit obligatorischen Semesterbeiträgen der Studenten à 2 Franken 50 pro Semester geäufnet wird. Ob Beiträge gesprochen werden, entscheidet der Rektoratsdienst, bei Beträgen über 10 000 Franken der Rektor persönlich. Längst nicht alle Organisationen nehmen diese Möglichkeit in Anspruch.
Die marxistischen Studenten jedoch schon. Sie hatten sich in den Jahren 2018 und 2019 um Unterstützungsgelder beworben und diese auch erhalten, insgesamt waren es 620 Franken. Also keine Unsummen. Bei anderen Gruppierungen wurden teilweise höhere Beträge gesprochen. Das geht aus einer Antwort des Zürcher Regierungsrats hervor. Nach dem «Intifada»-Vorfall hatten Sonja Rueff-Frenkel und zwei weitere FDP-Kantonsräte dem Regierungsrat mehrere kritische Fragen gestellt. Ausgewertet wurden die Jahre 2017 bis 2023.
«Wir fordern Transparenz», begründet Rueff-Frenkel. An ausländischen Universitäten, etwa in Deutschland oder den USA, übten studentische Organisationen viel Einfluss aus. Auch in der Schweiz müsse man wissen, welche Vereine wie stark unterstützt würden.
Aus der Antwort geht hervor, dass an der Uni Zürich etwa die «Muslim Students Association Zürich» zu zwei Zeitpunkten insgesamt 1800 Franken erhalten hat. Der Verein will muslimische Studenten vernetzen und geriet kürzlich in die Kritik. Zusammen mit einer anderen Organisation lud er den amerikanischen Imam und Influencer Suleiman Hani nach Zürich ein. Der Prediger fiel zuvor mit fragwürdigen Äusserungen zu Israel und Homosexualität auf. Nach einer Anfrage der NZZ sagten die Veranstalter den Anlass ab.
Auch die «kriPo», laut eigener Beschreibung ein «Sammelbecken für unterschiedliche linke Bewegungen», bezog Gelder aus dem Studenten-Fonds: 3500 Franken. Die Gruppe hat grosse Ziele. Sie setzt sich für eine «emanzipatorische Bildung» ein und will «den Kapitalismus hinter sich lassen». Letztes Jahr unterstützte sie eine «feministische Uni-Besetzung» und einen «safer space für FLINTA-Personen».
4000 Franken gab es für «Velove», einen Verein für Velofans, 3800 Franken für das Studentenradio Sirup, 17 500 Franken für den akademischen Sportverband. Ein paar hundert Franken erhielt das «Strebergärtli», ein Zusammenschluss von Studenten mit grünem Daumen, die auf dem Campus Irchel einen Gemeinschaftsgarten unterhalten.
Aufruf zu Hass werde nicht toleriert
Die Universität betont, dass sich alle akkreditierten Vereine an einen gemeinsamen «Wertekompass» halten müssen. Aufrufe zu Hass und Gewalt würden beispielsweise «in keiner Art und Weise» toleriert. Verstösse würden mit den Instrumenten des Strafrechts geahndet. Zudem ist der Entzug der Akkreditierung möglich.
Im Falle der marxistischen Studenten und der gestrichenen «Intifada»-Propagandaveranstaltung ging die Uni nicht so weit. Zwar habe die Organisation ein Plakat veröffentlicht, mit dem zu Hass aufgerufen worden sei. Das Rektorat beliess es dann aber bei einer Verwarnung.